Digitalisierung als Treiber verschiedener Trends
Trendbegriffe wie Industrie 4.0 oder Digitaler Wandel lassen sich zwar klar umreißen, aber nicht isoliert betrachten. Sie gehen einher mit anderen Digitalisierungstrends, also Bewegungen, die auf Geschäftsprozesse wirken. Genannt werden müssen die sozialen Medien, das Internet der Dinge, aber auch erweiterte Realitäten – Augmented Reality – sowie Big Data. Dies alles beeinflusse, so Bilfinger, wie Unternehmen mit Kunden und Lieferanten interagierten, wie sie planten und wie sie sich weiterentwickelten. Es lenke Kundenschnittstellen, Innovationen und Prozesse. Hinzu kommen die mit dem enormen Datenwachstum einhergehenden Möglichkeiten der Advanced Analytics. Für Einkaufsabteilungen und Procurement-Experten bedeutet das: Sie müssen das Potenzial neuer Lösungen und Prozesse erkennen und für ihre Belange nutzen, dürfen aber nicht bewährte Ansätze wie das persönliche Gespräch mit Partnern und Kunden vernachlässigen.
Strategische Datenanalyse als Chance für den Einkauf
Stichwort Big Data: Laut einer Studie von IDC und EMC wird das digitale Universum bis 2020 40 Zettabyte erreichen. Das entspricht einem 50-fachen Wachstum von 2010 bis 2020. Die Ausgaben für IT-Hardware, Software, Dienstleistungen, Telekommunikation und Personal wachsen bis 2020 um 40 Prozent. Das Problem: Bislang sind nur wenige dieser Daten kategorisiert und noch weniger werden analysiert. Hier sollten Einkäufer und Schnittstellenpartner ansetzen. Durch die Vernetzung und Handhabung großer Datenmengen – an jedem Ort auf der Welt – ist es aufgrund von intelligenten Algorithmen möglich, viel schneller und gezielter zu reagieren. Im Gegensatz zu früher – Stichwort Massenproduktion – ist künftig jedoch eine kontextuale Diskussion als Basis der optimalen Entscheidungsfindung vonnöten. Datenanalysen ermöglichen zwar mehr Flexibilität, Produktivität und letztlich auch Qualität aufgrund durchdachter Vernetzung und Steuerung, doch die Entscheidung selbst bedarf einer hohen intuitiven und kreativen Leistung. Dies ist durch eine diversifizierte Betrachtungsweise sicherzustellen.
„Der Einkauf muss sich nun die Frage stellen: Wie gehen wir damit um, und wie gehen wir mit? Wie und gegebenenfalls mit wem treffen wir die Entscheidung?“, erklärt Dr. Hans-Egbert Hubmann, CPO bei Bilfinger SE. Der Procurement-Experte führt aus: „Aufgrund der Digitalisierung unserer Welt geht es vermehrt darum, flexibler und agiler zu agieren. Der Fokus erweitert sich immer stärker auf die Bedarfe und Leistungserbringungen in der Supply Chain. Erfolgreiche Unternehmen werden nicht Produkte verkaufen, sondern den Kunden individuelle Lösungen anbieten, die über den gesamten Lebenszyklus einer Veränderung unterliegen. Es muss daher entlang der gesamten Wertschöpfungskette einen einheitlichen Datenfluss geben.“
Trendbegriff Industrie 4.0 jetzt mit Leben füllen
Der Einkauf wird sich in den kommenden Jahren verändern und neuen Gegebenheiten sowie Anforderungen anpassen müssen. Hinzu kommen Risiken und Herausforderungen, auf die vermehrt eingegangen werden muss. Dr. Hans-Egbert Hubmann resümiert: „Auch wenn das Thema Industrie 4.0 vielfach diskutiert wird, so ist es noch immer ein kleines Schattengewächs, von dem man nicht ganz genau weiß, wie es sich entwickelt. Stattdessen ist es ratsam, verschiedene Varianten, Technologien und Neuerungen im Auge zu behalten. Das ist ein sehr dynamisches Feld. Es gibt nicht eine einzige patentierte Lösung; es geht um das Gesamtgefüge. Industrie 4.0 ist nur im Zusammenhang zu sehen.“ Nun gelte es, diesen Trendbegriff mit Leben zu füllen – im Einkauf und in anderen Unternehmensbereichen – und dabei auf neue Technologien und Systeme ebenso zu setzen wie auf althergebrachte aber bewährte Tugenden wie die Pflege von Kunden- und Lieferantenbeziehungen. Ein erster Schritt ist: Training der Mitarbeiter, offener und vernetzter zu denken, Risiken zu erkennen und Lösungen in vernetzten Welten kommunikativ zu finden und zu steuern.