Die PEM-Elektrolyse hat bei der „Power to Gas“-Technologie enormes Potential: Die so genannten Stacks, also die Zellenstapel, die das Herzstück des Elektrolyseurs bilden, nehmen nur ein Dreißigstel des Raumes ein, der bei der bislang eingesetzten alkalischen Elektrolyse nötig wäre. Gegenüber der herkömmlichen Technologie setzt die Hamburger Anlage Akzente bei Kompaktheit und Leistung. Darüber hinaus verspricht die PEM-Technik erhebliche Vorteile beim Einsatz unter wechselnden Lastbedingungen. Der hohe Energiebedarf der Metropolregion und die Lage zwischen den windreichen Küsten von Nord- und Ostsee machen Hamburg zum idealen Standort, um hier mit der Entwicklung der Technologie einen entscheidenden Impuls für die Energiewende zu setzen.
Hinter dem Projekt steht ein Konsortium mit den Industriepartnern Hydrogenics, SolviCore und E.ON. Wissenschaftliche Beiträge leisten dabei das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE). Das Nationale Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) fördert unter anderem die Produktion von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien, zum Beispiel Wind. Das Förderprogramm wird durch die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) inhaltlich koordiniert und durch den Projektträger Jülich (PTJ) fachlich und administrativ begleitet.
Speicherung: Erdgasnetz als Grünstrom-Akku
Bereits im zweiten Quartal 2013 soll in Hamburg-Reitbrook der Bau der Anlage beginnen. Der Clou der „Power to Gas“-Technologie liegt in der Möglichkeit, erneuerbare Energien viel effizienter zu nutzen als bisher. Weil Windkraftanlagen windabhängig und Photovoltaikanlagen sonnenabhängig große Leistungsschwankungen mit sich bringen, sind Energiespeicher und Energietransportkapazitäten zum Nadelöhr der Energiewende geworden. Mit der geplanten „Power to Gas“-Anlage wird die Energie aus überschüssigem, regenerativ erzeugtem Strom in Wasserstoff umgewandelt. Das Gas lässt sich direkt ins Erdgasnetz einspeisen. Dort kann die Energie sowohl bundesweit transportiert als auch in großen Mengen und über längere Zeiträume gespeichert werden. So könnten in Zukunft mit dem „Power to Gas“-Ansatz die Erdgasnetze zum Bypass der ausgelasteten Höchstspannungs-Stromnetze werden und zugleich zum Großakku für Grünstrom.
Hamburg-Reitbrook: Energieforschung mit renommierten Partnern
Mit dem Standort Reitbrook haben E.ON Hanse und die Projektpartner einen Ort gewählt, der bei der Wissenschaft bereits bekannt ist. In direkter Nachbarschaft zum Forschungsgelände für Mikroalgen und zum Erdgasspeicher von E.ON Hanse wird die Anlage entstehen. Zu den Projektpartnern zählt unter anderem SolviCore aus Hanau, ein Unternehmen mit umfangreichem Know-how auf den Gebieten Katalyse, Edelmetalle und Oberflächentechnologie. Hydrogenics ist mit Standorten in Kanada, Belgien und Deutschland ein weltweit führender Hersteller von Elektrolyseuren und PEM-Brennstoffzellen. Das Institut für Technische Thermodynamik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Stuttgart bringt sein langjähriges Wissen über elektrochemische und physikalische Mechanismen bei der neuartigen Elektrolyse-Anwendung mit ein. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE), Freiburg, unterstützt das Projekt mit seiner Expertise in der elektrochemischen Modellierung und durch Untersuchungen zum Betriebsverhalten und zur Lebensdauer der PEM-Elektrolyse.
Das Gelände in Hamburg-Reitbrook ist als E.ON Hanse Betriebsstandort rund um die Uhr mit Fachpersonal der Gastechnik besetzt, so dass ein sicherer Betrieb der „Power to Gas“-Anlage zu jeder Zeit gewährleistet ist. Technologisch wird das Projekt von der umfassenden Erfahrung des E.ON Konzerns profitieren. So fließt beispielsweise das Know-how ein, das der Konzern bereits mit seiner ersten „Power to Gas“-Pilotanlage im brandenburgischen Falkenhagen gesammelt hat.
