Gießen, 2. Februar 2016. Ziel des Forschungsprojektes war die Entwicklung eines neuen Persönlichkeitstests, der Menschen nicht in theoretische Kategorien wie zum Beispiel introvertiert, extravertiert, gewissenhaft oder sensibel einteilt, sondern das tatsächliche (auch negative) Verhalten analysiert. Beispiele für negative Verhaltensweisen reichen von einer passiven Konsumhaltung über politisches Taktieren, intolerantes Imponiergehabe, opportunistisches Anpassertum bis hin zur frustrierten Gleichgültigkeit, bei der die Verantwortung für die eigenen Probleme auf Andere geschoben wird. Diese Menschen werden früher oder später ihre charakterlichen Schwächen erkennen und korrigieren müssen, wenn sie körperlich und geistig gesund bleiben wollen.
Doch auch den Vertretern der positiven Werte und Charaktereigenschaften drohen Gefahren. Dazu das Beispiel eines Teilnehmers an der Studie. Er ist voller Tatendrang und Energie und hat großen Spaß an der Lösung scheinbar unlöslicher Probleme. Im Umgang mit seinen Mitmenschen ist er ausgesprochen hilfsbereit und verantwortungsbewusst. Außerdem legt er den größten Wert auf Gerechtigkeit und reagiert sofort, wenn jemand sich unfair behandelt fühlt. Trotzdem verliert er seit einigen Wochen an Elan und hat ernste Motivationsprobleme, die er einfach nicht versteht. Es widerstrebt ihm, die Schuld in seinem durch negative Verhaltensweisen geprägten Umfeld zu suchen. Und er hat Recht.
Der Persönlichkeitstest zeigt klare Defizite bei der Fähigkeit, seine Ideale in die Tat umzusetzen. Umsetzungsstarke Menschen lenken ihre Energie auf klar formulierte Ziele, sie wissen, was sie wollen und setzen klare Prioritäten. Ansonsten verlieren sie ihre Stärke, weil sie zum Spielball der Erwartungen Anderer werden und sich dadurch verzetteln. Der Volksmund sagt: „Wenn jemand zwei Hasen gleichzeitig jagt, wird er am Ende keinen erwischen“. Engagierte Menschen kommen sehr schnell in Situationen, die viel Stress erzeugen. Der meiste Stress ist emotional bedingt. Deshalb gehört zur Umsetzungsstärke die Fähigkeit, mit emotionalen Belastungen effizient umzugehen und die Stimmung zu verbessern. Nur kennen viele Menschen keine oder nur ungeeignete Methoden, wie man mit emotionalem Stress umgeht und seine Stimmung so verbessert, dass sie die Arbeit erleichtert. Die wichtigste Kraftquelle ist der tiefere Sinn der eigenen Aufgaben, der über Geld, Macht oder Status hinausgeht. Es ist eine Frage der Leistungsethik, die in der öffentlichen Diskussion praktisch keine Rolle mehr spielt.
Wer soll die Verantwortung für ein positives Betriebsklima mit Energie, Perspektive und positiven Werten und Emotionen übernehmen? Das kann nur die Führungskraft sein. Mit traditionellen Methoden der Einflussnahme wie zum Beispiel Zielvereinbarungen, „Change-Rhetorik“, Vision- und Mission-Statements auf bunten Broschüren ist das nicht machbar. Den größten Einfluss auf das Verhalten anderer Menschen hat die Vorbildfunktion der Führungskräfte, die sie jeden Tag vorleben müssen. Das findet man in der Praxis gut geführter Unternehmen wesentlich häufiger als in der Politik. Lernen wir also aus der Praxis.
Link zum Persönlichkeitstest: http://www.managementkompetenzen.de/persoenlichkeit