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Todesfall in der EU: Welches Erbrecht ist anwendbar?


26. Oktober 2018, 13:26
PRESSEMITTEILUNG/PRESS RELEASE

Ruhestand, so schön wie ein langer Urlaub. Immer mehr Rentner zieht es ins benachbarte Ausland. War es früher vor allem die Sonne, die nunmehr auch uns verwöhnt, sind es mehr und mehr die geringeren Lebenshaltungskosten im allgemeinen und die geringeren Kosten bei einer Heimunterbringung im besonderen, die Anlass für einen Umzug sein können.

Todesfall in der EU: Welches Erbrecht ist anwendbar?

Wie aber sieht es erbrechtlich aus, wenn der Betreffende in der neuen Heimat verstirbt? Welches Recht ist in diesem Fall anwendbar? Hierzu Rechtsanwältin Karin M. Schmidt aus Freiburg:

Für Erbfälle seit dem 17.08.2015 gilt in den Mitgliedstaaten der EU mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs, Irlands und Dänemarks die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO).

Die Verordnung regelt insbesondere das in diesem Fall anzuwendende nationale Erbrecht, berührt aber dessen einzelne Bestimmungen nicht; diese bleiben unverändert, also z.B. die Erbquoten von Ehepartnern und Kindern oder das Pflichtteilsrecht.

Anknüpfungspunkt für das auf die Erbfolge anwendbare Recht ist das sog. Erbstatut.

Dieses wird bestimmt nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers, das ist nach der EuGH-Rechtsprechung der Lebensmittelpunkt des Erblassers in familiärer, sozialer und beruflicher Hinsicht, was anhand der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln ist.

Beim „Mallorca-Rentner“ oder Pflegebedürftigen könnte je nach der engeren Bindung also deutsches oder ausländisches Recht zur Anwendung kommen.

Zweifelsfragen sind daher häufig vorprogrammiert; diese können sich noch verstärken, wenn durch mehrfache Umzüge schwer zu ermitteln ist, in welchem Staat die engsten sozialen Bindungen zu verorten sind.

Abhilfe kann hier eine Rechtswahl zu Gunsten des Rechts der eigenen Staatsangehörigkeit schaffen. Sie gilt dann für das gesamte Vermögen, unabhängig davon, wo sich dieses befindet; eine beliebige Rechtswahl nach der Rosinenmethode ist also nicht möglich. Bei mehrfacher Staatsangehörigkeit kann man das eine oder andere Recht wählen.

Die Rechtswahl muss in einer Verfügung von Todes wegen erfolgen, also Testament oder Erbvertrag, kann aber auch konkludent, das heisst durch schlüssiges Verhalten, erfolgen. Wann man im Rahmen der Auslegung von einer solchen konkludenten Rechtswahl ausgehen kann, ist noch unklar. Hier bleibt abzuwarten, wie die Rechtsprechung entscheiden wird.

Für die Praxis gilt aber der sicherste Weg und daher sollte man eine ausdrückliche Rechtswahl treffen, wenn gewünscht. Eine bereits vor dem 17.08.2015 getroffene Rechtswahl bleibt aber auch über das vorgenannte Datum hinaus wirksam.

Wann macht eine Rechtswahl zu Gunsten des deutschen Rechts Sinn?

-wenn besondere Gestaltungen, die nur das deutsche Recht in vergleichbarer Weise kennt, gewünscht werden (wie z. B. Berliner Testament, ein Behindertentestament, Vor- und Nacherbfolge, Testamentsvollstreckung);

-wenn das überwiegende Vermögen in Deutschland liegt und die Möglichkeit eröffnet werden soll, dass die Erben das Nachlassverfahren einverständlich in Deutschland abwickeln;


-wenn Pflichtteilsrechte nach deutschem Recht „günstiger“ sind als vergleichbare Pflichtteilsrechte oder Noterbrechte im Ausland;


-wenn die Staatsangehörigkeit als dauerhaft beständige Anknüpfung gewünscht wird, weil sich der gewöhnliche Aufenthaltsort des Erblassers im Lauf des Lebens häufiger -z.B. berufsbedingt- ändern kann oder nur schwer feststellbar ist.

Eine solche Rechtswahl ist auch einem Deutschen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland im Sinne der Vorsorge anzuraten, denn man weiss nie, ob man nicht doch -z.B. zu einem im Ausland lebenden Kind- irgendwann umzieht.

Und ein Umzug führt dann zu einem möglicherweise nicht gewollten Statutenwechsel zu Gunsten des ausländischen Rechts.

Weiterführende Informationen mit Beispielsfällen finden Sie unter folgendem Link: https://www.lexport.de/rubriken/erbrechtsverordnung-eu

Über Rechtsanwältin Karin M. Schmidt
Frau Rechtsanwältin Karin M. Schmidt studierte nach einer Banklehre in Freiburg im Breisgau und absolvierte ihr Referendariat am Landgericht Freiburg mit Wahlstation in San Francisco (USA). Sie ist seit 1996 in eigener Kanzlei mit dem Schwerpunkt Erbrecht und Vermögensnachfolge tätig. Zudem berät sie mittelständische Unternehmen in den Bereichen Arbeitsrecht, Gesellschafts- und Handelsrecht sowie Vertragsrecht.

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