Für alle, die in dieser Materie nicht so involviert sind, ein kleiner Rückblick in das Jahr 1995. Es ist nicht nur wegen der Mode von damals sehenswert, sondern vor allem aufgrund der politisch unterschiedlichen Lage: www.youtube.com/watch?v=ycujqU-BaSM.
Zu heute: Autofahrer in München und Anwohner können aufatmen: Der längste Tunnel „Der Luise-Kiesselbach-Tunnel“ am Mittleren Ring wird am 25. Juli 2015 dem Verkehr übergeben. Endlich.
Kann eine Stadt denn überhaupt noch Infrastrukturprojekte? Ja, sie kann! Aus einer inneren Überzeugung heraus? Nein, leider nicht. Zumindest nicht in diesem Fall. Wir schreiben das Jahr 1995 in München. Es ist die Hochphase einer rot-grünen Stadtpolitik, in der alles, was nur annähernd mit dem Auto zu tun hatte, böse war. Es ist die Zeit von autofreien Innenstädten, Betonpfeilern in Straßen oder Wanderbaumalleen, von allerwildesten Aktionen, um parkende Autos zu verhindern. 28 km Mittlerer Ring im täglichen Dauerstau.
Die Forderung nach drei langen neuen Tunneln und einem kreuzungsfreien Ring gab es schon lange. Wenn es aber nach dem Willen der damaligen Entscheidern im Rathaus gegangen wäre, dann wäre das aber nie umgesetzt worden. 150.000 Autos am Tag auf dem Ring. Kein Problem.
Doch im Herbst 1995 wurde ein neues demokratisches Mittel in Bayern zugelassen, der so genannte Bürgerentscheid. Dieser ermöglichte es den Menschen, einen „Stadtratsbeschluss“ quasi mit einer Bürgermehrheit selbst herbeizuführen. „3 Tunnels braucht der Mittlere Ring“ hieß damals das erste Bürgerbegehren in München. Mit dabei waren Parteien wie die CSU und FDP, die IHK, die Handwerkskammer, die Taxi München eG, der ADAC und einige Bürgerinitiativen. Und natürlich wir von Mobil in München e.V., wie wir damals als ein kleiner örtlicher Verkehrsverein Pro Automobil noch hießen.
Spannend ist es zugegangen in den Monaten der Vorbereitung des Bürgerentscheids. 30.000 Unterschriften hätten wir gebraucht, 100.000 haben wir bekommen. Das hat uns sehr positiv gestimmt. Der damalige Oberbürgermeister Christian Ude von der SPD lehnte das Projekt aus „verkehrspolitischen“ Gründen kategorisch ab, die Grünen waren sowieso dagegen. Es wurde sich in dem „Straßenwahlkampf“ nichts geschenkt. Die Gemüter kochten hoch. Am Sonntag, den 23. Juni 1996 fand dann der Bürgerentscheid statt und es war sehr knapp. Gerade mal 32% der Münchner haben abgestimmt. Mit dem Ergebnis: 50,5% haben für die "3 Tunnels" gestimmt, 49,5% waren dagegen. Eine böse Niederlage für alle Tunnel- und Autogegner. Knapp, aber Mehrheit ist Mehrheit.
Und dann ging es flott los: Erst der Petueltunnel im Münchner Norden (Eröffnung 2002), dann der Richard-Strauß-Tunnel im Münchner Osten (Eröffnung 2009) und jetzt „last but not least“ den Luise-Kiesselbach-Tunnel im Münchner Süden (Eröffnung 2015).
Und die Münchner? Sie rollen nur allzu gern durch diese Tunnel. Denn warum über Ampeln und Kreuzungen quälen, wenn es auch zügiger und umweltfreundlicher geht? Und auch die politische Situation hat sich mit der Eröffnung und täglichen Nutzung der Tunnel derart entspannt, dass man jetzt sogar weitere Tunnel am Mittleren Ring bauen will. Das wäre vor 20 Jahren noch undenkbar gewesen. Es zeigt aber auch, wie wichtig es ist, an solchen sonntäglichen Abstimmungen teilzunehmen. Letztlich war es 1% oder rund 1.000 Stimmen, die hier den Ausschlag für ein Milliarden-Infrastrukturprojekt gegeben haben.
„Wir von Mobil in Deutschland e.V. sind froh, damals einen wertvollen Beitrag zum Bau der Tunnel geleistet zu haben. Was wohl München heute ohne diese Tunnel wäre? Wir wollen uns das gar nicht vorstellen. Aber eines muss klar sein: In einer Stadt, die wächst wie keine andere in Deutschland, darf man sich nicht auf einem Bestand ausruhen. Das ist leider immer die Gefahr in München, immer erst dann zu handeln, wenn es lichterloh brennt. München braucht mindestens 2 weitere Tunnel am Mittleren Ring und auch endlich den Autobahnringschluss und zwar bevor unsere wunderschöne Stadt 2 Millionen Einwohner hat. Die Menschen sind auf Mobilität angewiesen. Auf den öffentlichen Verkehr genauso wie auf das Auto. Eine Stadt wie München sollte sich hier keiner einseitigen Entwicklung verschreiben. Mobilität ist ein sehr wichtiges Grundbedürfnis“, so Dr. Michael Haberland, Präsident von Mobil in Deutschland e.V.
Alle weiteren Informationen zu uns und unseren Services finden Sie wie immer online unter www.mobil.org.