5.000 m² Pfosten-Riegel-Fassade und 6.000 m² Außenwandelemente sind an sich schon Dimensionen, die es erlauben, von einem Großprojekt zu sprechen. Zur echten Herausforderung wurde die Herstellung und Montage der Fassaden beim Neubauvorhaben der FU Berlin für Rubner Holzbau jedoch durch anspruchsvolle Detail- und Anschlusspunkte sowie den Leistungsumfang. Der erstreckte sich unter anderem auf die Kran- und Gerüststellung, Oberlichter und Attiken, weitere umfangreiche Spenglerarbeiten und den Sonnenschutz. So verlangte dieser besondere Holzbau-Auftrag vor allem ein hohes Maß an Schnittstellenmanagement und Nachunternehmer-Koordination auf der Baustelle.
Der Neubau ist eine zwei- bis viergeschossige Stahlbeton-Konstruktion mit mehreren Innenhöfen. Er beherbergt ab dem Sommersemester 2015 auf einer Gesamtnutzfläche von rund 12.250 m² die Naturwissenschaftliche Campusbibliothek sowie die Institute der „Kleinen Fächer“ des Fachbereichs Geschichts- und Kulturwissenschaften. Die Baustellenarbeiten für Rubner Holzbau begannen nach zwei Monaten Produktionsvorlauf im März 2013 und wurden im März 2015 abgeschlossen.
Holz-Glas-Fassade und Türen
Die Holz-Glas-Fassade wurde als Pfosten-Riegelkonstruktion aus weiß beschichtetem Brettschichtholz (Fichte, Pfosten 50x100/300 mm und Riegel 50x300/450 mm) mit 2-facher Isolierverglasung hergestellt. Sie verfügt über einen U-Wert von 1,2 W/m²K. Insgesamt wurden 3.900 m² des Aluminium-Verglasungssystems verbaut, wobei einzelne Scheiben Abmessungen von 460x270 cm und ein Gewicht von bis zu 840 kg erreichten.
Von den 567 Fensterflügeln sind rund 60 als motorisch gesteuerte Öffnungselemente in die automatisierte Nachtlüftung und das RWA-Brandschutzkonzept eingebunden. Eine Reihe von Fensterflügeln wurde außen mit eigens nach Architektenentwurf gefertigten Glaslamellen versehen. Sie dienen als Schutzelemente und lassen das Öffnen auch bei schlechtem Wetter und Nachts zu. Als Sonnenschutz wurden 560 ebenfalls elektrisch betriebene Markisen montiert.
Die Fassadenlösung umfasst weiter 46 Eingangstüren sowie 130 m² F90-Stahlfassadenelemente an Brandüberschlagsabschnitten. Für diese und die Attiken wurden von Rubner Holzbau zusätzlich rund 8.000 Lfm. verzinktes Stahlblech verbaut. Im Innenbereich gehörte auch die Ausbildung von Simsen, Laibungen und Abdeckungen für Brüstungskanäle in Schreinerqualität zum Leistungspaket. Hier kamen ca. 2.800 Lfm. oder knapp 1600 nach bauseitigem Aufmaß gefertigte und weiß beschichtete Einzelteile aus 3S-Platten (Fichte) zum Einsatz.
Rund statt eckig – knifflige Details
Ein schwungvolles Charakteristikum in der Gebäudegeometrie stellen konvexe und konkave Rundungen dar – für die Planung der Anschlussdetails eine besondere Herausforderung an die Maßgenauigkeit. Durch die unterschiedlichen Bautoleranzen zwischen Beton-Rohbau und Fassadenbau in Ausbauqualität erforderte die Arbeitsvorbereitung die exakte Maßaufnahme des fertigen Rohbaus für die Eckausbildungen und gekrümmten Verglasungen mit Radien von 560 mm bzw. 860 mm. Auch das wurde bei diesem Projekt gelöst: Auf der Baustelle wurden zum Teil Schablonen angepasst, die später im Werk Grundlage für die gekrümmten Sonderbauteile waren. Die gekrümmten Gläser (bis 140x270 cm) wurden mit gebogenen Standard-Verglasungsprofilen und Deckleisten auf den runden Riegeln befestigt.
