Der Begriff Nudging stammt aus dem Englischen und heißt so viel wie „Anschubsen/Anstupsen“. Im politischen Kontext ist damit ein Anreiz zu einem bestimmten Verhalten gemeint, ohne dabei die Wahlmöglichkeiten der betroffenen Person einzuschränken. Anders als Verbote, Gebote oder Subventionen sollen die Leute von sich aus einem gewünschten Verhalten nachgehen. Im Alltag finden wir bereits Beispiele – auch fernab der Politik. Ein bekanntes Beispiel betrifft vor allem die männliche Zunft: Nicht selten finden Toilettengänger Symbole oder kleine „Spiele“ im Urinal. Durch den Anreiz in die Mitte zu pinkeln, konnte man die Treffergenauigkeit um bis zu 80% steigern. Weitere bekannte Nudging-Beispiele sind abschreckende Hinweise auf Zigarettenpackungen. Der Konsument ist bei seiner Entscheidung zu rauchen immer noch frei, allerdings wird er am Ende wohl dennoch weniger rauchen. Weiteres umstrittenes Beispiel ist das Thema Organspendeausweis: Unter Nudging würde man die Situation verstehen, dass jede Person prinzipiell bereit wäre, Organe zu spenden.
Wirksames Regieren durch Nudging?
Mit dem Thema Nudging beschäftigt sich auch die Bundesregierung und nennt die dazugehörende Kampagne „Wirksam regieren“. Eine kleine Projektgruppe aus Psychologen und Anthropologen soll sich überlegen, wie man das Verhalten der Bürger geschickt in eine bestimmte Richtung lenken kann. Hierfür lud die Regierung mehrere Experten ein, darunter hochrangige Wissenschaftler aus den USA. Die Professoren Richard Thaler und Cass Sunstein glauben an die positive Wirkung durch Nudging für die Gesellschaft. Letzterer überzeugte Barack Obama so sehr, dass dieser ihn direkt ins Weiße Haus holte. Der damalige Umweltminister Peter Altmaier (CDU) traf sich 2013 mit Sunstein, um mit ihm über Ideen zur Umsetzung der Energiewende zu reden.
Wie mit Nudging Energie eingespart wird
Es gibt für den Bereich Energie bereits Beispiele und Ideen, den Wandel sanft zu steuern. So könnte man Elektrogeräte von vornherein im energiesparenden Modus in die Fachgeschäfte bringen. Es hat sich gezeigt, dass die meisten von uns bei den Voreinstellungen bleiben. Allein dadurch würde die Zahl der im Energiesparmodus genutzten Geräte insgesamt steigen. Eine weitere Überlegung ist, die Grundversorgung von Anfang auf Ökostrom zu setzen. Wer lieber auf konventionellen Strom zurückgreifen möchte, muss sich erst einmal darum bemühen. Aktuelles Beispiel ist die Gemeinde Schönau: dort sind die Grundversorger die Elektrizitätswerke Schönau, die reinen Ökostrom anbieten. In Umfragen zeigte sich, dass der Anteil der Menschen, die sich vorstellen können mit Ökostrom versorgt zu werden, sehr groß ist. Den Schritt zum Wechseln machen viele dann allerdings nicht.
Eine weitere Idee betrifft die Elektroautos. Die Bundesregierung kämpft ohnehin damit, ihre forschen Pläne von einer Million E-Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen bis 2020 umzusetzen. Um das zu fördern und die Energiewende insgesamt voran zu treiben, sollten Elektroautos umsonst im Stadtgebiet parken dürfen. Der Stadtverkehr sollte nicht nur hier im Besonderen im Fokus stehen. Vor allem der öffentliche Nahverkehr als auch Fußgänger und Radfahrer sollten gestärkt werden. Wenn es komfortabler mit Fahrrad und Bus wird, setzen mehr Leute auf diese Möglichkeiten der Mobilität.
Interessant ist auch ein Beispiel aus den USA, die Bürger zum Strom sparen zu bringen. Da in Kalifornien bei heißem Wetter die Bürger ihre Klimaanlagen einschalteten, brach die Stromversorgung um die Jahrtausendwerte immer mal wieder zusammen. Psychologen hatten daraufhin eine Idee. Sie sagen den Bewohnern wie sie im Vergleich mit ihren Nachbarn beim Stromverbrauch dastehen. Zusätzlich werden Smileys verteilt, je nachdem wie gut Strom gespart wird. Das hierfür verantwortliche Unternehmen Opower gibt an, seit 2007 2,8 Terawattstunden eingespart zu haben. Der Vergleich mit anderen, fördert bei vielen den Ehrgeiz zum Sparen.
Nudging-Kritiker werfen Bevormundung vor
Kritiker des Nudgings beklagen, dass der Staat beim Nudging so tue, als wisse er, was für den einzelnen Bürger am wichtigsten sei. Dabei sollte eher der Einzelne an sich entscheiden können, was er tun möchte und was eben nicht. Man solle mehr auf Aufklärung der Bürger setzen, damit diese von sich aus, etwas für die Besserung bestimmter Umstände tun. Dagegen könnte man allerdings generelle Verhaltensmuster von Menschen entgegenstellen. Der Mensch denkt meist an den Eigennutz, ist kurzfristig orientiert, schaut auf den eigenen Status und darauf, was andere machen.
Quellen:
Stiftung Marktwirtschaft – Mit Nudging zur Energiewende?
re:publica 2015 - Nudge! Nudge! – Was Design von Verhaltenspsychologie lernen kann
nzz.ch
sustainment.de
FOCUS
Spiegel