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Depression – eine fatale Zeitbombe?


03. August 2011, 16:03
PRESSEMITTEILUNG/PRESS RELEASE

Ist Depression eine medizinische Zeitbombe?

Je nach Definition erfüllen jedes Jahr vier bis acht Millionen Deutsche die Kriterien einer behandlungswürdigen Depression; europaweit sind es 33,4 Millionen. Jeden zehnten Deutschen - manche Studien sprechen sogar von fast jedem Fünften - wird die Schwermut mindestens einmal in seinem Leben überwältigen.

Jeder Sechste von ihnen wird daran sterben.
Erschreckende Zahlen. Und sie steigen, nicht nur in Deutschland. Anfang des 21. Jahrhunderts ließen sich etwa in den USA 37 Prozent mehr Menschen wegen Depressionen behandeln als noch 1980. An US-Hochschulen gilt bereits jede sechste Studentin als krankhaft depressiv. Niemand scheint vor dem neuen Volksleiden sicher, nicht einmal ein 24-jähriger Fußballmillionär auf der Höhe seiner Karriere, wie der Fall des Sebastian Deisler bewies. Und auch der Freitod des deutschen Nationaltorwart Robert Enke ist ein trauriger Beleg. Schon warnt die Weltgesundheitsorganisation (WHO 12/2009), dass in den entwickelten Ländern keine andere Erkrankung - mit Ausnahme der Herz-Kreislauf-Leiden - heute mehr gesunde Lebensjahre koste. Schwermut schädigt nicht nur die Seele, sondern auch den Körper. Depressive sterben Studien zufolge drei- bis viermal häufiger an einem Schlaganfall oder nach einem Herzinfarkt als mental Gesunde, sie erkranken leichter an Osteoporose und können sich schlechter gegen Krebstumore wehren. Depressiv zu sein, schreibt die WHO in ihrem Jahresbericht 2009, beeinträchtige das Leben so sehr wie Blindheit oder Querschnittslähmung.

Anlässlich eines Satellitensymposiums im Rahmen des deutschen Psychiatrie-Jahreskongresses (DGPPN 2004) in Berlin wies Prof. Dr. Hans-Jürgen Möller, München, darauf hin, dass im Bereich depressiver Erkrankungen nach wie vor ein deutliches diagnostische und therapeutisches Defizit festzustellen ist: Von etwa 4 Millionen behandlungsbedürftigen Depressionen/ Jahr werden 60-70% hausärztlich behandelt, aber nur 30 bis 35% sind als Depression diagnostiziert, und nur 6 bis 9% sind ausreichend antidepressiv therapiert, mit einer 3-Monate-Compliance-Quote von maximal 4% (Studiendaten von 1994–1997, Hegerl 2004).

Entsprechend hoch ist der volkswirtschaftliche Schaden. In Deutschland verschlingen depressive Erkrankungen Schätzungen zufolge jedes Jahr 17 Milliarden Euro, in den USA sind es, je nach Studie, 44 bis 70 Milliarden Dollar, davon elf Milliarden allein durch verlorene Produktivität, weil depressive Beschäftigte oft nur kraftlos am Arbeitsplatz herumhängen. Woher kommt diese Epidemie der Depression? Mutet uns die Welt mit ihren Ansprüchen an Mobilität, Flexibilität, Individualismus und Eigenverantwortung zu viel zu? Als die Sowjetunion zusammenbrach und mit ihr die Lebens- und Zukunftspläne ganzer Völker, fiel Wolfgang Rutz, dem Regionalbeauftragten der WHO für Europa, auf, dass in vielen osteuropäischen Staaten ein ganzes „Cluster“ an Krankheiten und Verhaltensweisen schlagartig zunahm. „Dazu gehörten Depressionen, aber auch Alkoholmissbrauch, Selbstmorde, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Risikoverhalten und Gewaltbereitschaft“, zählt Rutz auf. „Es war wie ein Seismograf für den Stress in der Gesellschaft.“ Viele dieser Dinge sind auch im Rest Europas auf dem Vormarsch. Und Studien zeigen, dass Depressionen ganz besonders in den hoch industrialisierten Ländern zunehmen.
Zweifelsohne sind leichte depressive Verstimmungen, die jeden einmal befallen können, nicht mit einer echten, tiefen Depression zu vergleichen. Doch die Unterscheidung fällt oft schwer. Mediziner warnen, dass etwa in Deutschland zwei Drittel aller Depressionen nicht richtig erkannt und behandelt werden - mit teils tödlichen Folgen. Experten gehen davon aus, dass etwa 90 Prozent der Selbstmorde (in Deutschland 11000 pro Jahr) und der Selbstmordversuche (deren Zahl auf das Zehnfache geschätzt wird) im Rahmen einer Depression verübt werden.

