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PNI – eine Hoffnung in der Stress-Immunologie?


18. Oktober 2011, 12:49
PRESSEMITTEILUNG/PRESS RELEASE

Ein junges Forschungsmodell aus der Medizin findet wissenschaftliche Nachweise zu psychischen Impulsen im organischen System des Menschen.

Mit der Erkenntnis, dass es für einige Beschwerden einfach keine körperliche Ursache gibt, wuchs das Interesse an den seelischen Ursachen. Daraus hat sich inzwischen ein eigener medizinischer Forschungszweig ergeben, die Psycho-Neuro-Immunologie (PNI). Die PNI verbindet Seele (Psycho), das Nervensystem (Neuro) und die körpereigenen Abwehrkräfte (Immunologie). Psycho-Neuro-Immunologische Forschungsbefunde dokumentieren, dass diese drei Systeme in einem engen Informationsaustausch miteinander stehen. Dieses biochemische Netzwerk ist die experimentelle Grundlage, um zu erforschen, wie das Verhalten auf das Immunsystem wirkt.

Der gesunde Menschenverstand, die Philosophie und zahlreiche Religionen wussten es schon immer: zwischen Körper, Geist und Seele gibt es vielfältige Beziehungen. Schon Aeskulap, der griechische Gott der Heilkunst und mythischer Ahnherr aller Ärzte, soll den Menschen Musik, Schlaf und Gebet empfohlen haben, um die Gesundheit des Geistes/der Seele zu fördern und damit auch dem Körper etwas Gutes zu tun. Jeder kennt diese Zusammenhänge aus dem eigenen Alltag: Bei zuviel Ärger, Hektik, Trauer und zermürbendem Streit kratzt es im Hals, die Nase läuft oder es bilden sich lästige Herpesbläschen am Mund. In Krankenhäusern lässt sich belegen, dass Kranke, die viel Besuch und Zuspruch erhalten, meist schneller gesunden als einsame Patienten. Läuft im Job und im Privatleben alles „rund“, behalten wir einen klaren Kopf, auch wenn rundum alles unter der aktuellen Grippewelle stöhnt. Doch dieses Alltagswissen galt lange Zeit als unwissenschaftlich und fand nur in wenigen Medizinerkreisen Eingang in die tägliche Praxis. Behandlungsansätze aus der Naturmedizin wurden schnell in die Esoterik-Ecke gesteckt und von der westlichen Schulmedizin belächelt. Das hat sich mittlerweile geändert.

Das neue Forschungsgebiet der Psycho-Neuro-Immunologie (PNI), in dem Ärzte und Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen zusammenarbeiten, hat in den letzten Jahren neue Voraussetzungen geschaffen. Die PNI bedient sich exakter naturwissenschaftlicher Methoden: PNI-Forscher analysieren Blut-, Speichel- und Gewebeproben und streben an, die Kommunikation zwischen solchen schwer fassbaren Größen wie „Psyche“, „mentale Steuerung“ und Immunsystem gleichsam im Elektronenmikroskop sichtbar zu machen. Damit soll erreicht werden, die Psychosomatik, die Lehre von der Verbindung zwischen Seele und Körper, auf eine naturwissenschaftlich gefestigte Basis zu stellen. Erste gesicherte Erkenntnisse der PNI können dem Arzt somit weitere Untersuchungs-, Diagnose- und Therapiemöglichkeiten eröffnen.

Zwischen Stress und Immunsystem

Die ersten wissenschaftlichen Abhandlungen in einem Zusammenhang zwischen Stress und Immunsystem datieren weit über 100 Jahre zurück. Einschlägige Artikel wurden schon 1878 von Luis Pasteur publiziert. Basis seiner Überlegungen waren allerdings brutal anmutende Versuche mit Hühnern, die er im Eiswasser schwimmen ließ. Anschließend untersuchte er die Auswirkungen dieses „Stress-Faktors“ und stellte bei den im Eiswasser geschwommenen Hühnern eine erhöhte Infektionsanfälligkeit fest, verglichen mit den Tieren, die gleichzeitig im warmen Stall untergebracht waren. Weitere frühere Arbeiten zum Themenkomplex „Stress-Immunologie“ kamen aus Japan und beschrieben das vermehrte Auftreten von beispielsweise Tuberkulose bei nervlich angespannten Patienten (Ishigami 1918). Andere Arbeiten aus dem russischen Raum stammen aus der Zeit, als die klassische Konditionierung an Hunden nach Iwan Petrowitsch Pawlow (etwa 1987) bedeutend in Mode kam. Basierend auf diesen Experimenten konnte der Arzt Metalnikow bei Menschen einen Zusammenhang zwischen der Nahrungsaufnahme und einer Leukozytose nachweisen und in Versuchen erreichen, dass die Leukozytose bereits beim Anblick von Nahrung eintrat. (Dr. M.S. Metalnikow, 1931)

Plazebo-Effekt und Co.

