Bornheim, 28. Januar 2021. Die erste Covid-19-Welle traf Aus- und Weiterbildung mit unterschiedlicher Wucht. Die klassischen Fernunterricht- oder Blended-Learning-Anbieter waren wenig betroffen. Lediglich die ergänzenden Präsenzseminare mussten virtualisiert werden. Auch Unternehmen und Organisationen, welche die Digitalisierung im Weiterbildungsbereich schon lange vor Covid-19 systematisch auf- und ausgebaut hatten, konnten rasch und zielgerichtet auf die Veränderungen reagieren. Doch viele Aus- und Weiterbildungsakteure sowie viele freiberufliche Trainerinnen und Trainer traf der erste Lockdown mit voller Wucht. Plötzlich war man gezwungen, unvorbereitet in das Abenteuer „Digitale Aus- und Weiterbildung“ einzusteigen.
Zwei digitale Formate erwiesen sich als Retter in der Not. Zum einen entdeckte man Webinare als gute Möglichkeit, klassisches Präsenzlehren zu virtualisieren. Zum anderen stieg man ein in die Videoproduktion: Trainerinnen und Trainer, Lehrerinnen und Lehrer, Dozentinnen und Dozenten bannten ihr Wissen auf Videos, die dann über Lernplattformen, Websites, YouTube und Co. bereitgestellt wurden. Weitere digitale Lernformate wurden aus Zeitgründen gar nicht oder nur rudimentär angegangen.
Das Vorgehen war verständlicherweise weder strategisch noch didaktisch-methodisch ausgefeilt. Es galt, sich irgendwie über Wasser zu halten. Entsprechend sind die meisten Webinare und viele Lernvideos qualitativ mittelprächtig bis schlecht. Dies ist in Notzeiten wie in der Covid-19-Pandemie verständlich. Hier gilt: Schnelligkeit vor Qualität. Doch was kommt nach Covid-19? Wird man wieder zu den alten reinen Präsenzmethoden zurückkehren, oder wird sich etwas nachhaltig verändern?
Die Digitalisierung von Aus- und Weiterbildung ist ein wichtiger Baustein des digitalen Wandels. Die Covid-19-Pandemie hat nun sehr deutlich gemacht, welche enormen Chancen in der digitalen Aus- und Weiterbildung liegen. Doch nach einem Jahr zeigen sich auch die Risiken: Trotz höherer Aufwände bei der Erstellung digitaler Lernmedien können die Lernergebnisse hinter denen des Präsenzlernens zurückbleiben. Allerdings – den Grund hierfür in der Digitalisierung von Aus- und Weiterbildung allgemein zu suchen, greift zu kurz. Mit dieser Denkweise wäre eine Rückkehr zur guten, alten Präsenzlehre und damit zu einem Ausbremsen der Digitalisierung die Konsequenz.
Um aus der digitalen Notlösung und den in der Pandemie gemachten Erfahrungen eine Erfolgsgeschichte zu machen, müssen konkrete Maßnahmen getroffen werden:
•Es muss eine Digitalstrategie für Aus- und Weiterbildung entwickelt oder eine vorhandene Strategie überarbeitet werden. Damit gelingt es, die aus der Not geborenen Ansätze zu strukturieren und auf ein Ziel auszurichten.
•Das Weiterbildungspersonal benötigt umfassende digitale und didaktisch-methodische Kompetenzen. Es geht darum, digitale Lernformate und Weiterbildungen wie z.B. Blended Learning didaktisch fundiert zu planen und später umzusetzen, Webinare aktivierend und effektiv zu gestalten sowie digitale Lernmedien zielgerichtet zu entwickeln.
•Mitarbeiter und Lernende allgemein sollten beim Einstieg in die digitale Lernwelt unterstützt werden. Es müssen insbesondere Vorgehensweisen entwickelt werden, wie formales und informelles Selbstlernen im digitalen Raum gelingen kann.
Die Aus- und Weiterbildungsverantwortlichen sollten jetzt damit beginnen, eine ehrliche Bestandsaufnahme zu machen. Welche Maßnahmen in der Pandemie waren erfolgreich und warum? Was hat nicht funktioniert und kann wie verbessert werden? Wie können wir die Ergebnisse von Aus- und Weiterbildung durch den Einsatz digitaler Methoden spür- und messbar verbessern? Bei welchen Lerninhalten müssen wir zurück ins klassische Präsenzlernen, wo können wir didaktisch und methodisch exzellente Webinare einsetzen und wo unterstützen uns gut und kreativ gemachte Selbstlernmaterialien? Wie können wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer ergebnisorientiert an das digitale Lernen heranführen?
Diese Fragen gilt es jetzt zu klären. Die Antworten sollten als Grundlage dienen, um eine digitale Aus- und Weiterbildungsstrategie zu entwickeln oder die vorhandene Strategie anzupassen und daraus konkrete Schritte abzuleiten, um die durch Covid-19 gemachten schnellen Erfahrungen in erfolgreiche Weiterbildungsangebote zu überführen.
Während vor einem Jahr Schnelligkeit gefragt war, muss diese Schnelligkeit jetzt mit Qualität ergänzt werden. Organisationen, denen dieses am besten gelingt, werden aus den Covid-19-Erfahrungen „Nektar saugen“ und sich besser für die digitale Zukunft aufstellen als andere.
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