Wie sehen die Motive der Chefs und Personalverantwortlichen aus Sicht der Anbieter jedoch tatsächlich aus? – Die neue dostal-Studie beantwortet diese Frage über eine bundesweite Online-Umfrage von 517 Anbietern aller Größenordnungen aus insgesamt 16 Märkten des Ersten Gesundheitsmarktes (Gesundheitssystem „Gesetzliche Krankenversicherung“) und des etwa halb so großen Zweiten Gesundheitsmarktes („Anbieter, deren Gesundheitsleistungen vom Verbraucher bzw. den Betrieben selbst bezahlt werden müssen.“).
Nach dieser aktuellen Untersuchung sind die Motive für den Einsatz von BGM-Maßnahmen recht deutlich von der Unternehmensgröße abhängig (Tabelle 1). Insgesamt wird die Reduzierung der von den Ärzten festgestellten und festgelegten Arbeitsunfähigkeitszeiten (AU-Zeiten) von allen Unternehmensgrößen als wichtigstes/wichtiges wirtschaftliches Motiv genannt. Bei kleinen Betrieben mit bis zu 20 Mitarbeitern liegt an erster Stelle jedoch das viel weitreichendere Motiv „Beitrag zum Risikomanagement“.
In Deutschland gibt es rd. 3,71 Mio. Unternehmen. Davon beschäftigen etwa 13.000 Unternehmen mehr als 249 Mitarbeiter. Der Rest von 3,7 Mio. Betrieben, auch kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) genannt, beschäftigen weniger Mitarbeiter. Diese entsprechen immerhin rd. 60 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Allein gute 3,3 Mio. Unternehmen beschäftigen weniger als 10 Mitarbeiter.
Das Motiv „Steigern der Attraktivität als Arbeitgeber“ spielt nur bei den etwa 60.000 Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern eine Rolle (Rang 2). Das Thema „Motivation“ nimmt allgemein nur einen Mittelplatz ein. Die Mitarbeiterbindung, die Reaktion auf eine älter werdende Belegschaft und das Thema Kostensenkung sind dagegen relativ unbedeutend (Ränge 4 und 5). Dies findet dahingehend seine Erklärung, dass bei größeren Unternehmen die älteren Mitarbeiter z.B. ab 45 Jahren auch die teuersten sind: Ein 50Jähriger „kostet“ den Großunternehmen durchschnittlich das Doppelte als einetwa 30 Jähriger. Plausibel, dass man die älteren Mitarbeiter deshalb gerne in den Vorruhestand schickt und auf Zuwanderung junger Menschen spekuliert. Bei Kleinstunternehmen spielt das keine Rolle, da dies häufig die Inhaber bzw. Familienangehörigen, mit denen „alles steht und fällt“, selbst sind - und die arbeiten häufig bis zum 70. Geburtstag (mit).
Eine Zusammenfassung der Einzelmotive nach den unterschiedlichen Blickwinkeln „hart“ und „weich“ zeigt, dass sich Kleinunternehmen stärker auf „harte“ konzentrieren. Größere Unternehmen dagegen deutlich auf „weiche“ Kriterien. Da kleine Unternehmen hinsichtlich ihrer Personalkapazitäten und finanziellen Budgets deutlich eingeschränkter sind als mittlere und größere Unternehmen sind krankheitsbedingte Ausfälle hier schwerer zu verkraften. Plakativ ausgedrückt könnte man formulieren, dass BGM hier aus der Alltagsnot heraus eingesetzt wird, während größere Unternehmen BGM zur Gestaltung der Unternehmenszukunft unter Nutzung der gesetzlichen Spielräume (z.B. Einsatz verstärkter Frühverrentungen) nutzen.
Demzufolge wird z.B. der Einstieg über ein gesamthaftes BGM-Konzept von den Anbietern vor allem für größere Unternehmen als erfolgversprechend gesehen (Tabelle 2). Dies überrascht kaum, da in diesen Unternehmensgrößen per se häufiger mittel- oder langfristige – durchaus eben eher „weiche“ – Konzepte das unternehmerische Handeln bestimmen. Allerdings werden auch Einzelprojekte zur Sensibilisierung des Führungskreises sowie der Mitarbeiter durchaus als Einstieg vorgeschlagen.
Für den Einstieg bei kleinen Betrieben mit bis 20 Mitarbeitern wird dagegen primär der Einstieg über „aktuelle Brennpunkte“ empfohlen. Damit wird gleichzeitig eine Brücke zum eher „harten“ Ri-sikomanagement geschlagen. Bei Kleinunternehmen mit bis 20 Mitarbeitern zählen aber auch Einzelprojekte zur Mobilisierung der Mitarbeiter, der Einstieg über Sport- und Bewegungsangebote und Aktionen mit Erlebnis-Charakter als erfolgreiche Einstiegsaktionen.
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