Oberlichter: Pyramiden und Sheds
Auf dem Flachdach, über dem zentralen Luftraum der Bibliothek, montierte Rubner Holzbau 12 pyramidenförmige Glasoberlichter. Ihre Tragstruktur besteht aus Stahl-Rohr-Querschnitten (120 x 60 mm) und einer 2-fach Verglasung. Im Grundriss misst jede Pyramide 4,8 x 4,8 m. Eingebaute Lamellenfenster stellen die Nachtlüftung der Bibliothek sicher. Je nach Ausrichtung sind die Flächen mit geschlossenen Paneelen oder bedruckten Gläsern ausgerüstet. Neun weitere Shedoberlichter wurden über dem Eingangsbereich auf dem Dach integriert.
Holz-Elementfassade
Der Großteil der Außenwandelemente (4.000 m²) wurde im Rubner Werk Ober-Grafendorf in Niederösterreich als Holzrahmenbaukonstruktion hergestellt sowie montagefertig gedämmt und abgedichtet vorgefertigt. Der Standardquerschnitt der Elemente basiert auf einer 6 x 16 bzw. 6 x 20 cm KVH-Rippenkonstruktion als Rahmen, gedämmt mit hydrophober Mineralwolle der WLG 035. Der U-Wert der Elemente liegt bei 0,20 bzw. 0,32 W/m²K. Die Bauteilgrößen reichen von 0,6 x 2,0 m (kleinstes) bis 1,25 x 13,5 m (größtes Element). Wie bei der Pfosten-Riegelkonstruktion und Verglasung erforderte die Ausbildung „runder“ Gebäudeecken, sowohl konkav als auch konvex, bei den Wandelementen zum Teil eine Produktion nach Aufmaß und bauseitige Detaillösungen.
Weitere 2.000 m² werksseitig hergestellte Wandpaneele wurden vor Ort in die Tragstruktur eingehängt. Der Grund hierfür sind unterschiedliche Anforderungen an die Unterkonstruktion, die hier aus Metall erstellt wurde: statische Anforderungen im Bibliotheksbereich, höhere Brandlasten bzw. andere Vorgaben aus dem Brandschutzkonzept bedingten unterschiedliche Wandstärken. Auf der Baustelle wurde die Metallkonstruktion montiert, gedämmt und mit vorgefertigten, eingehängten Fassadenpaneelen verkleidet. Die U-Werte liegen in diesem Bereich bei 0,20 bzw. 0,33 W/m²K.
Die vertikale Fassadenschalung besteht aus Alaska Yellow Cedar. Die Profile wurden in vier unterschiedlichen Breiten in zufälliger Anordnung und verdeckt angebracht. Das Holz zeichnet sich durch besondere Feinjährigkeit und geringe Härteunterschiede zwischen Früh-und Spätholz aus. Die hohe Formstabilität macht es ausgezeichnet als Fassadenbekleidung geeignet. Allerdings erforderte die Beschaffung einigen Aufwand: Nach der Bestellung wurden die Stämme durch den Holzlieferanten in Alaska ausgewählt. Dort erfolgte auch die PEFC-Zertifizierung, das Sägen und Trocknen der Zedern. Anschließend wurden 300 m³ Alaska Yellow Cedar in 10 Containerladungen nach Brixen verschifft. Hier fand dann das Spalten, Profilieren und Ablängen statt. Im letzten Schritt wurden die Profile werkseitig silbergrau lasiert, um ein homogenes Erscheinungsbild zu erzielen und der von der Bewitterung abhängigen Vergrauung vorzugreifen.
