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Bundeswehr

Institution

Bundesverteidigungsministerium weist Kritik an Hubschrauberprojekt zurück


30. August 2013, 12:11
PRESSEMITTEILUNG/PRESS RELEASE

Das Bundesministerium der Verteidigung weist die im Artikel der FAZ „Kritik an Hubschrauberprojekt der Bundeswehr“ aufgestellten Behauptungen und Vorwürfe zurück. Es werden Sachverhalte nicht richtig dargestellt bzw. in einen falschen Zusammenhang gesetzt.

Es wird versucht, den Eindruck zu erzeugen, dass von Seiten der Bundeswehr und Marine selbst größte Zweifel an der Eignung des Hubschraubers SEA LION für den Einsatz auf Schiffen bestünden. Dies ist nicht richtig.

Die im Artikel in Bezug genommenen Dokumente beziehen sich auf Untersuchungen der Deutschen Marine, die zum Teil bis zu drei Jahre alt sind. Angesichts der zwischenzeitlichen technischen Weiterentwicklungen und Verbesserungen der Produktfamilie NH90 können die dort dargelegten Sachverhalte, die sich im Übrigen auf die Version Taktischer Transporthubschrauber NH90 TTH und nicht auf den nun für die Beschaffung vorgesehenen NATO-Fregattenhubschrauber NFH „SEA LION“ beziehen, als überholt und veraltet angesehen werden.

Beschaffung eines Marinehubschraubers seit 2010

Für die Neubeschaffung eines Mehrrollen-Marinehubschraubers standen im Rahmen einer im Jahr 2010 erfolgten Ausschreibung die beiden Lösungsmöglichkeiten MH90 des Firmenkonsortiums NATO-Helicopter-Industries“ (NHI) sowie MH-92 der Firma Sikorsky im Wettbewerb. Durch eine Bewertungskommission, die sich aus Vertretern des seinerzeitigen Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung, des Waffensystemkommandos der Luftwaffe sowie des Marineamtes zusammensetzte, wurde ein Abschlussbericht zu den damals eingegangenen Angeboten erstellt. Aufgrund der finanziell nicht gesicherten Vergabe wurde seinerzeit keine Auswahlentscheidung herbeigeführt und deshalb das Vergabeverfahren am 28. Oktober 2011 aufgehoben.

Ersatz des SEA KING durch den NFH „SEA LION“ im Jahr 2013

Erst im März 2013 ergab sich durch die Unterzeichnung einer Vereinbarung zur Reduzierung der Stückzahlen NH90 und UH TIGER zwischen dem BMVg und der EUROCOPTER S.A.S. die Möglichkeit, den vordringlichen Ersatz des absehbar kaum mehr mit Ersatzteilen versorgbaren Marinehubschrauber MK41 SEA KING trotz restriktiver Finanzmittel einzuleiten. Für dieses neue Beschaffungsprogramm gelten die aktuellen Aufgaben des MK41 SEA KING als Maßstab (Transport, Boarding und Seeraumüberwachung als Bordhubschrauber des Einsatzgruppenversorgers, Search and Rescue). Weiterführende Fähigkeitsforderungen (Überwasser-/ Unterwasserseekriegführung), insbesondere verbunden mit dem Marinehubschrauber des Typs SEA LYNX MK 88A werden zurückgestellt und in einem zweiten Schritt zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgegriffen. Hierbei bleibt derzeit völlig offen, ob es dafür zu einer Nachrüstung des SEA LION oder einer Beschaffung eines Zweitmusters kommen wird.

Die Zukunftsfähigkeit der Marineflieger

Der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Axel Schimpf, erklärte am 20. August 2013 in einem Interview anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Marineflieger: „Alle Vorhaben der Marinefliegerei sind im Gesamtplan der Rüstungsprojekte hoch priorisiert, was mich zuversichtlich stimmt, dass die Marineflieger auch in Zukunft richtig aufgestellt sein werden. Das gilt auch für die Entscheidung in der Jahresmitte, den längst überfälligen Ersatz der 40 Jahre alten „Sea King“ Hubschrauber durch 18 Nachfolger des Typs „Sea Lion“ einzuleiten. Ich weiß aus Gesprächen in der Truppe, dass es teilweise Unzufriedenheit und auch Unverständnis angesichts dieser Entscheidung gibt. Einige Experten glauben, es habe bessere Optionen gegeben. Die Ausschreibung über die Beschaffung von 30 Marinehubschraubern im Jahr 2011 konnte im Haushalt nicht berücksichtigt werden. Und deswegen war die Entscheidung für den „Sea Lion“ auch eine Frage des „Alles oder Nichts“. Durch für die Marine günstige Umstände hat die Bundeswehr mit der Anpassung der Verträge mit „Eurocopter“ sicherstellen können, dass wir ab Ende 2017 mit der Einführung des neuen Marinehubschraubers rechnen können. Und es ist auch ein qualitativ neuer Ansatz, den wir hier gewählt haben: das Fähigkeitsportfolio des Marinehubschraubers wird nicht mehr mit einem einzigen „Alleskönnermodell“ angestrebt, sondern wir werden in zwei Schritten Richtung Ziel gehen. Vorrang hat dabei der Ersatz des „Sea King“. Ich kann aus Überzeugung feststellen, dass wir mit diesem Ansatz und dem „Sea Lion“ als Deutsche Marine sehr gut aufgestellt sein werden.“

