Gerade bei besonders grundlegenden und wichtigen Projekten wird mittlerweile durchaus ein hoher Aufwand betrieben, um Veränderungen erfolgreich umzusetzen. Es werden begleitende Maßnahmen geplant und durchgeführt. Die Geschäftsführung und die Projektverant-wortlichen informieren ihre Belegschaft regelmäßig und bieten die Möglichkeit, sich einzubringen und am Prozess zu beteiligen. Und dennoch verläuft die Umsetzung äußerst schleppend. Woran kann das liegen? Wurde etwas übersehen? Wollen die Betroffenen nicht.
Gehen wir davon aus, dass die Belegschaft grundsätzlich veränderungsbereit ist und sich gut informiert fühlt, kann eine Ursache für mangelnden Umsetzungserfolg in den vorhan-denen Strukturen liegen. Strukturen haben den Sinn, ein Unternehmen zu stabilisieren und ein fehlerfreies Funktionieren sicherzustellen. Das ist für den Alltag notwendig und sinnvoll. Bei Veränderungen können diese Strukturen jedoch zum Hindernis werden.
Informationsstrukturen
Betrachten wir das Beispiel der Informationsstrukturen, also der Herausforderung, dass Informationen in der richtigen Form und Qualität zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle im Unternehmen ankommen. In jedem Unternehmen gibt es mehr oder weniger festgelegte Abläufe, Informationswege, Kommunikationsmedien, um genau dies sicherzustellen. Dennoch stellt dies viele Organisationen bereits unter Normalbetrieb vor große Herausforderungen. In Veränderungen verschärft sich die Lage noch: Zum einen werden zusätzlich zum „normalen“ Aufkommen weitere Informationen übermittelt. Für eine saubere Kommunikation innerhalb des Projektmanagements ist es essentiell, dass diese auch in gewünschtem Maße ankommen. Nun kann es also sein, dass die Geschäftsführung und Projektverantwortlichen tatsächlich alle relevanten Informationen in die Organisation geben. Nicht selten gehen diese jedoch in der allgemeinen Flut unter oder bleiben an Engpässen hängen – oftmals an Führungskräften, deren Postkorb grundsätzlich überfüllt ist oder auf Grund von regelmäßigen Meetings, die jedoch nur in großen zeitlichen Abständen stattfinden.
Zum anderen nehmen häufig die agierenden Multiplikatoren Einfluss auf die Qualität der Informationsweitergabe. Schlimmstenfalls kommt es zu unterschiedlichen Informationsständen – je nach Führungskraft bzw. Weg, den eine Information nimmt – und damit zu einem „Hintergrundrauschen“. Fehlen nun auch noch Möglichkeiten zu Rückmeldungen und Rückfragen, sind die Strukturen also streng top-down angelegt, tauschen sich MitarbeiterInnen auf den Fluren aus und machen sich ihr eigenes Bild von der Lage. Die Unsicherheit und die Frustration die hier entstehen, führen nicht selten zu Widerständen gegenüber dem Veränderungsprojekt.
Es macht also Sinn, sich im Zusammenhang mit bestehenden Informationsstrukturen drei zentrale Fragen zu stellen:
1. Sind unsere Informationsstrukturen ausreichend und dazu geeignet, die Veränderung möglichst optimal zu unterstützen?
2. Welche anderen Wege als die bestehenden Strukturen eignen sich dazu, das Projekt zu kommunizieren?
3. Wo müssen bestehende Informations- und Kommunikationsstrukturen vielleicht auch verändert werden?
Ein zweites Beispiel, an dem der Einfluss von bestehenden Strukturen auf den Erfolg von Veränderungsprojekten deutlich wird, ist das der Führungswerkzeuge, wie z.B. der Zielvereinbarungen, und (häufig damit verbundenen) Entlohnungssysteme. Gerade bei tiefgreifenden und komplexen Veränderungsvorhaben passiert es nicht selten, dass Veränderungsziele im Widerspruch zu den bestehenden Ziel- und Entlohnungsstrukturen stehen. So erschwert möglicherweise das Erlernen neuer Arbeitsweisen das Erreichen von Zielvereinbarungen. Ein neu entwickeltes Qualitätsverständnis oder ein Fokus auf Kundenorientierung stehen im Widerspruch zu vereinbarten Quoten- oder Umsatzzielen. Hier entstehen Dilemmata für alle Betroffenen. Für Führungskräfte, nach welchen Kriterien sie ihre Mitarbeiter künftig beurteilen sollen und für die Mitarbeitenden, welches Handeln denn nun das „richtige“ ist. Das alte oder das neue? Im Zweifel siegen in der Regel die bestehenden Strukturen und das, was schwarz auf weiß (z.B. in Form von Zielvereinbarungen) festgehalten wurde.
Bei den hier dargestellten Beispielen wird die Annahme aus der Systemtheorie „Systeme sind stärker als Maßnahmen“ sehr deutlich. Darüber hinaus ließe sich Ähnliches ausführen für die Zusammenarbeit zwischen Bereichen und Führungskräften, für technische Infrastrukturen oder auch die Ressourcenausstattung der Projekte.
Wir gehen davon aus, dass sich bei Veränderungsprojekten immer auch ein Blick auf bestehende Strukturen lohnt. Darauf welche es gibt, wie diese das Neue beeinflussen und umgekehrt von den Veränderungszielen beein-flusst werden. Die folgenden beiden Fragen können bei diesem Thema eine erste Orientierung geben:
1. Berühren unsere Veränderungsziele beste-hende Strukturen, wie zum Beispiel Ziel-vereinbarungen und das Entlohnungssystem?
2. Sind wir bereit, im Sinne des Neuen die bestehenden Strukturen so zu verändern, dass sich keine Dilemmata für die Betroffenen ergeben?
Zum Hintergrund: In dieser Artikel-Reihe stellen wir regelmäßig einen Faktor von Change.QTM vor und erläutern seinen Einfluss auf den Erfolg von Veränderungsprojekten.
Mit Change.Q™ erfassen wir 10 organisationale Faktoren, die unabhängig vom Projektinhalt Einfluss auf den Erfolg und die tatsächliche Umsetzung von (Veränderungs-)Projekten nehmen. Am Ende steht eine Übersicht darüber, welche Faktoren Projektverantwortliche in ihrem Unternehmen im Blick haben sollten, um Veränderungen erfolgreich und nachhaltig umzusetzen und welche sie als Ressourcen in anstehenden Projekte nutzen können. Mehr Infos unter http://www.synetz-cc.de/change-q/