Wer bei einem Nachfolgeprozess diesen Faktor leichtfertig vernachlässigt, riskiert u.a. innere Kündigung oder gar eine existenzbedrohende Fluktuation und vermeidbare Wertevernichtung im großen Stil.
Stuttgart, 18.05.2015 - Auf Unternehmensnachfolge spezialisierte Berater und Wirtschaftsprüfer gibt es zuhauf, und wer sich selbst in die betriebswirtschaftliche Thematik einlesen möchte, findet dazu reichlich Fachliteratur. Wie geht man aber in dieser Situation mit den betroffenen Mitarbeitern des Unternehmens um? Mit Ihren Erwartungen, Befürchtungen oder Ängsten?
Obwohl die Mitarbeiter gerne als das wichtigste Kapital des Unternehmens bezeichnet werden, erhalten sie in diesem Veränderungsprozess oft die geringste Aufmerksamkeit. Die Ansätze der Berater orientieren sich überwiegend an steuerlichen, rechtlichen und finanzwirtschaftlichen Aspekten.
Wir sehen die Unternehmensnachfolge auch als einen tiefgreifenden sozialen und kulturellen Veränderungsprozess. Darin geht es sowohl um den Erhalt von Traditionen und Werten, als auch um Innovation und Veränderung. Entscheidend für den erfolgreichen Übergang ist hierbei die richtig Balance zwischen diesen auf den ersten Blick als gegensätzlich erscheinenden Pole.
Das vorliegende Interview verdeutlicht, das die Regelung der Unternehmensnachfolge eines der wichtigsten unternehmerischen Projekte ist, das hohe Anforderungen an die Veränderungskompetenz aller Betroffenen und Beteiligten stellt. Ein externer Berater muss dabei neben seinem Fach-und Erfahrungswissen zur Nachfolge, über umfangreiche Projekt- und Change Management–Kompetenzen verfügen.
Das Gespräch führte Christian Eichhorn, Inhaber von Mensch & Wandel, mit Prof. Dr. jur. Klaus Weber, Gesellschafter der Ebner Stolz Partnerschaft mbB Wirtschaftprüfer Steuerberater Rechtsanwälte mit den Tätigkeitsschwerpunkten Nachfolge, Familienunternehmen und Umstrukturierungen.
Mensch & Wandel ist ein mittelständisches Beratungsunternehmen mit Sitz in Stuttgart. Das Unternehmen unterstützt Organisationen und Menschen, Verbesserungen dauerhaft umzusetzen und Sicherheit um Umgang mit Veränderungen zu gewinnen.
Auszug Interview:
C. EICHHORN: In der Ausgabe 02/2014 Ihres Kundenmagazins „Forecast“ wird Unternehmensnachfolge prozessorientiert als Projekt mit 4 Phasen (Analyse, Konzeption, Umsetzung, Übergang) beschrieben. Wo sehen Sie dabei Ansatzpunkte für das Change Management?
PROF.K.WEBER: Für mich liegt der wesentliche Ansatzpunkt bei der Phase „Übergang“. Die Phasen vor dem Übergang beziehen sich auf die Strukturierung des Prozesses, wann übergeben werden soll, wie übertragen werden soll, Ausgestaltung der Verträge, etc... Wenn alles steht und die Verträge unterzeichnet sind, kommt es zur Übertragung und der Junior übernimmt seine neue Rolle im Unternehmen. Dann beginnt die neue Zeitrechnung und macht erforderlich, dass die kommende Phase im Rahmen des Change-Prozesses entsprechend begleitet wird. Dann erst stehen die Mitarbeiter und die Kunden vor der neuen Situation, usw....
C. EICHHORN: Erleben Sie weibliche Unternehmensnachfolge in Bezug auf Akzeptanz als problematischer als im Falle einer männlichen Nachfolge? Statistisch gesehen treten deutlich weniger Töchter die Nachfolge an.
PROF.K.WEBER: Aus meiner Erfahrung heraus kann ich das Ungleichgewicht der Geschlechter bestätigen. Ich erlebe es eher selten, dass eine weibliche Nachfolge zustande kommt. Natürlich spielen da auch Aspekte der Vereinbarkeit Familie und Unternehmensführung mit rein. Ich kenne aber auch Fälle aus meiner eigenen Praxis, die rund laufen. Haben sich diese Frauen in ihrer Rolle eingefunden, und diese manchmal auch erkämpft, wie zum Beispiel in der typischen Männerdomäne Maschinenbau, ist Akzeptanz kein Thema mehr.
