„Jeder hat seine Geschichte und jeder hat ein Recht auf seine Geschichte…“ erklärt Jenny Schon in ihrer Autofiktion „An den Marken der Zeit“, die sowohl die Zeit des Zweiten Weltkriegs als auch seine Nachwehen und schließlich die daraus hervorgegangene Aufbruchsstimmung mit all ihren Bruchstellen bis in die Gegenwart beschreibt. Nicht nur von „Verlust und Entbehrung, sondern auch von der Entdeckung und dem Aufbau einer neuen Welt“ ist die Rede in diesem Roman, der - Generationen und Nationen umspannend - verschiedenste Zeit-Schichten der Familiengeschichte zum Vorschein bringt, wie die deutsche Kultur- und Literaturwissenschaftlerin Prof. Dr. Aleida Assmann im Vorwort schreibt.
Das Recht auf die Geschichte der Kinder der Nachkriegsgeneration mit all ihren Geheimnissen, Traumata und aus Trümmern erschaffenen Errungenschaften, die sich immer wieder Transformationen unterziehen müssen, haben auch wir. Jenny Schon verhilft uns zu diesem Recht, indem sie uns in ihrem Roman zu bedeutsamen „Marken“ führt:
Die Protagonistin des Romans ist während des 2. Weltkrieges in Böhmen geboren und wächst in einer deutschsprachigen Familie auf. Ihr rheinischer Vater war dort bei der Luftwaffe. Nach Kriegsende wird die Familie vertrieben. An der Grenze zu Sachsen wird die Mutter von einem tschechischen Milizionär vergewaltigt, wird schwanger. Sie lässt das Kind in Sachsen zurück. Als sie endlich bei der Familie des Vaters im zerbombten Rheinland ankommt, wächst die Tochter mit einer zerbrochenen Welt im Rücken auf. Sie wird die Generation der Halbstarken und Achtundsechziger (mit)erleben und sich zusehends emanzipieren.
Wie sehr Geschichte in die Gegenwart wirkt und sich immer aufs Neue in abgewandelter Form wiederholt, wird gerade zurzeit ersichtlich. Viele Entwicklungen lassen sich aus der im Roman beschriebenen Vergangenheit heraus besser verstehen, da hier dank der großen Bandbreite der handelnden Personen auf unterschiedliche Aspekte - auf Ost ebenso wie West; auf den Krieg und den Wiederaufbau; das geteilte und das vereinte Deutschland – eingegangen wird.
„Der Roman orientiert sich an den „Marken der Zeit“, Markierungen und Schwellen, die im Leben lesbar bleiben, aber nicht gleich entziffert werden können.“ Wie Aleida Assmann Jenny Schons wichtigen Roman beschreibt.
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Über die Autorin:
Jenny Schon ist Buch- und Kunsthändlerin. Sie studierte Sinologie, Publizistik, Kunstgeschichte und Philosophie und war Mitarbeiterin bei dem Philosophen Jacob Taubes. Jenny Schon hatte Lehraufträge in chinesischer Philosophie. Seit Ende der 1990er Jahre ist sie Stadtführerin in Berlin und freie Autorin. Neben Sachbüchern veröffentlichte sie Romane und Lyrik. Sie erhielt mehrere Preise, u.a. den Andreas-Gryphius-Preis, den Preis „Aufstieg durch Bildung“ und den Prosapreis der Landschreiber. Schon ist Mitglied im P.E.N und der GEDOK.