Der Lombardei im Norden Italiens haftet selbst unter Landeskennern oftmals der Ruf einer „Durchreiseregion“ an. Häufig beherrscht das Bild von Industrie- und Finanzkonzernen die allgemeine Vorstellung. Kilometerlange Fahrradwege entlang einer Vielzahl an Wasserläufen können diese Betrachtungsweise allerdings schnell ins Wanken bringen. Allein eine Tour durch den Norden der Provinz Cremona mit Sehenswertem wie dem Flusspark Parco dell’Oglio Nord und Städten wie Soncino oder Crema fördert zutage, dass auch die Lombardei eine „grüne Seele“ hat und reich an natürlichen, kulturellen und gastronomischen Schätzen ist.
Der nördliche Teil der Provinz Cremona wird im Allgemeinen auch „Cremasco“ genannt. Das hier in den letzten Jahren entstandene Radwegenetz geht maßgeblich auf einen speziellen Plan zur Aufwertung und zum Schutze des hiesigen Landraumes zurück, an dessen Umsetzung sich sowohl öffentliche Verbände als auch private Personen beteiligen. Besagtes Projekt steht in Zusammenhang mit dem europäischen Landentwicklungs-Programm FEARS 2007-2013. Der bislang realisierte Ausbau des Fahrradwegenetzes dient nicht nur zur touristischen Erschließung des „Cremasco“, sondern ist auch als strategisch äußerst wichtiges Verbindungsstück zwischen weiteren Radwegenetzen der Provinzen Mantova, Brescia, Bergamo und Mailand zu betrachten. Aufgrund der Schlüsselposition im Zentrum der lombardischen Region ist es durchaus möglich, dass die Errichtung der „Itinerari Cremaschi“ darüber hinaus den Impuls für den Ausbau einer langen Fahrradstrecke von Mailand bis hin zur Mündung des Flusses Oglio in den breiten Strom Po gibt. Damit aber wären dann zwei Fahrrad-Hauptachsen der Lombardei miteinander verbunden: der Kanalweg im Umkreis von Mailand und die Strecke Brescia-Mantova.
Das kleine Agrar- und Handelsstädtchen Soncino, ganz im Osten des „Cremasco“ ist ein idealer Ausgangspunkt für eine Tagestour per Fahrrad durch das Gebiet. Bevor man sich auf den Sattel schwingt, empfiehlt sich jedoch zunächst ein Rundgang durch eines der interessantesten historischen Stadtzentren der Lombardei. Eindrucksvoll erhebt sich am Rande die Rocca Sforzesca, eine hervorragend erhaltene Burg aus dem 15. Jh. Ebenso lohnt das Druckereimuseum Museo della Stampa einen Besuch, schließlich wurde in Soncino einst eine der ersten Druckereien Italiens gegründet.
Von hier aus ist es lediglich ein Katzensprung in den nahe gelegenen Flusspark „Parco dell’Oglio Nord“. Dieser reicht vom Lago d’Iseo – aus dem der Fluss Oglio austritt – bis hin nach Gabbioneta und Ostiano und ist hervorragend mit dem Fahrrad zu erkunden. Ungestüm fließt das Wasser durch sein Flusstal, der Blick fällt auf eine abwechslungsreiche Vegetation. Vor allem im Winter bietet der Park vielen Vogelarten eine Heimstatt. Wer eine kleine Pause einlegen möchte, sollte einen der zahlreichen Agriturismi aufsuchen, die sich entlang des Flusslaufes angesiedelt haben. In rustikaler Umgebung kann man so bestens die traditionelle Küche genießen.
Fährt man hingegen von Soncino aus in westliche Richtung, trifft man nach knapp 20 km auf die Stadt Crema. Die neu ausgebaute Fahrradstrecke führt größtenteils an Kanälen entlang, mitunter sonnenbeschienen, mitunter im kühlen Schatten großer Bäume. Obwohl Crema geografisch sehr viel näher an Mailand als an Venedig liegt, befand es sich über mehrere Jahrhunderte hinweg unter venezianischer Herrschaft. Zahlreiche Bauten verdeutlichen diesen Einfluss. Der Dom dagegen ist im Stil der lombardischen Gotik gehalten, zwischen 1284 und 1341 wurde er errichtet.