C. EICHHORN: Ein Paradebeispiel hier ist sicherlich die Familie Leibinger der Trumpf Gruppe mit Dr. phil. Nicola Leibinger-Kammüller als Vorsitzende der Geschäftsführung. Was kann man von diesem Fall lernen?
PROF.K.WEBER: Wir haben es hier mit einer hervorragend vorbereiteten, taffen Unternehmertochter zu tun, die schon frühzeitig eine entsprechende berufliche Laufbahn eingeschlagen hat. Wie schon gesagt – hier handelt es sich um ein Paradebeispiel. Grundsätzlich ist es noch immer so, dass Frauen sich mehr beweisen müssen und einen Tick mehr Leistung erbringen müssen, um sich hier zu behaupten.
C. EICHHORN: Jetzt machen wir einen Sprung: Viele erfolgreiche Innovationen entstehen aus Anpassung und Modellierung bestehender Geschäftsmodelle. Wann ist im Rahmen einer Übernahme der richtige Zeitpunkt für eine Veränderung des bestehenden Geschäftsmodells?
PROF.K.WEBER: Ein gutes Unternehmen befindet sich meiner Meinung nach in einem ständigen Veränderungsprozess, unabhängig von einer Unternehmensübergabe. Diese stellt eigentlich nur eine besondere Form der Veränderung dar. Nehmen wir als Beispiel das Heidenheimer Unternehmen Voith. Voith leidet unter der Digitalisierung und der damit verbundenen Flaute beim Geschäft mit Papiermaschinen. In der Folge musste der Geschäftsbereich daher radikal umgebaut werden und in Deutschland wurden hunderte Stellen gestrichen.
Das zeigt, viele Unternehmen engagieren sich nur noch in den Themen Entwicklung und Innovation, da nachher die technische Umsetzung und Produktion in Deutschland schlichtweg unrentabel ist. Das nur als Beispiel für Prozesse, durch die im laufenden Geschäftsbetrieb radikale Veränderungen erfolgen.
Um wieder auf das Thema Nachfolge zurückkommen: Genau darin liegt das Problem. Der Senior war vielleicht die letzten Jahre nicht mehr an Innovationen und Veränderungen interessiert. Dann tritt der Junior mit all seinen Ideen und Vorhaben in das Unternehmen ein, geht das Thema Controlling ziel-und gewinnorientierter an, fördert rentable Bereiche und stößt unrentable Bereiche ab. Das führt dann meist zu Unsicherheit der Mitarbeiter und zwangsläufig auch oftmals zu Entlassungen.
Und dann befinden wir uns wieder mitten im Change Management, denn diesen Prozess muss ich, im Interesse der gehenden und erst recht der verbleibenden Mitarbeiter, professionell begleiten lassen.
C. EICHHORN: Hier nochmal zurück zum richtigen Zeitpunkt: Was empfehlen Sie: Veränderungen frühzeitig anzupacken oder zunächst einmal im Unternehmen ankommen und zu einem späteren Zeitpunkt mit den Veränderungen ansetzen?
PROF.K.WEBER: Für mich ist frühzeitig anzupacken auf jeden Fall die bessere Entscheidung! Ich empfehle hier immer eine klare Linie und einen klaren Einschnitt, der dann auch direkt mit der Person des Nachfolgers in Verbindung gebracht wird.
C. EICHHORN: Gibt es aus Ihrer Sicht kritische, nicht wirtschaftliche Erfolgsfaktoren, die wir hier noch nicht besprochen haben?
PROF.K.WEBER: Ja, die sehe ich im Bereich der Unternehmenskultur bei der Werteorientierung. Ein Nachfolger sollte sich bewusst machen: Was sind die Werte und die Kultur dieses Unternehmens? Daraus formt sich das eigene Bewusstsein für das, warum ich was als Unternehmer mache. Ich muss die Erwartungshaltung der Stakeholder kennenlernen, also der Mitarbeiter, Kunden, Zulieferer und Anderer, die wiederum wichtiges Kriterium für Steuerungsaktivitäten ist. Werte und Kultur haben bei Familienunternehmen meist einen hohen Stellenwert.
Ende Auszug Interview.
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