Mächtige Allianz: Depression und Diabetes

Depressionen und Diabetes gehen außergewöhnlich häufig miteinander her. So ermittelten F. Cassidy und Kollegen in einer Studie, dass fast 10 Prozent von 345 stationär aufgenommenen manischdepressiven Patienten zusätzlich an einem Diabetes mellitus litten. Dieser Anteil war fast dreimal höher als in der Allgemeinbevölkerung. Wie es zu dieser seltsamen Allianz kommt, weiß man bislang nicht. Genetische Ursachen sind genau so möglich wie hormonelle (Hyperkortisonismus), diabetisch bedingte Gefäßveränderungen, überlappende zerebrale Funktionsstörungen oder Nebenwirkungen psychotroper Medikamente.
Die Ergebnisse einer japanischen Untersuchung sprechen dafür, dass depressive Symptome unspezifische Vorläufer einer späteren Manifestation eines Typ-2-Diabetes sein können. In die von N. Kawakami und Mitarbeitern durchgeführte Studie flossen Angaben von 2.764 männlichen Angestellten eines Industrieunternehmens ein. Alle waren schriftlich zu depressiven Symptomen befragt worden. 2.380 Personen (= 86 Prozent) beteiligten sich acht Jahre später erneut an einer Befragung. Dabei stellte sich heraus, dass ein mittleres bis schweres Niveau depressiver Symptome mit einer um den Faktor 2,3 erhöhten Wahrscheinlichkeit verbunden war, innerhalb der nächsten acht Jahre an einem Typ-2-Diabetes zu erkranken. Sollte sich ein kausaler Zusammenhang zwischen beiden Phänomenen herausstellen, würde sich damit eine neue Möglichkeit zur Prävention des Diabetes mellitus eröffnen.

Wie therapeutische Studien andeuten, erscheint diese Perspektive durchaus realistisch. So beschreiben F. Okamura und Kollegen drei depressive Patienten, bei denen sich eine Insulinresistenz allein dadurch besserte, dass sich die Kranken unter medikamentöser Behandlung von ihrer Depression erholten.
In eine ähnliche Richtung weist auch eine Untersuchung von P. J. Lustmann und Mitarbeitern, in der Typ-2-Diabetiker psychotherapeutisch behandelt wurden. An der randomisierten Studie beteiligten sich 51 Patienten, die außer an ihrer Stoffwechselerkrankung auch unter einer Major Depression litten. Bei den mit kognitiver Therapie behandelten Diabetikern besserte sich nicht nur die Depression weitaus häufiger (85 Prozent) als in der Kontrollgruppe (27,3 Prozent). Auch die Stoffwechsellage (beurteilt anhand des glykierten Hämoglobins) fiel bei einer Nachuntersuchung signifikant günstiger aus. F. Cassidy u.a.: Elevated frequency of diabetes mellitus in hospitalized manic-depressive patients. Am. J. Psychiatry 1999 (156) 1417-1420; N. Kawakami u.a.: Depressive symptoms and occurrence of type 2 diabetes among Japanese men. Diabetes Care 1999 (22) 1071-1076; F. Okamura u.a.: Insulin resistance in patients with depression and its changes in the clinical course of depression: a report on three cases using the minimal model analysis. Internal Medicine 1999 (38) 257-260; P. J. Lustman u.a.: Cognitive behavior therapy for depression in type 2 diabetes mellitus. A randomized controlled trial. Ann. Intern. Med. 1998 (129) 613-621

Postprandialer Blutdruckabfall als Depressionshinweis

Wenn der Blutdruck älterer Menschen nach dem Essen deutlich sinkt, sind die Betroffenen möglicherweise depressionsanfällig. Wie eine Studie von S. Schwartz und Kollegen zeigt, finden sich bei diesen Personen vermehrt somatische Symptome einer Depression. Offenbar bestehen zwischen dieser Form des Blutdruckabfalls und depressiven Symptomen andere Beziehungen als zwischen einer orthostatischen Hypotonie und Depressionen. Im letztgenannten Fall sind vor allem affektive Symptome stärker ausgeprägt, was man auf eine Minderdurchblutung des Gehirns zurückführt. Schwartz und Kollegen hatten 17 Personen mit einem Mindestalter von 50 Jahren eine standardisierte Flüssigmahlzeit verabreicht und anschließend den Blutdruck gemessen. Am Folgetag wurden depressive Symptome mit Hilfe der Zung-Skala erfasst. S. Schwartz u.a.: Postprandial systolic blood pressure and subsyndromal depression. Experimental Aging Research 2001 (27) 309-318

