München/Karlsruhe, 22. Juli 2010 – Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in der mündlichen Verhandlung vom heutigen Tage klargestellt, dass es in verjährungsrechtlicher Hinsicht keine grobe Fahrlässigkeit eines Anlegers darstellt, wenn sich dieser auf die mündliche Darstellung des Anlagevermittlers verlässt und die mündlich erteilten Auskünfte des Anlagevermittlers nicht in einem Emissionsprospekt überprüft.
Der Bundesgerichtshof hat am heutigen Tage über die nach erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde eingelegte Revision gegen die abweisende Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 19.02.2009 verhandelt (Az.: 12 U 140 / 08).
Das Brandenburgische Oberlandesgericht hatte in zweiter Instanz die Klage des von der Kanzlei CLLB Rechtsanwälte vertretenen Anlegers wegen angeblicher Verjährung zurückgewiesen. Der Anleger machte Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung / Anlagevermittlung im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds an der Falk Beteiligungsgesellschaft 73 GmbH & Co. KG geltend, weil er über die Verlustrisiken dieser Beteiligung nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden sei.
Die Verjährung der Schadensersatzansprüche hat das Brandenburgische Oberlandesgericht damit begründet, der Anleger hätte bereits bei Zeichnung der Beteiligung grob fahrlässig nicht erkannt, dass er fehlerhaft beraten wurde. Der Anleger hätte jedenfalls bei Vertragsunterzeichnung den Beteiligungsprospekt erhalten, so das Brandenburgische Oberlandesgericht, weshalb eine mühelose Kenntnisnahme der in dem Prospekt dargestellten Risiken jederzeit ohne weiteres möglich gewesen wäre.
Dies umso mehr, als der Anleger alleine aufgrund der mündlichen Anpreisungen des Anlagevermittlers in erheblichem Umfang in eine unternehmerische Beteiligung investiert habe. Zudem habe der Anleger sowohl in einer Beitrittserklärung als auch in einer zusätzlich zu unterzeichnenden Informationsbestätigung schriftlich bestätigt, den Inhalt des ihm übergebenen Prospektes zur Kenntnis genommen zu haben.
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs erteilte mit dieser wichtigen Entscheidung der Auffassung vieler Oberlandesgerichte, in einer derartigen Fallkonstellation müsse der Anleger den Emissionsprospekt durchlesen, eine deutliche Absage und hat in diesem Zusammenhang sogar offen gelassen, ob es eine für den Beginn der Verjährung ohnehin nicht ausreichende einfache Fahrlässigkeit darstellt, wenn sich der Anleger auf die mündlichen Ausführungen des Anlagevermittlers verlässt.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, so Dr. Henning Leitz von der Kanzlei CLLB Rechtsanwälte mit Sitz in München, Berlin und Zürich, bringt nun endlich Klarheit in diese seit Jahren umstrittene Rechtsfrage und ist sehr zu begrüßen, da dadurch die Anlegerrechte erheblich gestärkt werden.
Der Bundesgerichtshof schiebt damit der allzu leichtfertigen Annahme einer Verjährung von Schadensersatzansprüchen, nur weil Anleger die mündliche Darstellung von Anlageberatern / Anlagevermittlern nicht anhand des Prospektes kontrollieren und in Zeichnungsscheinen eine Bestätigung über die Kenntnisnahme des Prospektinhalts / der Risiken unterzeichnet haben, einen Riegel vor.
Pressekontakt: Dr. Henning Leitz, CLLB Rechtsanwälte, Liebigstr. 21, 80538 München
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