Auch das Aufkommen von Psychiatrie- und Psychoanalyse, die den Begriff „Psychosomatische Krankheiten“ geprägt haben, führte die Idee, dass geistige/seelische Störungen zu körperlichen Erkrankungen führen können, in das medizinische Denken ein.

Als Geburtsstunde der modernen PNI gilt jedoch eine Arbeit der beiden Wissenschaftler Robert Ader und Nicholas Cohen aus dem Jahr 1975. Die beiden Wissenschaftler hatten Mäusen einen Wirkstoff verabreicht, der die natürlichen Abwehrmechanismen unterdrückte (ein sogenanntes Immunsuppressivum) und den Wirkstoff dabei in süßem Saccharin aufgelöst. Später kam es dann zu einer Unterdrückung der Abwehr, wenn die Mäuse bereits nur die Saccharinlösung zu sich nahmen. Dieser Ansatz ließ sich dann auf den Menschen übertragen. Ein Brausebonbon wurde gleichzeitig mit einer Adrenalinspritze verabreicht. Das Adrenalin übernahm dabei die Funktion eines Stress-Faktors und führte zu einer Reaktion des Immunsystems, nämlich zu einem Anstieg der Aktivität von natürlichen Killerzellen. Nach einigen Durchgängen trat dieser Effekt auch bereits dann ein, wenn die Versuchspersonen nur einen Brausebonbon zu sich genommen hatten. (Ader, R. und Cohen, N. behaviorally conditioned immunosuppression. MED, 1975, 37, 333-340)

Ähnliche Wirkungen sind als “Plazebo-Effekt” aus zahlreichen medizinischen Untersuchungen bekannt.

Ehe-Stress, Job-Probleme und Co.

Die aktuellen PNI-Studien am Menschen kann man in Kurzzeit- und Langzeit-Untersuchungen einteilen. Um die Auswirkungen kurzfristiger Belastungen auf das Immunsystem festzustellen, setzt man zum Teil außergewöhnliche Stress-Faktoren (Stress-Sensoren) ein, wie z.B. Fallschirmspringen bzw. Bungeespringen, Aufenthalte in extremer Kälte, Situationen mit extremen geistigen Anforderungen oder den Zwang, vor größerem Publikum eine Rede halten zu müssen. Um langfristige Belastungen und ihre Auswirkung auf das Immunsystem zu messen, werden häufig schwerwiegende Lebensereignisse herangezogen, wie z.B. langfristige Arbeitslosigkeit, die Betreuung von Angehörigen mit unheilbaren Erkrankungen, der Verlust eines nahen Angehörigen, Scheidung, lange Perioden von Einsamkeit oder Schlafentzug.

Während man die psychische Komponente einiger Erkrankungen schon lange akzeptiert hat – z.B. bei Magengeschwüren oder Bluthochdruck – haben erst Krebs und HIV zu einem echten Umdenken geführt. Dabei gibt es zwei Ansätze, um die Selbstheilungskräfte des Menschen zu aktivieren:

1. Bei bestehenden Krankheiten werden Entspannungs- und Visualisierungstechniken genutzt.
2. Behandlungsansätze aus der Psycho-Neuro-Immunologie sollen dafür sorgen, dass Krankheiten erst gar nicht entstehen.