Depressiv durch Betablocker: Ein Mythos wankt

Listen über depressionsfördernde Arzneimittel erwähnen regelmäßig auch die Gruppe der Betablocker. Nach Ansicht von R. Kohn bedarf diese Praxis dringend einer Revision. Denn viele Studien konnten keinen entsprechenden Zusammenhang erkennen. Soweit Fallberichte einen solchen nahe legen, müssen sie sich der Frage stellen, ob nicht die zum Einsatz des Betablockers führende Grunderkrankung viel eher depressionsauslösend wirkt. Insbesondere bleibt in diesen Berichten fast durchweg offen, ob nicht schon vor der Anwendung des Betablockers depressive Symptome bestanden hatten. Kohn kritisiert auch die Praxis, dass in Studien und Fallberichten meist Nicht-Psychiater die Diagnose Depression im Zusammenhang mit der Betablocker-Einnahme gestellt hatten. Möglicherweise war dieser Personenkreis voreingenommen, da der Zusammenhang „Betablocker und Depression“ zum „medizinischen Standardwissen“ gehört. Kohn weist darauf hin, dass in den meisten einschlägigen Übersichtsarbeiten jedoch kein klarer Zusammenhang erkennbar war. In das Gesamtbild passt auch nicht die gängige Praxis, Betablocker (insbesondere Pindolol) zur Augmentation in der antidepressiven Therapie anzuwenden. Von daher, meint Kohn, sollte der Mythos von den „depressionsauslösenden Betablockern“ beerdigt werden. R. Kohn: Beta-Blockers an important cause of depression: a medical myth without evidence. Medicine and Health/Rhode Island 2001 (84) 92-95

Erhöht Depression den Blutdruck?

Hinweise für diese These liefert eine prospektive Studie von K. Davidson und Kollegen an 3.343 jungen Erwachsenen, die zu Beginn der Untersuchung zwischen 18 und 30 Jahre alt waren. Bei diesen wurde nach 5 Jahren mit Hilfe der „Center for Epidemiological Studies Depression Scale (CES-D)“ die Häufigkeit depressiver Symptome erfasst. Es zeigte sich, dass Personen mit einem erhöhten Score (16 und höher) im Verlauf der nächsten fünf Jahr signifikant häufiger einen erhöhten Blutdruck (= höher als 160/95 mm Hg) entwickelten als Personen mit einem sehr niedrigen Score (≤ 7). Unterschied man schwarze und weiße Studienteilnehmer, so war der Effekt allerdings nur für schwarze signifikant (bei denen sich dreimal so viele Hypertonien entwickelten). Selbst für mittlere Depressionsscores (8-15) war der Zusammenhang bei schwarzen Studienteilnehmern signifikant. K. Davidson u.a.: Do depression symptoms predict early hypertension incidence in young adults in the CARDIA Study? Arch. Intern. Med. 2000 (160) 1495-1500

Depressionssymptome als Schlaganfallsvorboten

Depressive Symptome verdoppeln das Risiko, in der Zukunft einen Schlaganfall zu erleiden. Auf diese Gefahr weist eine prospektive Studie von T. Ohira und Kollegen hin, in der 879 Frauen und Männer im Alter zwischen 40 und 78 Jahren 10,3 Jahre lang beobachtet worden waren. In diesem Zeitraum ereigneten sich 69 Schlaganfälle. Der Anteil derjenigen, die zu Beginn der Untersuchung depressive Symptome angegeben hatten, war bei Schlaganfallsbetroffenen im Vergleich zu Nichtbetroffenen doppelt so hoch. Auch unter Berücksichtigung zahlreicher Variablen blieb dieser Zusammenhang für ischämische Schlaganfälle bestehen. Das relative Risiko stieg mit der Höhe des Depressionsscores auf der Zung-Depressions-Skala: 40 und mehr Punkte gingen mit einem 6,4-fachen relativen Risiko einher. Die Autoren erwähnen, dass bereits eine australische Untersuchung (1998) ähnliche Zusammenhänge beobachtet hatte. Sie weisen darauf hin, dass Depressionen offenbar in Form einer Stressreaktion Blutplättchen vermehrt aktivieren. Damit würde sich erklären, warum depressive Symptome mit einem erhöhten Schlaganfallsrisiko verbunden sind. Zugleich eröffnen sich interessante Möglichkeiten der Schlaganfallsprävention durch Depressionsscreening und -behandlung. T. Ohira u.a.: Prospective study of depressive symptoms and risk of stroke among Japanese. Stroke 2001 (32) 903-908

Kann es Wege aus dieser Zeitbombe "Depression" geben?

In der Ethnomedizin, wie beispielsweise TCM und Ayurveda ist Depression aus Urzeiten bekannt. Pflanzenextrakte, die auch bereits in der westlichen Schulmedizin hohe Anerkennung - aufgrund belegbarer Forschungsergebnisse – erhalten, können bei leichter bis mittelschwerer Depression behandelnd eingesetzt werden und zeigen gleiche, wenn nicht bessere Therapieergebnisse als manche chemischen Antidepressiva.

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