Energieminister Gabriel möchte mit der Ausschreibung von Projekten zur Steigerung von Energieeffizienz und der Bildung von Energieeffizienz-Netzwerken die Lücken beim CO2-Ausstoß füllen – bei der Union und der Wirtschaft trifft er hier auf Gegenwehr.
Die Einführung eines wettbewerblichen Ausschreibungsmodells werde gezielt Energieeffizienz-Maßnahmen fördern, so die Idee des Wirtschafts- und Energieministers. Nach der Vorgabe eines Hauptziels sollen kleinere Ziele und Aufgaben formuliert werden, die es möglichst günstig und qualitativ hochwertig umzusetzen gilt. Ergebnis sollen „neue Geschäftsmodelle und innovative Produkte“ sein, „mit denen die deutsche Wirtschaft auf den Weltmärkten punkten kann“. Neben einem neuen Gebäudesanierungs-Programm und einer Energieeffizienz-Strategie für Gebäude fordert Gabriel de Facto die Wirtschaft dazu auf, 500 Energienetzwerke zu gründen, die gemeinsame Energiesparziele vereinbaren und sich bei der Umsetzung dieser Vorgaben unterstützen sollen.
Unternehmen setzen auf freiwillige Selbstverpflichtung
Die deutsche Wirtschaft reagierte mit einem Gegenvorschlag auf die Pläne. Statt gesetzlicher Regelungen setzt sie auf Selbstverpflichtung. Nach der Vorstellung der Unternehmen würden sich in den Energieeffizienz-Netzwerken bis zu 7500 Betriebe für mehr Effizienz und Klimaschutz engagieren. Allerdings solle es weder obligatorische Verpflichtungen noch Strafen für das Verfehlen der gesetzten Ziele geben. Lediglich eine schriftliche Vereinbarung solle getroffen werden, die der Industrie zusätzliche Einsparungen von 5 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 vorgebe. Unterstützung dürfte die Wirtschaft von Unionspolitikern bekommen, die in einem offenen Brief Kritik an Gabriels Plänen äußerten. „Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass es in dieser Legislaturperiode keine Verschärfung von ordnungsrechtlichen Vorgaben geben soll.“ Die Pläne und Regelungen müssten folglich auf Freiwilligkeit beruhen.
Ungenutztes Potenzial bei der Energieeffizienz enorm
Die Fachverbände reagierten hingegen positiv auf Gabriels Pläne. „Die steuerliche Förderung für energetische Modernisierungen war längst überfällig“, lobte Christian Noll, Geschäftsführer der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz. Franzjosef Schafhausen, Abteilungsleiter für Klimaschutz im Bundesumweltministerium, hatte schon im Juni erklärt, energieeffiziente Unternehmen könnten ein Viertel der CO2-Einsparlücke schließen. Nach Berechnungen des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung (Frauenhofer ISI) könnten Unternehmen mit der Umsetzung aller rentablen Maßnahmen jährlich rund 23 Millionen Tonnen Kohlendioxid einsparen. Da Deutschland derzeit droht, seine selbst gesetzten Klimaziele um fünf bis acht Prozent zu verfehlen, nimmt Energieeffizienz einen wichtigen Baustein im Aktionsplan Klimaschutz des Umwelt- und Wirtschaftsministeriums ein. Im Rahmen dieses Maßnahmenbündels setzt Wirtschafts- und Energieminister Gabriel auf eine Stärkung der Energieeffizienz statt auf die Zwangsabschaltung veralteter Kohlekraftwerke, die seit Jahren die Klimabilanz der Bundesrepublik nach unten ziehen.
Investitionen in Energieeffizienz lohnen sich
Obwohl die Motive für die vermehrte Aufmerksamkeit für Energieeffizienz fragwürdig erscheinen, ist die plötzliche Hinwendung zu dem vernachlässigten Thema zu begrüßen. Schließlich schlummert gerade hier angesichts steigender Strompreise ein großes Einspar- und Effizienzpotenzial, das ausgenutzt werden muss, um die künftige Versorgung mit erneuerbaren Energien zu vereinfachen. Die Anreize zur Gebäudesanierung und Modernisierung sind derzeit sowohl für private Verbraucher als auch für die Wirtschaft jedoch so gering, dass viele vor den anfänglichen Modernisierungskosten abgeschreckt werden. Lediglich 23 Prozent der deutschen Unternehmen setzen bislang auf ein betriebliches Energiemanagement. Laut der Bundesnetzagentur lauert allein bei Informationstechnologie, Beleuchtung und Wärmeerzeugung ein Einsparpotenzial zwischen 70 und 80 Prozent. Berechnungen Eberhard Jochems, Effizienzexperte am Fraunhofer ISI, zufolge müssten die Unternehmen bis 2020 rund 15 Milliarden Euro in Maßnahmen zur Effizienzsteigerung investieren. Mit jährlichen Einsparungen bei Energiekosten in Höhe von fünf Milliarden Euro hätten sie nach drei Jahren die Investitionskosten wieder eingespielt und würden in den Folgejahren stark profitieren.
Quellen:
Spiegel
Spiegel
Spiegel
FAZ
DENA
FOCUS