Power-to-Gas in Hamburg: Förderungswürdiges Innovationsprojekt
Die Projektverantwortlichen bei E.ON Hanse und seinen Partnern haben für das Projekt eine öffentliche Förderung im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) beantragt. Die NOW GmbH (Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie) begleitet als Programmorganisation des NIP das Projekt inhaltlich und bindet es in die Gesamtaktivitäten des NIP ein.
Mit der beim Projektträger Jülich (PTJ) beantragten Förderung möchte das Projektkonsortium in Hamburg-Reitbrook ein dreijähriges Modellprojekt mit einem Gesamtvolumen von ca. 13,5 Millionen Euro realisieren. 52 Prozent der Projektkosten trägt das Projektkonsortium, 48 Prozent stellt das NIP zur Verfügung. Ziel der Forschung ist, mittels der PEM-Technologie Power to Gas zur großtechnisch einsetzbaren Brücke zwischen den Strom- und Gasnetzen zu entwickeln. Experten rechnen aufgrund der dynamischen Entwicklung bei den erneuerbaren Energien in den nächsten zehn Jahren mit einem jährlichen Speicherbedarf von bis zu 40 TWh Energie. Nur ein Tausendstel der benötigten Kapazität (40 GWh) steht heute in Form von Pumpspeichern zur Verfügung. Das bundesweite Erdgasnetz bietet sich aufgrund hoher Speicherkapazitäten von mehr als 200 TWh als eine Lösung an. Hier fehlt bislang eine wirtschaftliche Technologie, um elektrische Energie in Gas umzuwandeln.
Die NOW GmbH im Kurzprofil
Die NOW GmbH Nationale Organisation Wasserstoff und Brennstoffzellentechnologie wurde 2008 von der Bundesregierung, vertreten durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), gegründet. Die Aufgabe der NOW ist die Koordinierung und Steuerung zweier Förderprogramme des Bundes: das Nationale Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) sowie die Ressortforschung Elektromobilität des BMVBS zuständig. In der Initiierung, Bewertung und Bündelung entsprechender Projekte liegt dabei die wichtigste Funktion der NOW. Hinzu kommen Querschnittsthemen wie Produktionstechnologien, Aus- und Weiterbildung, Kommunikation an der Schnittstelle von Regierung und Industrie sowie eine aktive Öffentlichkeitsarbeit, um die Wahrnehmung für diese Technologien und ihre Produkte zu steigern.
Der Projektträger Jülich (PtJ) im Kurzprofil
Als einer der führenden Projektträger in Deutschland ist der Projektträger Jülich in der Forschungszentrum Jülich GmbH Partner für Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Mit seinen Kompetenzen im Forschungs- und Innovationsmanagement unterstützt er seine Auftraggeber in Bund und Ländern sowie die Europäische Kommission bei der Realisierung ihrer forschungspolitischen Zielsetzungen. Damit bildet er eine wichtige Schnittstelle zwischen seinen Partnern – für einen wettbewerbsfähigen Forschungs- und Innovationsstandort Deutschland in einem gemeinsamen europäischen Forschungsraum. Der Projektträger Jülich wurde 1974 gegründet, zunächst mit dem Auftrag, das erste Energieforschungsprogramm der Bundesregierung umzusetzen.
Die Hydrogenics GmbH im Kurzprofil
Hydrogenics ist einer der weltweit führenden Hersteller von Wasserstofftechnik mit Schwerpunkt Brennstoffzellensysteme und Wasserstofferzeuger. 1995 gegründet, verfügt Hydrogenics heute neben dem Firmensitz in Toronto, Kanada über Produktionsstandorte in Deutschland und Belgien. Im Geschäftsbereich Wasserstofferzeugung liefert Hydrogenics komplette Elektrolyseanlagen zur Speicherung erneuerbarer Energien, als Prozessgaserzeuger, sowie komplette Wasserstofftankstellen. Der Geschäftsbereich Brennstoffzellensysteme beliefert Kunden mit Produkten und Lösungen für Netzersatzanlagen, unterbrechungsfreien Stromversorgungen, Systemen für Hybridfahrzeuge und Sonder-Brennstoffzellensystemen für Luft-, Raumfahrt und Militär.
