Direkt zum Inhalt
Lexport

Anwaltskanzlei

Digitales Testament: Realität oder Illusion?


27. August 2018, 19:45
PRESSEMITTEILUNG/PRESS RELEASE

In der Politik ist von einem „Weltmeisterplan für Digitalisierung“ (Christian Lindner, FDP, in „portal liberal“, 01.09.2017) die Rede; digitale Bildung und die Vermittlung digitaler Fertigkeiten sind in aller Munde. Wie sieht es damit beim Testament aus? Ist ein digitales Testament rechtsgültig?

"Nach den gesetzlichen Vorgaben muss ein Testament zu seiner Wirksamkeit entweder zur Niederschrift eines Notars oder durch eine vom Erblasser abgegebene Erklärung errichtet werden", so Rechtsanwältin Karin M. Schmidt.

Wie eine vom Erblasser "abgegebene Erklärung" auszusehen hat, bestimmt § 2247 BGB: „eigenhändig geschrieben und unterschrieben“. Aber was bedeutet das genau?

Hierzu Karin M. Schmidt: "Die elektronische Unterschrift ist heute nach dem Gesetz der eigenhändigen in den meisten Fällen gleichgestellt, nicht so jedoch beim Testament, denn hier geht es im wahrsten Sinne des Wortes um Alles oder Nichts. Die Eigenhändigkeit soll zweifelsfrei sicherstellen, wer der Verfasser ist, um (Ver-)Fälschungen auszuschließen. Da die Merkmale der Handschrift bei jedem Menschen individuell sind, gegebenenfalls mittels Sachverständigengutachten."

Können die modernen elektronischen Schreibhilfen, wie ein Touchscreen-Stift oder ein digitaler Eingabestift, diese Voraussetzungen erfüllen? Dazu muss man sich beide Schreibgeräte genauer ansehen:

Der Touchscreen-Stift hat eine weiche Spitze, um damit statt auf Papier auf dem berührungsempfindlichen Bildschirm eines Smartphones oder Tablets zu schreiben, ohne Kratzer zu hinterlassen.

Damit müssten doch alle gesetzlichen Vorgaben erfüllt sein oder nicht?

Das Problem ist, sagt Karin M. Schmidt, dass die Schriftsetzung zwar höchst-persönlich und hand-schriftlich erfolgen könne, man aber keine physische Urkunde erhalte, sondern nur ein digitales Textdokument; das sei jedoch veränderbar. Damit sei keine (Ver-)Fälschungssicherheit gegeben, wie es Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ist.

Wie sieht es beim digitalen Eingabestift aus?

Der digitale Eingabestift, auch Smartpen genannt, ist ebenfalls ein Stift, der auf Digitalpapier mit spezieller Beschichtung wie ein gängiger Kugelschreiber funktioniert: das Geschriebene wird von der integrierten Infrarotkamera erfasst und digital an eine App per Bluetooth oder USB-Schnittstelle gesandt.

Mit Computer oder Mobile Devices kann der digitale Inhalt in Computerschrift umgewandelt und weiter verarbeitet werden. Man hat hier also eine fälschungssichere Urschrift, anders als beim Eingabestift. Zusätzlich erhält man noch ein digitales Dokument.

Das digitale Dokument wird rechtlich als Kopie eingeordnet, worauf Karin M. Schmidt hinweist, und eine Testamentskopie als Erbnachweis könne ausnahmsweise zulässig sein, wie das OLG Köln in seinem Beschluss vom 2.12.2016 – 2 Wx 550/16 - bereits entschieden hat.

Dennoch, sagt Karin M. Schmidt, ist Vorsicht geboten, jedenfalls dann, wenn Digitalpapier zum Einsatz kommt, da dessen Haltbarkeit zum Problem werden kann. Und das digitale Dokument als "Kopie" führt zu Beweisschwierigkeiten, wie der Beschluss des OLG Köln zeigt. Es gebe jedoch auch Eingabestifte für Normalpapier; dann habe man im Ergebnis eine eigenhändige, unverfälschte Urschrift wie mit jedem anderen Schreibgerät auch.

Zusammengefasst lasse sich sagen, dass es zur Anerkennung eines nur als digitales Dokument vorliegenden Testaments -bei Verwendung eines Touchpen- einer Änderung der bestehenden Gesetzeslage bedürfe, die aber noch nicht in Sicht sei. Schwierigkeiten bestünden vor allem im Hinblick auf die technischen Mittel, um eine Fälschungssicherheit zu gewährleisten.

Über Rechtsanwältin Karin M. Schmidt
Frau Rechtsanwältin Karin M. Schmidt studierte nach einer Banklehre in Freiburg im Breisgau und absolvierte ihr Referendariat am Landgericht Freiburg mit Wahlstation in San Francisco (USA). Sie ist seit 1996 in eigener Kanzlei mit dem Schwerpunkt Erbrecht und Vermögensnachfolge tätig. Zudem berät sie mittelständische Unternehmen in den Bereichen Arbeitsrecht, Gesellschafts- und Handelsrecht sowie Vertragsrecht.

Kontakt:

Lexport- Älter werden mit Recht
Rechtsanwältin Karin M. Schmidt
Emil-Gött-Straße 6
D-79102 Freiburg im Breisgau
Baden-Württemberg
Deutschland

Tel. +49 (0)761/704 388 60
E-Mail: @email
Web: https://lexport.de

Bildnachweis:
Ricardo Gomes Angel via unspleash.com

Kontakt
Karin M. Schmidt
0761 704 388 60