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Der Körper vergisst nicht- wie das Schmerzgedächtnis entsteht


26. November 2013, 14:09
PRESSEMITTEILUNG/PRESS RELEASE

Die Entstehung des Schmerzgedächtnisses ist ein komplexer, andauernder und häufig nicht eindeutig definierbarer Prozess. Am Anfang stehen häufig starke, akute Schmerzreize, die bei unzureichender Behandlung Spuren im Nervensystem hinterlassen können – sowohl im Rückenmark als auch im Gehirn.

Solche lang anhaltenden Veränderungen oder Schmerzspuren machen nozizeptive Nervenzellen empfindlicher für Schmerzreize. Dies kann sich klinisch als krankhaft gesteigerte Schmerzempfindlichkeit (Hyperalgesie), als Schmerzauslösung durch normalerweise harmlose, nicht schmerzhafte Reize (Allodynie) oder als spontane Schmerzen äußern.

SCHMERZEN ALS WARNSIGNAL - AKUTE SCHMERZEN
Akute Schmerzen haben ihren biologischen Sinn darin, (potentiell) gewebeschädigende thermische, chemische oder mechanische Reize zu erkennen und zu vermeiden. Dazu besitzt unser Körper spezielle Nervenzellen, die sich mit ihren Ausläufern in der Haut, den Muskeln, Gelenken, Blutgefäßen und inneren Organen befinden – die sogenannten Nozizeptoren.

Wenn ein Reiz, z.B. am Knie oder Rücken, stark genug ist, werden elektrische Signale entlang dieser Nozizeptoren zum Rückenmark geleitet. Dort wird das Signal an einer Übertragungsstelle, der Synapse, in den chemischen Botenstoff (Neurotransmitter) Glutamat, umgewandelt. Das Glutamat wird, neben anderen Neurotransmittern, an der Synapse in den sogenannten synaptischen Spalt entlassen. Diesen überwindet das freigesetzte Glutamat, bindet an spezielle Rezeptoren der benachbarten Nervenzelle und löst in dieser wieder ein elektrisches Signal aus.

Durch den ständigen Wechsel zwischen elektrischem und chemischem Signal, gelangt die Information schließlich in ein Netzwerk vieler Nervenzellen. Diese Netzwerke können klein, auf das Rückenmark beschränkt sein und sind z.B. für den schnellen Wegziehreflex verantwortlich. Nervenzellen mit langen Fortsätze können dagegen verschiedene Hirnregionen erreichen. Hier angelangt wird das Signal u.a. mit den Gedächtnisinhalten verglichen, emotional gefärbt und mittels der Großhirnrinde mehr oder weniger stark als Schmerz wahrgenommen. Eine große Rolle bei dieser Wahrnehmung spielen dabei u.a. Tageszeit, Laune, Wetter und Schlaf. Je nach Schmerzstärke folgen körperliche Reaktionen – man flüchtet und vermeidet den Schmerz. Der gesamte Vorgang dauert dabei nur ein Bruchteil einer Sekunde.

Die Weiterleitung von Informationen im schmerzverarbeitenden System unseres Körpers ist keine Einbahnstraße. So kontrolliert das Gehirn durch Nervenzellen mit langen Fortsätzen ins Rückenmark die Übertragung bereits auf Rückenmarksebene (absteigende Modulation). Dieses System ist ständig aktiv und wird besonders in Gefahrensituationen zusätzlich aktiviert. Bei Menschen mit chronischen Schmerzen ist dieser Mechanismus gestört.

WIE WERDEN SCHMERZEN CHRONISCH UND WIE ENTSTEHT EIN SCHMERZGEDÄCHTNIS?
Wir haben gesehen, welche wichtige Funktion akute Schmerzen haben. Auch nach der Gewebeschädigung, z.B. nach einem Knochenbruch, Schnitt oder einer Verbrennung, spielen Schmerzen eine Rolle. Jeder hat schon einmal erlebt, dass die betroffene Stelle für eine Zeit schmerzempfindlicher ist – man spricht von einer primären Hyperalgesie. Hinzukommt, dass sowohl umliegende Bereiche schmerzempfindlicher werden (sekundäre Hyperalgesie) als auch, dass Reize als schmerzhaft wahrgenommen werden, die es normalerweise nicht sind (Allodynie). Diese Prozesse führen dazu, dass wir die betroffene Stelle schonen und damit die Heilung unterstützen. Sowohl die sekundäre Hyperalgesie, als auch die Allodynie folgen aus funktionellen und strukturellen Lernprozessen im schmerzverarbeitenden System unseres Körpers. Die zellulären Mechanismen die dabei wirken, entsprechen denen von Lernen und Gedächtnis im Gehirn. Am besten untersucht sind diese Lernprozesse im Rückenmark. Vieles von dem, was wir heute über diese Prozesse wissen, stammt dabei aus Experimenten an Ratten und Mäusen. Wird ein Informationsweg über eine Synapse häufig verwendet (z.B. bei anhaltendem Schmerz), verändert sich diese Synapse: sie wird größer und die Übertragung funktioniert effektiver. Es entsteht eine Spur im schmerz-verarbeitenden System. Neurowissenschaftler bezeichnen diesen Vorgang als Langzeitpotenzierung. Eine Schlüsselrolle spielen Calcium-Ionen, die den Umbau der Synapse steuern. Die Spur setzt sich bis ins Gehirn fort und kann mit modernen bildgebenden Verfahren sichtbar gemacht werden – es entsteht ein Schmerzgedächtnis. So können nach 3 – 6 Monaten aus akuten Schmerzen über die Zeit chronische Schmerzen werden. Diese lösen sich dann oft von ihrer ursprünglichen Quelle und auch ohne Reiz erfolgt ein Signal an das Gehirn. So entstehen z.B. dauerhafte Schon-/Fehlhaltungen und Bewegungsarmut beim Patienten, obwohl kein schädigender Reiz vorliegt. In der Folge kann es zu Fehlbelastungen in anderen Bereichen des Muskel-Skelett-Systems kommen, die dann ihrerseits zu Schmerzen führen. Hinzukommt, dass sich ausgehend von der ursprünglichen Quelle die Veränderungen im schmerzverarbeitenden System ausbreiten. Die Folge: der ganze Körper wird schmerzempfindlicher. Dies fördert eine Bewegungsarmut und damit u.a. psychosoziale Faktoren von Schmerzen. Beispielsweise geht der Betroffene weniger aus und vernachlässigt damit möglicherweise seine sozialen Kontakte. Die Spirale sich gegenseitig verstärkender Faktoren dreht sich.

Mit der Chronifizierung ist die ursprüngliche Warnfunktion der Schmerzen verloren gegangen und sie werden zu einer eigenständigen Krankheit. Die gute Nachricht dabei: man kann dieses Schmerzgedächtnis auch wieder löschen, ganz ähnlich wie man den Ort, an dem man seinen Schlüssel abgelegt hat, vergessen kann. Das haben wissenschaftliche Arbeiten z.B. nach einem Gelenkersatz bereits gezeigt. Die Small Fiber Matrix Stimulation nutzt Erkenntnisse und Techniken aus der Grundlagenforschung der Neurobiologie, um aktiv die synaptische Übertragung in Richtung einer normalen Schmerzwahrnehmung zu bringen. Zusätzliche Entspannungs- und Bewegungstraining, sowie psychotherapeutische Maßnahmen helfen, die erlernten Verhaltens- und Bewegungsmuster zu durchbrechen. Dazu braucht es die richtige Motivation und Disziplin.

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