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Der nächste Tsunami in der Finanzwelt rollt bereits


19. Mai 2010, 20:07
PRESSEMITTEILUNG/PRESS RELEASE

Dillingen/Graz (18. Mai 2010) – „Wir haben sehr wenig aus den Fehlern der jüngsten Vergangenheit gelernt. Die von den Politikern geforderten Maßnahmen zur Stützung der Finanzmärkte und zur Stabilisierung der Euro Währung sind zum größten Teil kontraproduktiv.“ Die Analyse des Finanzexperten Martin Theyer zum aktuellen Rettungspaket für den Finanzmarkt gibt sich wenig hoffnungsvoll. Der Buchautor und gefragte Keynote Speaker analysiert an Hand seines im Oktober 2009 veröffentlichten Krisenmodells www.tsunami-modell.info die Wirksamkeit der eingeleiteten Maßnahmen. Er kommt dabei zu einem nüchternen Schluss: „Das von mir entwickelte Tsunami-Modell in der Finanzwirtschaft lässt erwarten, dass die politisch beschlossenen Maßnahmen eher zur Verstärkung der negativen Effekte beitragen. Wir müssen also jederzeit mit einer Verschärfung der Krise rechnen und damit mit weiteren negativen Auswirkungen auf die Realwirtschaft“.
Das Modell Theyers sieht eine unaufhaltsame Kette von Ereignissen in Gang kommen, wenn vier Elemente aufeinander treffen. Durch das Zusammenwirken finanzieller Transaktionen mit der globalen Vernetzung, positiver Rückkoppelung, Innovation und der persönlicher Gier können Fehlentwicklungen beginnen, die, ähnlich einem Tsunami, kaum mehr zu stoppen sind. Mit diesem neuem Ansatz gelingt es dem Finanzexperten, neue Einblicke in die Entstehung von Finanzkrisen zu gewähren und die Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit regulatorischer Maßnahmen objektiver zu beurteilen.
„Verschiedene Aspekte des Bankenstabilisierungspakets, des Konjunkturprogramms sowie des Euro- Rettungspakets sind zwar politisch argumentierbar,“ sagt Theyer www.martin-theyer.com , „sie bergen jedoch die Gefahr, dass damit die Finanzkrise kurz- bis mittelfristig sogar noch verstärkt wird.“ Das Modell des Finanzexperten, der regelmäßig Vorträge bei Firmen und Vorlesungen bei Universitäten und Fachhochschulen zum Thema Corporate Governance hält, zeigt deutlich, dass drei Grundannahmen, auf die sich Finanzwissenschaftler und Politiker bei der Auswahl und Rechtfertigung der gewählten Maßnahmen stützen, so nicht stimmen können:
1. Die These von der unsichtbaren Hand: „Wenn man etwas aus der Krise lernen kann, dann, dass den Finanzmärkten keine selbstständig regulierenden Kräfte innewohnen, die Fehlentwicklungen automatisch stoppen“, so Theyer in seinem Vortrag. Das Tsunami-Modell weist in eine ganz andere Richtung: Durch positive Rückkoppelung und globale Vernetzung kommt es eher zu einer Verstärkung der Fehlentwicklungen, wenn nicht bereits von Anfang an vehement entgegensteuert wird. Daher sollten die politisch Verantwortlichen besser Maßnahmen beschließen, die im Vorfeld Fehlentwicklungen erkennen und stoppen können und die nicht im Nachhinein mit viel Geld und Mühe die entstanden Schäden ersetzen. Dies wurde bis jetzt versäumt.
2. Das Festhalten an der Annahme „to big to fail“ verschärft die Situation: „Wenn Staaten, Firmen oder Banken nicht geordnet in einen Konkurs gehen können, sondern die Verluste sozialisiert werden, gibt es falsche Anreize auf die Finanzmärkte“, ist Referent Martin Theyer überzeugt. „Durch das Element Gier und einen inflationären Einfallsreichtum bei der Neugestaltung von Produkten – eine Verkehrung der positiven Wirkung von Innovationen in ihr Gegenteil – werden viel zu riskante Anlageformen von Bank Managern und Spekulanten gezeichnet“, warnt der Finanz-Experte. „Die Rechnung müssen die Steuerzahler begleichen.“ Viel vernünftiger, als gutes Steuergeld schlechtem Spekulationsgeld nachzuwerfen, wie dies gegenwärtig geschehe, wäre es daher, einen geregelten Prozess für standardisierte Konkursverfahren von Staaten und Banken zu entwickeln und zuzulassen. Dies haben die Politiker und Kontrollorgane in den bis jetzt beschlossen Maßnahmenpaket, auch auf Druck der Finanzinstitute, unterlassen. Theyer: „Ein Fehler, der in Zukunft schwerwiegende Auswirkungen haben kann!“
3. Das Konzept „lender of last resort“ wurde durch die beschlossenen Maßnahmen auf den Kopf gestellt: Damit es zu einem Schuldenabbau und damit zu einer Entspannung an den Finanzmärkten überhaupt kommen kann, müssten nach Theyers Überzeugung eigentlich die Kreditgeber, also Banken, Versicherungen, institutionelle Anleger, zuerst ihr Risiko tragen, z.B. durch Zinsmoratorien bzw. Schuldennachlass („Haircut“). „Wenn auch das noch nicht ausreicht, dann müssen zuerst deren Aktionäre und Großgläubiger das Risiko mit übernehmen“, fordert der Finanzexperte. „Erst danach kann überlegt werden, den Steuerzahler als „lender of last resort“ gegen entsprechende Eigentumsbeteiligung zu verpflichten.“ Die Reihenfolge umzudrehen und von Anfang an den Steuerzahler zur Kasse („lender of first resort“) zu bitten, wie dies nun erfolgt ist, sei „der falsche Ansatz und kommt vor allem den Spekulanten zu Gute“.

Theyers Fazit untermauert Aussagen aus der Finanzwelt, die er in zahlreichen Vorträgen bereits getroffen hat: „Die derzeit beschlossenen Stabilisierungspakete werden nicht zwangsläufig zur Entschärfung der Krise und damit Beruhigung der Finanzmärkte führen. Wir müssen hoffen, dass unsere Politiker und Finanzwissenschaftler nicht einmal sagen müssen: „…nicht stärker zu regulieren, ist ein Fehler gewesen .“1
1 Alan Greenspan bei einer Anhörung in einem Ausschuss des US-Parlaments

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Heinrich Kürzeder
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