8.000 Lfm. Blecharbeiten
Der Neubau stellt eine Ergänzung zum Gebäudeensemble „Rost- und Silberlaube“ dar und wurde vom Architekturbüro in der Fassadenausführung an den Bestand angepasst. Dessen Gestaltungsprinzipien wie Modularität, horizontale Bandstruktur und außenliegender Sonnenschutz stellen den Bezug zwischen Neu und Alt her. Diese Anforderung sowie Vorgaben des Brandschutzes sorgten für umfangreiche Spenglerarbeiten, und teilweise wurden sogar alte Fassadenelemente „nachgebaut“. Anschlussbleche, Attiken und Simse wie auch Insektengitter (insgesamt ca. 8.000 lfm) waren im Leistungspaket von Rubner Holzbau inbegriffen. Dabei musste auch hier durch ingenieurtechnisches Know-how und erfahrene Monteure vor Ort für die Aufnahme der Rohbautoleranzen gesorgt werden. Im Rahmen des Brandschutzkonzepts wird die Fassade mit horizontaler und vertikaler Brandschottung gegen Brandüberschlag gesichert: Horizontal wurden dazu stockwerksweise (alle 4 m) verzinkte Stahlbleche eingebaut. Vertikal werden die Brandabschnitte mit Faserzementplatten (d = 15 mm) abgegrenzt.
Strukturierter Projektablauf und Sicherheit
Neben Werkplanung, Arbeitsvorbereitung und Produktion sorgten bei Rubner Holzbau zwei eigene Projektleiter aus Augsburg für eine strukturierte Abwicklung. Sie teilten sich die Holzbauleistungen auf: Holz-Glas-Fassade, Verglasung und Sonnenschutz und als weiterer Themenkomplex Holzelement- und Metallfassade, Dachpyramiden, Spenglerarbeiten und die Gerüststellung. Ein weiterer Bauleiter wurde im Baustellenbüro vor Ort engagiert, damit durchgehend reibungslose Abläufe und eine Schnittstelle zur Bauleitung der Architekten gewährleistet waren.
„Die schiere Größe der Bauaufgabe und eine Gebäudegeometrie mit anspruchsvollen Detail- und Anschlusspunkten waren die größte Herausforderung“, sagt Andreas Fischer von Rubner Holzbau. „Basis für eine fehlerfreie Arbeit war die enge Abstimmung mit dem Architekturbüro und eine von vornherein gute Vernetzung mit den rund 30 Nachunternehmern, die zu koordinieren waren. Als Gerüststeller übernahmen wir auch das Sicherheitsmanagement auf der Baustelle. Intern griffen unser Qualitäts- und Projektmanagement zwischen Planung, Produktion und Montage.“
Fazit
Rubner Holzbau war beim Neubau der „Holzlaube“ auf dem Campus der FU Berlin als Generalunternehmer für die Herstellung und Montage der Bauwerksfassaden aus Holz einschließlich mehrerer Zusatzgewerke verantwortlich. Neben den großen Massen stellten bauseitige Sonderlösungen hohe Anforderungen an die Projektsteuerung und Bauleitung wie auch an die Monteure vor Ort. Zusätzlich zu den zahlreichen Standardelementen und eindrucksvollen Quadratmeterzahlen, erforderten Anschlüsse und Übergänge an andere Bauteile eine besondere und individuelle Planung bei den Fassadenarbeiten. Selbst der Nachtbriefkasten für die 24h-Rückgabe der ausgeliehenen Bücher war Bestandteil der Gesamtlösung.
Projektbeschreibung allgemein:
Auftraggeber
Freie Universität Berlin Technische Abteilung
Architekt
Florian Nagler Architekten GmbH, München
Tragwerksplanung Bauphysik
Leonhardt, Andrä und Partner Beratende Ingenieure VBI AG, Berlin
Holz- und Fassadenbau
Rubner Holzbau GmbH, Augsburg
Holz-Glas-Fassade: 5.000 m²
Holz-Elementfassade: 6.000 m²
Holzschalung: Alaska Yellow Ceder, lasiert
Foto: Marc Winkel-Blackmore