Körper, Geist und Seele im Einklang halten

Die praktische Umsetzung der PNI-Forschungsergebnisse ist die sogenannte Mind-Body-Medizin. In der MBM werden Seele (Mind) und Körper (Body) zusammen einheitlich behandelt. Die Anfänge dieser Therapieansätze liegen nicht etwa in den USA, wo man z.B. mit Entspannungs- und Anti-Stress-Programmen die Stresswerte und Abwehrkräfte bei HIV-Patienten nachweislich positiv beeinflussen konnte, sondern es ist die Ayurveda-Medizin, die bereits seit 3.000 Jahren Behandlungs- und Therapieansätze im Kontext „Seele und Körper“ vereint. Auch in der Traditionell Chinesischen Medizin (TCM) sind bereits seit 1.000 Jahren komplexe Zusammenhänge zwischen Körper und Geist bzw. Seele bekannt. Auch bei unerfülltem Kinderwunsch helfen Entspannungsprogramme. Viele Frauen werden schwanger, wenn sie sich selbst von dem Druck, ein Kind bekommen zu wollen, befreien. Dabei hat Stress zunächst eine ganz wichtige Bedeutung für den Körper. Er versetzt den Körper sozusagen in Alarmbereitschaft und einen erhöhten Aufmerksamkeitsmodus. Der Adrenalinspiegel steigt dabei, Herzfrequenz und Blutzucker gehen in die Höhe. Da wo früher der Stress-Spiegel nur kurzzeitig anstieg, ist heute Dauerüberforderung an der Tagesordnung. Und genau hier liegt das Forschungsterrain der PNI.

Während einer PNI-Behandlung sollen Patienten vor allem lernen ihre Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Dazu werden zu den schulmedizinischen Maßnahmen z.B. psychotherapeutische Behandlungen, naturheilkundliche Ansätze oder auch Akupunktur eingesetzt. Ein wichtiger Bereich der Behandlung ist die sogenannte „Ordnungstherapie“. Hier lernen die Patienten „Ordnung“ in Geist und Seele zu bringen. Weil jede ernste Erkrankung eine Neuorientierung des Lebens erfordert, liegt hier ein Ansatz zum Überarbeiten von Denk- und Verhaltensmustern. Dieser Ansatz wird auch in der Krebsbehandlung genutzt. Unterstützung finden in dieser Therapie Bewegung und bewusste Ernährung. Entsprechend lassen sich Anti-Stress-Programme auch zu Hause durchführen. Da Stress im Leben unvermeintlich ist, sollte man lernen positiv damit umzugehen.

Wird die Belastung beispielsweise eher als Herausforderung eingestuft, die man bewältigen kann, so kann vor allem Kurzzeit-Stress sehr positive Auswirkungen auf das Immunsystem haben. Die Abteilung für Innere Medizin an der Universität in Hannover etwa nahm Fallschirmspringern vor dem Flug und nach der Landung Blut ab. Die kurzfristige Belastung, so mussten die Immunologen erstaunt feststellen, hatte bei etwa zweidrittel der Fallschirmspringer die körpereigenen Killerzellen regelrecht aufgeputscht. (Manfred Schedlowski, Uwe Tewes: PNI, August 1996)

Tipps, einfach wie wirkungsvoll

Denken Sie positiv: Die Frage nach dem halbvollen oder halbleeren Glas ist eine Beurteilung mit unterschiedlichen Ergebnissen. Eine positive Einstellung zu sich selbst hilft, Stress-Situationen besser zu meistern.

Lassen Sie Frust und Stress raus: Sport ist eine sehr gute Möglichkeit, um Frust und Stress aus sich herauszulassen. Die körperliche Bewegung baut Spannung ab und setzt sogenannte Glückshormone frei.

Lachen ist gesund: Humor hilft bei der Entspannung; lachen stoppt die Ausschüttung von Stress-Hormonen. In Verbindung mit gezieltem Atemtraining und dem sogenannten „Wegatmen“ von Stress-Situationen können der Herzschlag verlangsamt und die Muskulatur gelockert werden.

Bewusst leben und genießen: Dazu gehört gesundes Essen, Obst, Gemüse, Vollkornprodukte und wenig Alkohol.

Viel und gut schlafen: Wer gut ausgeschlafen ist, kann viele Probleme leichter bewältigen.

Lernen Sie „abzuschalten“: Beginnen Sie damit ganz bewusst ohne Nachdenken oder gar grübeln im Bett zur Ruhe zu kommen. „Im Bett werde ich nicht denken, das hat Zeit bis morgen.“
Nutzen Sie den täglichen Spaziergang, um die Natur zu genießen und nicht als Freiraum für die Gedankenmaschinerie. „Beim Spaziergang zählt für mich nur die innere Erholung und die Natur. Gedanken haben Zeit bis nachher.“

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