Die SolviCore GmbH & Co. KG im Kurzprofil
SolviCore ist ein Joint Venture der Solvay und Umicore und wurde am 1. Juli 2006 gegründet. Das Unternehmen befindet sich in Hanau, Umicores wichtigstem Standort für Forschung und Entwicklung in Deutschland und beschäftigt mehr als 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bereichen Forschung, Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Membran-Elektroden-Einheiten (MEA) für Brennstoffzellen- und Elektrolyse-Anwendungen.
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR) im Kurzprofil
Das DLR ist das Forschungszentrum der Bundesrepublik Deutschland für Luft- und Raumfahrt. Seine umfangreichen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in Luftfahrt, Raumfahrt, Energie und Verkehr sind in nationale und internationale Kooperationen eingebunden. Über die eigene Forschung hinaus ist das DLR mit dem Raumfahrtmanagement als Agentur im Auftrag der Bundesregierung für die Planung und Umsetzung der deutschen Raumfahrtaktivitäten zuständig. Die Forschungsthemen des Instituts für Technische Thermodynamik sind ausgerichtet auf die Entwicklung von effizienten und Ressourcen schonenden Energiewandlungstechnologien und auf die beschleunigte Einführung von erneuerbaren Energien im Kraftwerks- und Prozesswärmebereich und werden in Stuttgart, Köln, Hamburg und Ulm durch rund 150 Mitarbeiter/innen bearbeitet. Die Abteilung Elektrochemische Energietechnik (ca. 60 Mitarbeiter) ist seit ca. 25 Jahren im Bereich elektrochemischer Energiewandlung tätig, darunter Elektrolyse, Brennstoffzellen und seit 2009 Lithium-Batterien. Die Gesamtaktivitäten reichen von der Entwicklung von Elektroden, Zellen-Herstellung, Zellen-Charakterisierung, Zellen-, Stapel- und Systemtests, Modellierung und Simulation, Entwicklung diagnostischer Verfahren bis hin zur Systementwicklung. Die Abteilung hat Pionierarbeit im Bereich der Kopplung von Erneuerbaren Energien mit Elektrolyseuren im 300 kW-Bereich im HYSOLAR-Projekt geleistet. Ein Schwerpunkt der Forschungsaktivitäten sind hocheffiziente und kostengünstige Polymer-Elektrolyseure.
Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) im Kurzprofil
Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE ist mit seinen 1.200 Mitarbeitern das größte Solarforschungsinstitut Europas. Es schafft technische Voraussetzungen für eine effiziente und umweltfreundliche Energieversorgung, sowohl in Industrie- als auch in Schwellen- und Entwicklungsländern. Hierzu entwickelt das Institut Materialien, Komponenten, Systeme und Verfahren in insgesamt acht Geschäftsfeldern. Über die Grundlagenforschung hinaus beschäftigt sich das Institut mit der Entwicklung von Produktionstechniken und Prototypen sowie der Ausführung von Demonstrationsanlagen und dem Betrieb von Testzentren. Im Bereich Wasserstofftechnologie kann auf mehr als 20 Jahre Know-how in der Wasserstoffgewinnung durch PEM-Elektrolyse zurückgegriffen werden.
Die E.ON Hanse AG im Kurzprofil
Die E.ON Hanse Gruppe ist einer der größten Energiedienstleister in Norddeutschland. Sie betreibt über ihre Netzgesellschaften Schleswig-Holstein Netz AG und Hamburg Netz GmbH Strom- und Gasnetze in Schleswig-Holstein, Hamburg und Nordniedersachsen – hinzu kommen Gasnetze in Mecklenburg-Vorpommern. Die E.ON Hanse AG verfügt über einen technischen Netzservice, zwei große Erdgasspeicher und hält verschiedene energiewirtschaftliche Beteiligungen. Die Tochtergesellschaft E.ON Hanse Wärme bietet außerdem Wärmelösungen an und gehört zu den größten Betreibern umweltschonender Blockheizkraftwerke in Norddeutschland. Anteilseigner an der E.ON Hanse AG sind die elf schleswig-holsteinischen Kreise sowie die E.ON Deutschland. An der Schleswig-Holstein Netz AG sind außerdem 190 Kommunen, an der Hamburg Netz GmbH ist die Freie und Hansestadt Hamburg als Anteilseigner beteiligt.