Seitdem wähnen wir uns in Sicherheit – eine Sicherheit freilich, die trügerisch ist; denn der Meeresspiegel steigt und Stürme und extreme Wetterverhältnisse nehmen zu; nur durch stetige Verbesserungen im Küstenschutz können wir einen gewissen Standard an Sicherheit bewahren – aber wie lange noch?
Die aktuelle Ausstellung im Biohotel Miramar in Tönning, die den ganzen Winter über zu sehen ist, wirft einen – durchaus mahnenden – Blick auf die Auswirkungen von Sturmfluten im 20. Jahrhundert in dieser Region.
Die erste Bilderserie zeigt Aufnahmen aus dem Jahr 1936 und dokumentiert Sturmfluten auf Nordstrand und in der Husumer Bucht. Die Fotos stammen vom Rungholt-Entdecker Andreas Busch, dessen Nachkommen heute in Tönning leben.
Busch fand 1921 bei einer seiner vielen Wattwanderungen rund um Nordstrand, Pellworm und die Hallig Südfall freigespülte Schleusenreste. Er ordnete sie dem sagenhaften Rungholt zu. Diese Funde waren der Auftakt für die Entdeckung vieler weiterer Siedlungs- und Kulturspuren sowie einer Fülle von Aufsätzen und Dokumentationen über das historische Rungholt.
Die Archäologie und Erforschung seiner Heimat blieb seine Leidenschaft – fast 50 Jahre lang. Bei jedem Wetter war er unterwegs; er hinterließ einen umfangreichen fotografischen Nachlass, der sich heute im NordseeMuseum-Nissenhaus, Husum, befindet. Daraus wurden für diese Ausstellung einige historische Aufnahmen von der Sturmflut 1936 ausgewählt.
Der zweite Ausstellungsabschnitt, der auch der umfangreichste ist, zeigt Fotografien aus Tönning und Umgebung, die alle während und nach der Jahrhundertflut von 1962 aufgenommen wurden. Die Fotodokumentation zeigt die überschwemmte Innenstadt und die Deichbrüche im Umland.
In der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 1962 bewegte sich ein Sturmtief bei Island auf die Nordseeküste zu. Es sollte die größte Sturmflut des 20. Jahrhunderts an der deutschen Nordseeküste werden. An über 60 Stellen brachen die Deiche, das Hochwasser drang bis in die Innenstädte von Hamburg und Bremen vor. Mehr als 300 Menschen fanden den Tod. Die Schäden und Verluste am gesamten Deichverlauf der Nordseeküste waren verheerend.
Die entfesselten Naturgewalten drückten auch die Eider nach Tönning hinein; die Häuser am Hafen und in niedrig gelegenen Straßen wurden überflutet; das Wasser stieg in nie erreichte Höhen, überschwemmte sogar Teile des Marktplatzes.
Diese Katastrophe war schließlich Auslöser dafür, den Küstenschutz zu optimieren. Dies führte nicht nur zu neuen Entwässerungsmethoden und Deicherhöhungen, sondern schließlich auch zum Bau des Eidersperrwerks. 1973 wurde es fertig gestellt und bietet bis heute dem Binnenland und den Anwohnern rund um die Eider und Eidermündung Schutz vor weiteren Überflutungen.
Die historischen Aufnahmen wurden von der Gesellschaft für Tönninger Stadtgeschichte e.V. zur Verfügung gestellt.
Ergänzt wird die Ausstellung durch einen Exkurs zur Geschichte der Sturmfluten vom Mittelalter bis in die Neuzeit sowie durch einige zeitgenössische Farbfotografien von Martin Stock, der bekanntlich die Landschaft des Nationalparks Wattenmeer wie kaum ein anderer in ihrer unglaublichen Vielfalt und steten Wandelbarkeit in seinen Bildern einfängt. Die ausgewählten Arbeiten zeigen passend zum Thema ebenfalls die stürmische, raue Seite des „Blanken Hans“.
Ausstellungsdauer: bis März 2012
Öffnungszeiten: tägl. 8.00 Uhr bis 23.00 Uhr.
Biohotel Miramar, Westerstr. 21, 25832 Tönning, Tel.: 04861-9090,
http://www.biohotel-miramar.de