Deutliche Zuwachsraten bei Anbietern von Online-Assessments werfen die Frage auf, welchen Stellenwert webbasierte Verfahren heute in der Personaldiagnostik haben, und wie nachhaltig der Trend zu Online-Assessments zu bewerten ist. Für eine Bestandsaufnahme hat die Kölner Beratungsgesellschaft managerberater hierzu in einer Kooperation mit der Fresenius Hochschule Köln mehrere HR-Verantwortliche von DAX-30 Konzernen sowie von weiteren international operierenden Unternehmen zu ihrem Zwischenfazit befragt. „Die Antworten“, so Projektleiter und Mitautor, Dipl. Psychologe Nikolai Förster, „weisen eindeutig in eine positive Richtung. Nach mehrjähriger Erfahrung mit den Tools sehen die befragten Unternehmen die Hoffnungen auf Qualitätsverbesserungen und Effizienzsteigerungen zu großen Teilen erfüllt – insbesondere wenn es um die Bewältigung großer Bewerberzahlen geht.“ Gleichzeitig äußern sich die Befragten optimistisch, was die Akzeptanz der Online-Assessments betrifft. Speziell bei jungen Menschen, die elektronische Medien heute ganz selbstverständlich nutzen, wird der Personalmarketing-Effekt von webbasierten Verfahren sehr hoch eingeschätzt. Auch wird seitens der HR-Verantwortlichen das Vertrauen bei den Bewerbern in die Sicherheit der firmeneigenen IT-Applikationen gesehen.
Die Studie untersuchte ebenfalls, welche Arten von web-basierten Testverfahren Unternehmen zu personaldiagnostischen Zwecken bevorzugt nutzen. Dabei stellten die Autoren fest, dass in vielen der befragten Unternehmen Online-Leistungstests und Persönlichkeitstests den überwiegenden Anteil an eingesetzten Verfahren ausmachen, gefolgt von Tests zu intellektuellen Fähigkeiten und Wissenstests.
Eine wichtige Beobachtung in diesem Zusammenhang ist der Trend weg von Standardverfahren hin zu kundenspezifischen Lösungen. Zu unterschiedlich sind die Anforderungen, die Unternehmen an Bewerber und somit auch an das Auswahlverfahren stellen. „Hinzu kommen die zunehmend verbesserten technischen Möglichkeiten, welche es Unternehmen erlauben, die für ihre spezifischen Zwecke passenden Lösungen zu entwickeln.“ so Nikolai Förster.
Neben der Erkenntnis, dass Online-ACs durchaus viele Vorteile mit sich bringen, betonen die Teilnehmer der Studie auch, dass diesen klare Grenzen gesetzt sind. Beispielsweise kann derzeit nicht hundertprozentig gewährleistet werden, dass die Kandidaten die Aufgaben selbst und eigenständig lösen. Das Risiko für Verfälschungen gilt nach Aussage der Teilnehmer jedoch als gering. „Die Befürchtung, dass da jetzt Bewerber massen- und scharenweise schummeln würden, hat sich überhaupt nicht bestätigt“, lautet das Fazit einer der befragten HR-Verantwortlichen.
Deutliche Begrenzungen von Online-Assessments werden hingegen bei der Suche und Besetzung von Führungs- oder Expertenpositionen gesehen. „Gerade wenn es um komplexere Anforderungsprofile geht, werden Online-Assessments zukünftig allenfalls einen Baustein im Rahmen des gesamten diagnostischen Leistungsprozesses spielen. Sie können und werden jedoch nicht das persönliche Gespräch mit den individuellen Gestaltungs- und diagnostischen Möglichkeiten ersetzen“, so die Zusammenfassung von Nikolai Förster.
Und dennoch: Angesichts der Vielzahl an Vorteilen sind die Prognosen der HR-Verantwortlichen für den zukünftigen Einsatz von Online-Assessments eher optimistisch. Gerade im internationalen Vergleich würde sich dadurch in Deutschland ein Trend durchsetzen, welcher bei Unternehmen im europäischen und angelsächsischen Ausland schon heute gängige Praxis ist.