In der betrieblichen Altersvorsorge sind Altersgrenzen von erheblicher Bedeutung. An ihnen bestimmt sich, ab welchem Zeitpunkt ein Versorgungsanspruch besteht. Zur Berechnung, ob sich der Abschluß eines Vertrages zur Altersvorsorge wirtschaftlich lohnt, ist dies, nach Auffassung des Rentenberaters Martin Ziemann, ein entscheidender Punkt.
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Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 15.02.2012 (3 AZR 11/10) entschieden, dass ein Gleichlauf zwischen gesetzlicher und betrieblicher Rente erreicht werden soll. Vertragsvereinbarungen mit Hinweis auf das 65. Lebensjahr sind so zu verstehen, dass auf die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung Bezug genommen wird.
Anders ausgedrückt: Altersleistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung, die abstrakt zum 65. Lebensjahr zugesagt wurden, müssen nun erst mit Erreichen des Regeleintrittsalters von 67 Jahren gezahlt werden.
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DIE REGELALTERSGRENZE WURDE IN GUTEN UND SCHLECHTEN ZEITEN BEREITS MIT 65 LEBENSJAHREN ERREICHT
Die heutige Regelaltersgrenze mag befremdlich wirken. Denn bereits seit dem Jahr 1911 (für Angestellte) und seit dem Jahr 1916 (für Arbeiter) galt die Regelaltersgrenze von 65 Lebensjahren. Mit dem Rentenversicherungs-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 wurde dann aber beschlossen, die Regelaltersgrenze auf das 67. Lebensjahr anzuheben. Die Maßnahme wird damit begründet, dass die Lebenserwartung auch zukünftig weiter steigen würde.
Dieses Urteil ist durchaus umstritten. Kritiker vertreten die Auffassung, dass damit quasi rückwirkend Vertragsmodalitäten geändert wurden. Im Betriebsrentengesetz (BetrAVG)wurde im Jahr 2007 die Formulierung “Vollendung des 65. Lebensjahres” durch den Begriff “Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung” ersetzt.
Sicherlich wurde vor dem in zahlreichen Vorsorgevereinbarungen eher abstrakt auf die Altersgrenze von 65 Lebensjahren hingewiesen. Jedoch galt diese beinahe 100 Jahre lang als verlässliche Grenze.
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DIE FINANZIERUNGSGRUNDLAGEN SOLLEN GESTÄRKT WERDEN …
Jedenfalls dient das Altersgrenzenanpassungsgesetz ausdrücklich auch der Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der Deutschen Rentenversicherung (Bundesgesetzblatt Jahrgang 2007, Teil I Nr. 16, 30.04.2007).
Deshalb drängen sich Parallelen zum Lebensversicherungsreformgesetz auf. Mit dem Gesetz zur Absicherung stabiler und fairer Leistungen für Lebensversicherte (Lebensversicherungsreformgesetz – LVRG) vom 01. August 2014 (Bundesgesetzblatt Jahrgang 2014, Teil I Nr. 38, 06.08.2014) soll die Leistungsfähigkeit der Lebensversicherungen in Deutschland gesichert werden. Für Versicherte bedeutet dies, dass ab dem Jahr 2016 kein Mindestzins mehr vorgegeben wird. Die finanziellen Auswirkungen berühren jedoch auch Altverträge.
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SIND VERTRÄGE ZUR ALTERSVORSORGE SICHER VOR KÜNFTIGEN GESETZESÄNDERUNGEN?
Den Gesetzesbegründungen zufolge geht es darum, die finanziellen Grundlagen beider Versicherungsarten sicherzustellen. Offenbar ist dies sowohl bei der gesetzlichen Rentenversicherung (sogenannter Generationenvertrag) als auch bei Einrichtungen betrieblicher Altersvorsorge (Kapitaldeckungsverfahren) erforderlich.
Allerdings waren die finanziellen Grundlagen in den zurückliegenden einhundert Jahren zu keinem Zeitpunkt zweifelsfrei sicher. Ganz sicher nicht in Zeiten der Hyperinflation und Währungsreformen der zwanziger und vierziger Jahre. Erst im Jahr 2007 war es dann offenbar unumgänglich erforderlich, dass Renteneintrittsalter heraufzusetzen. Zwischenzeitlich werden sogar Stimmen laut, die Regelaltersgrenze über das 70. Lebensjahr hinaus anzuheben.
Gerne wird mit dem sogenannten demografischen Wandel (längere Lebenserwartung) argumentiert. Tatsache ist, dass die nach Ende des II. Weltkrieges geborenen Jahrgänge das Rentenalter noch nicht erreicht haben. Eben jene Jahrgänge, deren durchschnittliche statistische Lebenserwartung nicht durch Tod infolge Kriegsereignisse und hohe Säuglingssterblichkeit beeinflusst wird. Insoweit ist es Spekulation, ob die zukünftigen Rentnergenerationen älter werden als die heutigen.
Es ließe sich im Weiteren darüber streiten, ob eine Zunahme der Geburten zur Sicherung des Rentensystems beiträgt. Denn es ist keineswegs sicher, dass jedes Neugeborene künftig in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis tätig sein wird. Dies ist aber eine wesentliche Voraussetzung, dass Einzahlungen in die Rentenkasse erfolgen.
Deshalb beruht es nicht auf spekulativen Annahmen, wenn man davon ausgeht, dass weitere Heraufsetzungen der Regelaltersgrenze stattfinden werden. Jedenfalls werden in einem überschuldeten Staat die Finanzierungsgrundlagen der öffentlichen Rentenversicherung immer stärkungsbedürftig sein. Die gesetzliche Begründung zur Rentenanpassung sollte sich finden lassen.
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BETRIEBLICHE ALTERSVERSORGUNG – WAS IST BEIM VERTRAGSABSCHLUSS ZU BEACHTEN?
Abstrakte Formulierungen lassen sich oftmals durch ausdrückliche Vereinbarungen ersetzen. Jedenfalls sollten Vertragswerke auf auslegungsfähige Bedingungen hin überprüft werden. Dabei ist es zunächst nachrangig, welcher der fünf steuerbegünstigten Durchführungswege
1. Direktversicherung
2. Pensionskasse
3. Pensionsfonds
4. Unterstützungskasse
5. Pensionszusage
ins Auge gefasst wird.
Konkrete, schriftlich festgehaltene Abreden – insbesondere Altersgrenzen und Auszahlungszusagen betreffend – schützen am ehesten vor einer Interpretation der Vertragsbedingungen. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung, dass sich die private Altersvorsorge auch wirklich rechnet. Zu bedenken sind im Weiteren steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Aspekte. Wie sich diese künftig auswirken, lässt sich jedoch heute nicht mit Bestimmtheit sagen.