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Agentur

BGH zu Zuwendungen bei gleichzeitigem Erbverzicht – Wille der Parteien entscheidend


19. August 2015, 09:57
PRESSEMITTEILUNG/PRESS RELEASE

Ist eine Zuwendung mit einem Erbverzicht verbunden, liegt nicht unbedingt eine Schenkung vor. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 7. Juli 2015 entschieden (X ZR 59/13). Diese Frage kann für den Widerruf einer Schenkung entscheidend sein.

Nach § 530 BGB ist der Widerruf einer Schenkung dann möglich, wenn der Beschenkte sich durch eine grobe Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des groben Undanks schuldig macht. Eine Schenkung liegt dann vor, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt (§ 516 BGB).

Der BGH entschied nun, dass es vorrangig vom Willen der Parteien abhängig sei, ob eine im Zusammenhang mit einem Erbverzicht gewährte Zuwendung als Schenkung anzusehen sei. Wenn es dem Erblasser primär darauf ankommt, dass der Empfänger der Zuwendung im Gegenzug auf sein Erbrecht verzichtet, könne die Zuwendung als entgeltlich angesehen werden und demnach liege keine Schenkung vor. Stehe aber die Zuwendung als solche im Vordergrund und der Erbverzicht wird lediglich als eine besondere Form der Anrechnung auf das Erbrecht gewählt, könne von einem unentgeltlichen Charakter der Zuwendung – also von einer Schenkung - ausgegangen werden. In dem Fall könnte die Schenkung auch nach § 530 BGB widerrufen werden.

Im konkreten Fall klagte ein Vater auf die Übertragung mehrerer Miteigentumsanteile an einem Grundstück, die er seiner Tochter aus erster Ehe geschenkt hatte. Den Widerruf der Schenkung begründete er mit grobem Undank. Im Jahr 2008 hatte er mit seiner Tochter eine notarielle Vereinbarung geschlossen, die als „mittelbare Grundbesitzschenkung – Erbvertrag – Erb- und Pflichtteilsverzicht“ bezeichnet ist. Der Vater verpflichtete sich dabei, seiner Tochter einen Geldbetrag zu schenken, der ausschließlich zum Erwerb einer bestimmten Eigentumswohnung und mehrerer Miteigentumsanteile verwendet werden dürfe. Im Gegenzug erklärte die Tochter den Verzicht auf ihr gesetzliches Erbrecht und Pflichtteilsrecht aufschiebend bedingt durch den Vollzug der Schenkung und der Grundstücksanteile und dem Vollzug des Vermächtnisses.

In den Vorinstanzen war der Kläger mit dem Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks gescheitert. Denn durch den Erbverzicht der Tochter sei die Zuwendung nicht unentgeltlich erfolgt. Der X. Zivilsenat des BGH hob dieses Urteil jedoch auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurück. Denn hinsichtlich des Charakters der Zuwendung sei der Willen der Parteien nicht ausreichend ermittelt worden. Besonders sei nicht klar geworden, welche Umstände zu der Vereinbarung geführt hätten. Zu beachten sei auch, dass die Zuwendung in der notariellen Vertragsurkunde ausdrücklich als Schenkung bezeichnet wird.

In der erbrechtlichen Gestaltung hat der Erbverzicht eine geringere Bedeutung als der Pflichtteilsverzicht. Der Pflichtteilsverzicht hat nämlich den Vorteil, dass sich durch ihn die Pflichtteile der weiteren nahen Angehörigen nicht erhöhen. Pflichtteilsverzichtsverträge erweitern die Testierfreiheit und spielen insbesondere bei der Unternehmensnachfolge eine wichtige Rolle. In vielen Familienunternehmen wird der Betrieb an eines der Kinder weitervererbt und die übrigen „weichenden Erben“ werden mit Privatvermögen abgefunden. Liegen diese Zuwendungen wirtschaftlich unter dem Pflichtteil, droht die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen gegen den Unternehmensnachfolger. Diese Konstellation kann für ein Familienunternehmen existenzbedrohend sein.

Mehr Informationen: http://www.rosepartner.de/rechtsberatung/erbrecht-nachfolge/erbrecht-er…

Dr. Cécile Walzer
Rechtsanwältin

ROSE & PARTNER LLP.
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