Mit dem Hubschrauber des Typs NFH „SEA LION“ wird der Deutschen Marine in einem ersten Schritt ab 2017 ein multifunktionaler und zukunftsfähiger Hubschrauber zur Verfügung gestellt, der die Aufgaben und das Fähigkeitsprofil des MK41 „SEA KING“ übernimmt. Die für die Deutsche Marine vorgesehenen Hubschrauber werden nicht in eine für Marinebelange geeignete Version umgerüstet, sondern im Programm NH90 gleich in einer Marineversion hergestellt. Mit Frankreich, Italien, Norwegen, den Niederlanden und Belgien verfügen derzeit bereits fünf Partnernationen über Marineversionen des NH90 und setzen den Hubschrauber erfolgreich für Such- und Rettungs-, Transport- und Überwachungsmissionen auch unter schwierigen Einsatzbedingungen ein.

Haushaltsmittel

Die FAZ erweckt in dem Artikel den Eindruck, es würden 915 Mio EUR zusätzlicher Haushaltsmittel in die Beschaffung des Marinehubschraubers SEAL LION fließen. Dem ist nicht so. Die Möglichkeit der Beschaffung und die Finanzierung des neuen Hubschraubers ergeben sich alleine aus der Vereinbarung zur Reduzierung der Stückzahlen NH90 und UH TIGER zwischen dem BMVg und der EUROCOPTER S.A.S vom 15. März 2013. Es entstehen hier also keine neuen, zusätzlichen Kosten, sondern bereits gebundene Gelder werden umgewidmet.

Mögliche Beschwerde bei der Europäischen Kommission

Bezüglich einer möglichen Beschwerde bei der Europäischen Kommission sieht das BMVg aufgrund der internationalen NH90 Vereinbarungen und der darin festgelegten Vergabe- und Beschaffungsverfahren kein Risiko. Das Vorgehen ist vergaberechtlich intensiv geprüft worden und zulässig. Gemäß Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen § 100 c Abs. 2 Nr. 3 (Besondere Ausnahmen in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit) findet die grundsätzliche Ausschreibungsverpflichtung keine Anwendung, wenn Aufträge im Rahmen eines internationalem Kooperationsprogramms vergeben werden, das auf Forschung und Technologie beruht und von mindestens zwei Mitgliedstaaten für die Entwicklung und gegebenenfalls die späteren Phasen bzw. eines Teils des Lebenszyklus eines neuen Produktes durchgeführt wird. Diese Voraussetzungen liegen für das NH90 Programm, aus dem der Marinehubschrauber bestellt wird, vor.

Vorwurf mangelnder Beteiligung des Parlamentes ist nicht begründet

Der Vorwurf, den Beschaffungsprozess am Parlament vorbei initiiert zu haben, ist falsch: Der Haushaltsausschuss hat am 26. Juni 2013 die Vorlage in Sachen Stückzahlreduzierung bzw. Vertragsanpassung TIGER und NH 90 gemäß Memorandum of Understanding vom 15. März 2013 zwischen dem Verteidigungsministerium und der Firma EUROCOPTER zustimmend zur Kenntnis genommen. Die entsprechenden Änderungsverträge mit der Industrie werden auf dieser Basis verhandelt werden. Das Verteidigungsministerium wird die endverhandelten Vertragsentwürfe zu den einzelnen Bestandteilen des MoU vor Unterzeichnung der Verträge zum Nachweis der Einhaltung der Eckpunkte des MoU dem Haushaltsausschuss vorlegen. Somit wurde und wird eine parlamentarische Beteiligung uneingeschränkt sichergestellt.

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