Wegen der schwächelnden Konjunktur rechnen Kreditversicherer im nächsten Jahr mit einem deutlichen Anstieg der Firmenpleiten in Deutschland. „Die Zahl der Unternehmens- insolvenzen dürfte im kommenden Jahr erstmals seit der Finanzkrise wieder anwachsen“, prognostiziert Thomas Langen, Vorsitzender der Kommission Kreditversicherung Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Vor allem bei Automobilunternehmen und deren Zulieferern seien die Risiken groß. „Die Automobilwirtschaft hat sich vom Zugpferd der deutschen Wirtschaft zum Motor des Abschwungs entwickelt“, beobachtet Langen. Das wirke sich auch negativ auf eng mit der Autoindustrie verflochtene Branchen aus, wie etwa Chemie, Metall oder Maschinen- und Anlagenbau. Der Strukturwandel erfordere hohe Investitionen, während der weltweite Absatz sinke. Für die Kreditversicherer bedeutet diese Entwicklung, dass sie für so viele Zahlungsausfälle geradestehen müssen wie seit Jahren nicht mehr. Nach Hochrechnung des GDV müssen die Warenkredit- und Kautionsversicherer in diesem Jahr für Schäden von fast 900 Millionen Euro aufkommen. Das entspreche einer Steigerung von mehr als 60 Prozent.
KREDITVERSICHERER DECKEN VIELE AUSFALLRISIKEN AB
„Der Welthandel stagniert, das Wachstum in Deutschland schwächelt und die Zahlungsmoral sinkt“, analysiert Langen. Infolge der wirtschaftlichen Probleme könnten demnach viele Firmen ihre Rechnungen nur noch verspätet, oder gar nicht mehr zahlen. Gleichzeitig deckten die Kreditversicherer in diesem Jahr so viele Ausfallrisiken ab wie nie zuvor: Die Deckungssumme stieg dem Verband zufolge um zwei Prozent auf 495 Milliarden Euro. Der größte Teil davon entfällt dabei mit 430 Milliarden Euro auf Warenkreditversicherungen. Diese schützen Lieferanten, falls ein Abnehmer seine Rechnung nicht bezahlen kann oder will. Hinzu kommen 65 Milliarden Euro aus Kautionsversicherungen. Sie übernehmen für ihre Kunden Garantien und Bürgschaften zur Sicherung vertraglicher oder gesetzlicher Pflichten. Die Warenkredit- versicherer spielen damit vor allem im Einzelhandel und im internationalen Handel eine wichtige Rolle.
Zuletzt traf es häufig auch namhafte und große Unternehmen: In den ersten neun Monaten des Jahres 2019 zählte der weltweit führende Kreditversicherer Euler Hermes 27 Pleiten von deutschen Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 19 Fälle gewesen, also 42 Prozent weniger. „Besonders viele große Insolvenzen gab es im bisherigen Jahresverlauf im Handel sowie in der Automobilindustrie, dem Dienstleistungssektor sowie Metall-, Textil- und Energiebranche“, analysiert Ron van het Hof, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz. So meldeten auch bekannte große Unternehmen wie unter anderem Loewe, Kettler oder Beate Uhse bereits zum zweiten Mal Insolvenz an. Und zu den nach Umsatz größten Insolvenzen in den ersten neun Monaten 2019 zählten Unternehmen wie beispielsweise das Windenergie-unternehmen Senvion und der Automobilzulieferer Eisenmann, der Buchgroßhändler Koch, Neff & Volkmar (KNV), die Fluggesellschaft Germania oder das Modeunternehmen Gerry Weber. Und im vierten Quartal 2019 mussten Thomas Cook oder Condor Insolvenz anmelden.
„Das wirklich dramatische an diesen großen Insolvenzen ist der Dominoeffekt auf viele Unternehmen in der gesamten Lieferkette“, warnt van het Hof. „Nicht selten werden sie dabei mitgerissen und geraten selbst in den Abwärtssog, der im schlimmsten Fall ebenfalls in der Pleite endet“.
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