Was bedeutet diese rechtliche Konstruktion im Detail, wo liegen ihre Chancen und Grenzen. Hierzu Rechtsanwältin Karin M. Schmidt aus Freiburg, die sich auf Konzepte und rechtliche Gestaltungen spezialisiert hat:
Im Regelfall ist das Vermögen bei Ehegatten ungleich verteilt, z.B. durch Gründung und Führung eines Unternehmens oder durch Erbschaft.
Eine Vermögensübertragung durch Schenkungen unter Ehegatten kann in diesem Fall aus unterschiedlichen Motiven gewollt sein: Sie kann der Absicherung des Partners dienen, der Minimierung von Haftungsrisiken oder das Ziel verfolgen, dass der Begünstigte das erworbene Vermögen unter Ausnutzung der geltenden Freibeträge schenkweise auf die gemeinsamen Kinder und ggf. auch Enkel überträgt.
Da beide Elternteile jeweils an die Kinder nach derzeitigem Stand EUR 400.000 und an die Enkel EUR 200.000 alle zehn Jahre steuerfrei schenken können, ist es bei entsprechendem Familienvermögen sinnvoll, dass beide Elternteile in der Lage sind, die schenkungssteuerlichen Freibeträge zu den Kindern bzw. Enkeln optimal auszunutzen.
Jede Schenkung unter Lebenden - auch unter Ehegatten - ist aber grundsätzlich schenkungssteuerpflichtig. Das Erbschaftsteuergesetz sieht für Zuwendungen unter Ehegatten einen Freibetrag von derzeit EUR 500.000 vor.
Durch eine lebzeitige und freiwillige Umschichtung von einem Ehegatten auf den anderen im Wege des Wechsels des Güterstands lässt sich aber ein steuerbarer Vorgang mit Schenkungssteuerpflicht vermeiden.
Zum Verfahrensablauf:
Zunächst wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft ehevertraglich durch Wechsel in den Güterstand der Gütertrennung beendet. Da die Zugewinngemeinschaft damit „auf andere Weise als durch den Tod eines Ehegatten“ beendet wird, entsteht eine Ausgleichsforderung, die gemäß § 5 Abs. 2 ErbStG nicht zum Erwerb im Sinne des § 7 ErbStG gehört und mithin nicht als steuerpflichtige Schenkung gilt. Im Anschluss wird erneut der Güterstand der Zugewinngemeinschaft begründet.
Wichtig | Der Zugewinnausgleich muss korrekt berechnet und auch tatsächlich durchgeführt werden, nicht nur auf dem Papier. Dazu muss der ausgleichsberechtigte Ehegatte frei über die Zugewinnausgleichsforderung verfügen dürfen.
Wird nach dem Zurückwechseln in die Zugewinngemeinschaft die Ehe durch Tod beendet, wird der Zugewinn ab dem Tag des Vertragsabschlusses für die erneute Ermittlung der (privilegierten) fiktiven Ausgleichsforderung herangezogen.
Die Güterstandsschaukel kann in einer Urkunde vereinbart werden, der Wahrung einer sog. Schamfrist zwischen Beendigung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft und Wiederbegründung bedarf es also nicht.
Kosten der notariellen Urkunde:
Die Kosten der notariellen Urkunde bestimmen sich nach dem modifizierten Reinvermögen: Für jeden Partner ist der Wert seines Aktivvermögens zu ermitteln. Schulden sind maximal bis zur Hälfte des Aktivvermögens abzuziehen. Aus der Summe des modifizierten Reinvermögens ist eine Beurkundungsgebühr mit einem Gebührensatz von 2,0 zu erheben. Dem Zentralen Testamentsregister ist wegen der Erbfolgerelevanz des Güterstandswechsels Mitteilung zu machen.
Zwei besondere Hinweise sollen zum Schluss nicht fehlen:
1.
Die Güterstandsschaukel ist als Mittel, den Gläubigern eines Ehegatten Haftungsmasse zu entziehen, grundsätzlich als akutes Instrument ungeeignet; dafür haben die InsO, das Anfechtungsgesetz und die Rechtsprechung des BGH gesorgt. Wird jedoch die Güterstandsschaukel vorsorglich, als langfristiges Instrument der Vermögenssicherung, gewählt, wie eingangs erwähnt, dann kann sie durchaus eine präventive Sicherungsmaßnahme darstellen.
2.
Von der Zugewinngemeinschaft kann grundsätzlich auch zur Gütergemeinschaft -also nicht wie vorstehend Gütertrennung- gewechselt werden und wieder zurück. Dies führt beim Vorhandensein von Abkömmlingen zu einer Pflichtteilskürzung, was gerade gewollt sein kann. Doch hier ist Vorsicht geboten, diese Gestaltung steht unter dem Verdikt des Rechtsmissbrauchs.
Nach der Judikatur des BGH wird insofern geprüft, ob die "güterrechtliche causa" durch "ehefremde Zwecke" verdrängt wird und damit eine pflichtteilsergänzungsrelevante Schenkung vorliegt. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Vereinbarungen lediglich dem Zwecke dienten, Pflichtteile von Abkömmlingen -oder auch Eltern- zu reduzieren.
Ein weiterer Anhaltspunkt für eine Missbrauchsabsicht kann vorliegen, wenn die Gütergemeinschaft erst kurz vor dem Tod vereinbart wurde oder wenn wertvolles Immobilienvermögen aus dem Vorbehaltsgut eines Ehegatten in das des anderen oder ins Gesamtgut verschoben wurde.
Über Rechtsanwältin Karin M. Schmidt
Frau Rechtsanwältin Karin M. Schmidt studierte nach einer Banklehre in Freiburg im Breisgau und absolvierte ihr Referendariat am Landgericht Freiburg mit Wahlstation in San Francisco (USA). Sie ist seit 1996 in eigener Kanzlei mit dem Schwerpunkt Erbrecht und Vermögensnachfolge tätig. Zudem berät sie mittelständische Unternehmen in den Bereichen Arbeitsrecht, Gesellschafts- und Handelsrecht sowie Vertragsrecht.
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