Seit Jahrhunderten haben Esskastanien-Wälder in der von Hügeln und Bergen geprägten Kulturlandschaft am Lago Maggiore ihren festen Platz. Menschen in dieser Gegend haben die wild wachsenden Bäume schon vor langer Zeit veredelt, damit sie besonders große und schmackhafte Früchte tragen. Wann immer Weizen und sonstiges Getreide knapp waren, bot sich die nahrhafte Frucht aus der Stachelschale als Rettung an. Auch aus Kastanienmehl lässt sich köstliches Brot backen. Nicht von ungefähr wird der Kastanienbaum im Piemont auch „albero del pane“, Baum des Brotes, genannt. Neben den gerösteten Marroni, deren Duft im Herbst durch Dorfstraßen und Gassen zieht, kennt man in den Gemeinden rund um den Lago Maggiore, den benachbarten Ortasee, in den Tälern des bergigen Hinterlandes und in der Provinzhauptstadt Novara eine Fülle von Rezepten für herzhafte und süße Kastanien-Speisen.
Mal herzhaft, mal süß
Gnocchi di Castagne beispielsweise, ein Gericht, das anderswo in Italien kaum zu finden ist. Der Teig für die Gnocchi wird aus gekochten Kartoffeln, Kastanienmehl und dem Fruchtfleisch gekochter Esskastanien zubereitet. Komplettiert wird die Speise dann gerne mit Salbei und Bergkäse aus den benachbarten Ossola-Tälern. Bisweilen verfeinern gemahlene Haselnüsse das Aroma. Denn die „nocciole“ gehören ebenfalls zu den kulinarischen Spezialitäten des Piemont, zu dessen Territorium ein Teil des Lago Maggiore gehört. Auch Ravioli aus Kastanienmehl mit Ricotta und Salsiccia bereichern die Speisekarten, ebenso wie Kastanien-Tagliatelle mit Steinpilzen oder „pollo con castagne“, mit Kastanien und Steinpilzen gefülltes Huhn. Überhaupt gehen Kastanien und Steinpilze, ein weiterer kulinarischer Schatz der Lago-Maggiore-Region, im Herbst unschlagbare Allianzen ein.
Geht es um Süßspeisen, macht die piemontesische Küche auch schon mal Anleihen jenseits der Grenze. Die historische Beziehung zu Frankreich wirkt eben auch in der Küche nach. „Montblanc“ heißt die Kalorienbombe aus Kastanien, Rum, Kakao und Sahne, die gerade im Herbst manchmal auch in Restaurants am Lago Maggiore angeboten wird. Ein „Dolce“, das man in dieser Zeit überall in der Region in unterschiedlichen Variationen findet, ist die „torta di castagne“ – Kastanienmehlkuchen, der mit Marmelade gefüllt oder mit frischen Früchten serviert zum Gaumenschmaus wird.
Wandern und feiern
Den Beweis, dass Süßes auch richtig gesund sein kann, treten die Imker der Region mit ihrem Kastanienhonig an. Antibakteriell, entzündungshemmend, wirksam gegen freie Radikale – all das wird dem Honig nachgesagt. „Miele di castagne“, den bernsteinfarbenen Kastanienhonig, kann man überall in der Region auf Wochenmärkten oder direkt bei den Imkern kaufen. (Mehr zum Thema Honig vom Lago Maggiore )
Wer sich an herbstlichen Wäldern und erhebenden Weitblicken erfreuen und vielleicht auch selbst Esskastanien sammeln möchte, dem bieten sich am See und im Hinterland unzählige Wege und Touren an. Auf Maultierpfaden, über die Menschen und Tieren in nicht-motorisierten Jahrhunderten Waren aller Art befördert, lässt es sich heute gut wandern. Die Pfade führen im Hinterland des großen Sees durch Felder, Wälder und Kastanienhaine. Sie verbinden den Lago Maggiore mit den Dörfern in entlegenen Tälern und den Alpenpässen im Grenzgebiet zur Schweiz.
Der Herbst bietet sich nicht nur zum Wandern, sondern zum Feiern an. „Sagra“ heißen in Italien die traditionellen Dorffeste, bei denen gekostet, gekauft und geschlemmt werden kann. Corona geschuldet sind die Veranstaltungskalender immer ausgedünnt. In Massino Visconti, so viel steht fest, wird man der Edelkastanie 2022 aber wieder ein Fest widmen. Am ersten Wochenende im Oktober lädt der kleine Ort in der südlich vom Lago Maggiore gelegenen Provinz Novara zur „Sagra della Castagne“ ein.
Weitere Informationen: www.visit-lakemaggiore.com