"Scheint der Fragebogen auf den ersten Blick noch eine gute Idee zu sein, um eine schnelle unbürokratische Lösung zu erreichen, entpuppen sich bei genauerem Hinsehen erhebliche Fallstricke, die Anleger beim unbedachten Ausfüllen ihre Schadensersatzansprüche kosten könnten oder zumindest deren Durchsetzung erheblich erschweren könnten" berichtet Rechtsanwalt Thorsten Krause, Partner der Kanzlei KAP Rechtsanwälte.
Über 20 Fragen - Hinweise auf kritische Details
Bereits die ersten Fragen gehen - anders als die Überschrift vermuten lässt - in Details, die unter anderem bei einer gerichtlichen Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen entscheidend sein könnten. "Auffällig ist, dass Fragen gestellt werden, die aus unserer Erfahrung durch Clerical Medical bereits selbst beantwortet werden könnten. Zu befürchten ist aus unserer Sicht, dass das kein Zufall ist" fasst Rechtsanwalt Krause zusammen.
Besonders kritisch sollten Anleger die Frage 13. beäugen. Während Frage 12 zu beantragten oder geänderten Auszahlungen noch relativ harmlos erscheint (auch wenn die CMI nach Erfahrungen der Rechtsanwälte auch diese Frage ohne weiteres durch einen Blick in ihre Unterlagen selbst beantworten könnte), ist Frage 13 nach den Gründen der Änderung von Auszahlungen aus Sicht von KAP Rechtsanwälte kritisch. "Eine Reihe der Fragen zielen nach unserer Ansicht hauptsächlich darauf ab, den Anlegern Antworten zu entlocken, die Clerical Medical bzw. deren Rechtsanwälte zur Argumentation nutzen könnten, die Schadensersatzansprüche seien bereits verjährt" erklärt Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht Anja Appelt, ebenfalls Partnerin der Kanzlei KAP Rechtsanwälte. "Im Gerichtsverfahren wären die Antworten auf diese Fragen übrigens von der CMI nachzuweisen, wäre es da nicht praktisch, wenn der Anleger die Antworten schon „freiwillig“ herausgibt?" fügt Appelt hinzu.
Auswirkungen der BGH Urteile
Dass CMI mit dem Fragebogen auch praktisch sämtliche Unterlagen des Anlegers zu dessen Anlage und die Beratungsunterlagen des Vermittlers haben möchte, fällt vor diesem Hintergrund schon beinahe nicht mehr auf. Das „Kleingedruckte“ am Ende des Fragebogens lässt auch erahnen, wozu der Fragebogen letzten Endes gedacht sein könnte. Dort soll der Anleger bestätigen, dass CMI z.B. mit der finanzierenden Bank, dem Vermittler oder „jedem Dritten, der ein berechtigtes Interesse hat“ Kontakt aufnehmen kann und die Angaben aus diesem Kontakt und dem Fragebogen „auch für Verwaltungs-, Gerichts- oder ähnliche Verfahren“ nutzen kann. Verfahren also, in welchen es auf kleinste Nuancen in der Formulierung der Antworten auf die angesprochenen Fragen ankommen dürfte. Wahrscheinlich wird mit den nun gestellten Fragen auf die Auswirkungen der BGH-Urteile gegen Clerical Medical reagiert, da diese der CMI eine deutlich höhere Beweislast auferlegen, wobei Antworten auf die gestellten Fragen für CMI hilfreich sein können.
Von der Rücksendung des Fragebogens raten KAP Rechtsanwälte ihren Mandanten ausdrücklich ab.
Generell sollte bei der Auseinandersetzung mit der Clerical Medical – gerade wenn es wie häufig um erhebliche Summen geht – ein auf diesem Gebiet erfahrener Rechtsanwalt eingeschaltet werden, der die Verhandlungen führt und die „Stolpersteine“ kennt.