Die Klägerin hatte bei der DAB-Bank 2005 über die Accessio Wertpapierhandelshaus AG ein Tagesgeldkonto angelegt. Der deutlich über dem Marktzins liegende Zinsertrag war an einen Depotvertrag gebunden. Accessio und die DAB-Bank vereinbarten, dass die Bank nur den marktüblichen Zins zahlt und der Differenzbetrag vom Wertpapierhandelshaus übernommen würde. Dadurch definiert sich klar und deutlich das Ziel der Accessio AG: die Tagesgeldkunden möglichst schnell aus diesem für sie verlustreichen Geschäft in komplexere Finanzinstrumente zu überführen und dafür Provisionen zu erzielen.
Die Klägerin ließ sich überreden und kaufte diverse Finanzmarktprodukte im Wert von knapp 50.000 Euro, die sie später nur mit hohen Verlusten wieder verkaufen konnte. Daher forderte sie Schadensersatz von der DAB-Bank in Höhe von 46.000 Euro. Mit dieser Forderung konnten sich das Landgericht Itzehoe und das OLG Schleswig nicht anfreunden, so dass der Gang nach Karlsruhe angetreten werden musste.
Hier wurde entschieden, dass sich das OLG nochmals und mit erweiterten Fragestellungen der Sache anzunehmen habe. Ein Schadensersatzanspruch gegen die DAB-Bank wegen fehlerhafter Anlageberatung bestehe zwar nicht, weil es nicht zu den Sorgfaltspflichten einer Direktbank gehöre, ihre Kunden über das Risiko von Anlagen zu informieren. Das dem Kunden nähere Unternehmen, also in diesem Fall die Accessio AG, hätte diese Beratung vornehmen müssen. Ein Schadensersatzanspruch könne sich aber auch daraus ableiten, dass die Bank im Wissen um die Falschberatung ihre Kunden hätte warnen müssen.
Man gab dem OLG Schleswig insofern recht, als dass zwischen einem Kapitalanleger und einer Direktbank, die ausdrücklich allein sogenannte Execution-only-Dienstleistungen als Discount-Brokerin anbietet, im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften grundsätzlich kein stillschweigend geschlossener Anlageberatungsvertrag zustande kommt. Eine Zurechnung etwaiger Beratungsfehler eines vom Kapitalanleger mit seiner Beratung beauftragten selbstständigen Wertpapierdienstleistungsunternehmens über § 278 BGB scheidet in der Regel aus, weil die Beratung nicht zum Pflichtenkreis, einer solchen Direktbank gehört. Allerdings kann auch für den Execution-only-Dienstleister eine haftungsbewehrte Warnpflicht als so genannte Nebenpflicht nach § 241 Abs. 2 BGB bestehen, wenn die kundenfernere Direktbank die tatsächliche Fehlberatung des Kunden bei dem in Auftrag gegebenen Wertpapiergeschäft entweder positiv kennt oder wenn diese Fehlberatung aufgrund massiver Verdachtsmomente objektiv evident ist. Heißt: Die DAB-Bank musste nach Meinung des BGH von der fehlerhaften Beratung gewusst haben und sei daher verpflichtet gewesen, den Kunden aufzuklären.
Dr. Thomas Meschede, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht von mzs Rechtsanwälte aus Düsseldorf: "Mit der BGH-Entscheidung vergrößert sich der Kreis, der für einen Kapitalverlust zuständigen Verantwortlichen. Aus Sicht des Anlegerschutzes ist das ein sehr zu begrüßendes Urteil!"
Das Berufungsgericht hatte die Behauptung der klagenden Anlegerin, die Bank habe um die systematische Falschberatung der Accessio AG gewusst, nicht verhandelt. Daher hob der BGH das Berufungsurteil der OLG Schleswig auf und gab es an dieses zurück. Hier werden nun die von der Klägerin genannten Zeugen gehört werden müssen, bevor es zu einem neuen Urteil kommt.
Urteil vom 19. März 2013 - XI ZR 431/11
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