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Wohnungseigentümer: Vorsicht bei der Entlastung des Verwalters


26. April 2010, 13:23
PRESSEMITTEILUNG/PRESS RELEASE

Eine unüberlegte Entlastung des Wohnungseigentumsverwalters kann schwerwiegende Folgen für das Vermögen der Eigentümergemeinschaft haben. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs macht Schluss mit der bisher weit verbreiteten Praxis der Buchung von fiktiven Beträgen beim Nachweis der Instandhaltungsrücklage. Die Jahresabrechnungen für Wohnungseigentümer müssen ab sofort die tatsächliche Höhe der Instandhaltungsrücklage und die tatsächlichen Einnahmen und Auszahlungen erkennen lassen.

Zur Zeit finden überall in Deutschland die gesetzlich vorgeschriebenen jährlichen Wohnungseigentümerversammlungen statt. Die Hausverwalter müssen die Abrechnungen für das vergangene Jahr vorlegen und die Wohnungseigentümer darüber abstimmen lassen. Viele Verwalter haben dieses Jahr bei der Abrechnungserstellung jedoch eine Schwierigkeit:

Der Bundesgerichtshof (BGH V ZR 44/09) hat klar gestellt, dass eine Abrechnung nur dann den gesetzlichen Anforderungen entspricht, wenn die Eigentümer die wirkliche Vermögenslage der Wohnungseigentümergemeinschaft erkennen können. Insbesondere muss die tatsächlich angesparte Instandhaltungsrücklage klar für jeden Eigentümer erkennbar und ihre Entwicklung muss anhand von realen Zahlen nachvollziehbar sein.

„Eigentlich ist das eine Selbstverständlichkeit“, so Diplom-Kauffrau Martina C. Oswald vom Netzwerk dieWohnungseigentümer.de. „Wie alle anderen Vermögensverwalter müssen auch Wohnungseigentumsverwalter die tatsächliche Höhe des verwalteten Vermögens kennen und jederzeit darüber Rechenschaft legen können. Eine angemessene Instandhaltungsrücklage ist gesetzlich vorgesehen und dient dazu, ein finanzielles Polster für große oder unvorhergesehene Reparaturen am gemeinschaftlichen Eigentum zu schaffen. Eine lediglich theoretisch vorhandene Instandhaltungsrücklage ist völlig nutzlos.“

In Verwalterkreisen hat die Entscheidung des Bundesgerichtshofs hohe Wellen geschlagen. Bereits kurz nach Bekanntwerden des Urteils wurden Tagungen und Seminare organisiert, in denen die Entscheidung des Bundesgerichtshofs und die Auswirkungen für die Verwalterpraxis besprochen wurden.

Hintergrund ist zum Einen, dass zu erwartende kostenträchtige Beschlussanfechtungen durch Wohnungseigentümer wegen fehlerhafter Jahresabrechnungen möglichst vermieden werden sollen. Zum Anderen dürften einige Verwaltungen erhebliche Probleme haben, den wirklichen Stand der Instandhaltungsrücklage zu ermitteln, nach dem jahrelang mit fiktiven Zahlenwerken gearbeitet wurde.

„Gerade aufgrund der nunmehr klaren Vorgaben des Bundesgerichtshofs und möglicher Umstellungsschwierigkeiten sollten die Wohnungseigentümer insbesondere bei den aktuellen Jahresabrechnungen darauf achten, dass Sie ihre Verwaltung und auch ihren Verwaltungsbeirat nicht vorschnell entlasten“, rät Martina C. Oswald. „Es ist damit zu rechnen, dass mögliche Versäumnisse der Verwaltung in der Vergangenheit jetzt offensichtlich werden, weil nun die tatsächlichen Zahlen auf den Tisch gelegt werden müssen.“

Eine kritische Situation auch für die Verwaltungsbeiräte: Sie müssen die Abrechnungen überprüfen und notfalls beanstanden. Der BGH hat auch entschieden, dass die Entlastung von Verwaltungsbeiräten rechtswidrig ist, wenn die von ihnen geprüfte Abrechnung fehlerhaft ist und geändert werden muss.

Häufig formulieren die Verwalter die Beschlussanträge so, dass mit dem Beschluss über die Jahresabrechnung gleichzeitig die Entlastung der Verwaltung für das vergangene Geschäftsjahr erfolgt. „Eine Verwaltungspraxis, die lediglich den Verwaltungen nutzt und die gute Wohnungsverwalter nicht nötig haben. Eine Verwaltung hat keinen gesetzlichen Anspruch darauf, entlastet zu werden. Ich empfehle Wohnungseigentümern, wenn möglich auf den Entlastungsbeschluss zu verzichten,“ so Martina C. Oswald. „Geht das nicht, weil man sich beispielsweise beim Abschluss des Verwaltervertrages zur Entlastung der Verwaltung verpflichtet hat, sollte man dafür sorgen, dass die Beschlussfassungen über die Jahresabrechnung und über die Entlastung von Beirat und Verwaltung getrennt werden.“

Vielfach ist den Wohnungseigentümern auch die Tragweite einer Entlastung des Verwalters nicht bewusst: Mit einer Entlastung verzichten die Wohnungseigentümer beispielsweise auf Ersatzansprüche und auf weitere Auskünfte und Erklärungen zu Vorgängen des Zeitraums, für den die Entlastung ausgesprochen wurde.

Insbesondere bei der anstehenden Jahresabrechnung, bei der aufgrund der neuen BGH-Rechtsprechung sowohl mit Umstellungsschwierigkeiten wie auch mit erhöhtem Klärungsbedarf gerechnet werden muss, wäre es daher unklug, die Verwaltung vorschnell zu entlasten. Die vorgelegten Jahresabrechnungen sollten einer genauen Überprüfung unterzogen werden. Abrechnungen, die entgegen dem BGH-Urteil noch fiktive (SOLL-)Beträge enthalten, sind fehlerhaft und daher anfechtbar.

Pressekontakt:
Martina C. Oswald
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