(Erlangen). Hat die deutsche Wirtschaft wirklich ein Fachkräfteproblem? Oder wird die Diskussion gesteuert, um leichter an ausländische Spezialisten zu kommen? Einige Arbeitsmarktexperten reden hinter vorgehaltener Hand sogar von einer gezielten Stimmungsmache, um den Staat unter Druck zu setzten. Das zeigt auch die aktuelle Diskussion zwischen Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle, Forschungsministerin Annette Schavan, dem Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, und vielen anderen. Angereichert wird die Diskussion durch die Frage nach der Greencard mit oder ohne Begrüßungsgeld.
Auch Bundeskanzlerin Merkel lehnt eine rasche gesetzliche Neuregelung ab. Das Arbeitsmigrationssteuerungsgesetz, 2009 in Kraft getreten, entfalte „positive Wirkung“. Ob angesichts des Fachkräftemangels die Zuwanderung hoch qualifizierter Ausländer erleichtert werden sollte, ist unter Wissenschaftlern indes ebenso umstritten wie unter Politikern.
Mangelware Fachkraft.
Aber gibt es überhaupt einen Fachkräftemangel? Nein, sagt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit. Eine Umfrage unter 13.000 Betrieben hat ergeben, dass es keinen akuten, flächendeckenden Bedarf gäbe. Schließlich hätte man diesen unhaltbaren Zustand längst aufgehoben, hielten sich doch rund 500.000 weibliche und männliche Akademiker mit einfacheren Tätigkeiten über Wasser, weil ihre Auslands-Abschlüsse nicht anerkannt werden. Dennoch werden dem Land ‒ nicht nur wegen des Geburtenrückgangs ‒ langfristig die Fachkräfte ausgehen, und zwar branchenübergreifend.
Die demografische Ausgangslage.
Das Statistische Bundesamt sagt ein Schrumpfen der Bevölkerung von 82 Millionen auf 80 Millionen bis 2020 voraus, bis 2060 gar auf unter 70 Millionen. Kein Wunder also, dass von aktuell 45 Millionen Erwerbsfähigen bis 2025 nur noch 38 Millionen bleiben werden. Beispiele gefällig für die Folgen des Bevölkerungsschwunds? Laut der Studie „Deutschland 2020“ der Unternehmensberatung McKinsey droht dem öffentlichen Dienst ab 2011 ein massiver Fachkräftemangel. Und der bayerischen Metall- und Elektroindustrie werden bis 2015 über 700.000 Fachkräfte fehlen.
Die Dienstleistungsbranche als Jobmotor?
McKinsey prognostiziert auch für die Dienstleister eine ähnliche Entwicklung. Auf der einen Seite ist laut DIHK deren Geschäftslage so erfreulich wie seit 15 Jahren nicht mehr, Export und Binnennachfrage ziehen an. Speziell in der IT-Branche und in der Branche Zeitarbeit und Kommunikation ist die Stimmung so gut wie zuletzt im Boomjahr 2000.
Auch der bayerische Mittelstand gibt Gas: Ein Viertel der Dienstleitungsunternehmen will neue Mitarbeiter einstellen. Andererseits bleiben in diesem Jahr aller Voraussicht nach über 20.000 Stellen unbesetzt ‒ nicht wegen fehlender Bewerber, sondern oft wegen deren Qualifikationen. "Wir rechnen am Ende mit mehr als 50.000 Stellen, die unbesetzt bleiben, weil geeignete Bewerber fehlen", sagte Hans Heinrich Driftmann, Präsident des DIHK, "die demografische Trendwende schlägt voll auf dem Ausbildungsmarkt durch."
Qualifikation: Ausbildung als Einstieg zum Aufstieg.
Ein Baustein zur Qualifizierung wird die konsequente Aus- und Weiterbildung der künftigen Fachkräfte sein. „Erst Azubi, dann Karriere ‒ Ausbildung als Einstieg zum Aufstieg“ als gezielte Ausbildungsförderung bietet eine interessante Perspektive, angehende Fach- und Führungskräfte in enger Zusammenarbeit mit den IHKs nach vorn zu bringen.
Bei den Studenten schafft das duale Studium nicht nur dem Studierenden den Vorteil, neben einer Ausbildungsvergütung gut auf die Praxis vorbereitet zu sein. Außerdem eröffnen sich für die Unternehmen plötzlich ganz neue Felder des Recruiting und der Mitarbeiterbindung. Die Absolventen der dualen Studiengänge sind zudem jünger ‒ die Firmen profitieren davon, dass die Studenten bereits das komplette Unternehmen durchlaufen haben und deren Prozesse kennen.
Rente mit 67?
„Lebenslanges Lernen“ wird immer mehr Gewicht bekommen. Ältere Arbeitnehmer sind genauso zu fördern und zu fordern wie die Jungen im Unternehmen. Heute sind fast 50 Prozent der Beschäftigten zwischen 55 und 64 Jahre alt. Deren in Jahrzehnten gesammeltes Wissen sollte den Unternehmen erhalten bleiben, solange es geht.
Erfahrungen einer Werbeagentur.
Ein exemplarischer Fall für die aktuelle Lage: die hl-studios aus Erlangen, ein Dienstleister. Für die inhabergeführte Erlanger Werbeagentur für Industriekommunikation ist es eine Herausforderung, die richtigen Fachkräfte zu finden.
„Wir sind ein gesunder Mittelständler im Herzen der Europäischen Metropolregion mit über 40 Mitarbeitern. Alles bestens also, aber wir möchten wachsen. Konkret wollen wir unser Personal um zehn Prozent aufstocken. Wir suchen Verstärkung für Datenbank- und Flash-Programmierungen, Interactive Medien, Kunden-Beratung und Grafik-Design ‒ aber diese Suche wird immer zäher“, sagt HL-Unternehmenssprecher Hans-Jürgen Krieg. Vieles spricht dafür, dass sich die Situation in der nächsten Zeit weiter verschärfen wird. Prognosen und Erfahrungen der Agentur zeigen, dass es einen regelrechten Kampf um die passenden Mitarbeiter geben wird.
Die hl-studios haben die Wege ihrer Suche nach Personal schon vor einiger Zeit verfeinert: Neben dem klassischen Weg über Anzeigen gehen hl-studios gezielt in die Netzwerke, Communities und Foren der Spezialisten, um dort schnell detaillierte Informationen zu platzieren und zu finden, aber auch um Kontakte zu knüpfen. Unternehmenssprecher Krieg: „Für uns ist die Suche immer wieder spannend, und wir hoffen auf neue interessante Gespräche mit IT- und Kommunikations-Spezialisten“.
hl-studios GmbH ist eine inhabergeführte Agentur für Industriekommunikation. Über 40 Mitarbeiter engagieren sich seit fast zwanzig Jahren an den Standorten in Erlangen und Hannover für Markt- und Innovationsführer im deutschsprachigen Raum. Das Portfolio reicht von Strategie und Konzeption über 3D/CGI, Print, Film, Fotodesign, Public Relations, Interactive online und offline, Messen und Events bis hin zur Markenführung.