Regenstauf – Deutschlands Unternehmen geben derzeit Teile ihrer Weiterbildungsbudgets falsch aus, sagt Thomas Wagenpfeil, der Initiator des Deutschen Bildungspreises. Sein Fazit auf Basis mehrjähriger Analysen und Fallstudien: Von den rund 30 Milliarden Euro, die Firmen in der Bundesrepublik jedes Jahr in Seminare, Coachings und Fortbildungen stecken, wird viel Geld für Maßnahmen ausgegeben, die weder den einzelnen Mitarbeitern noch den Betrieben nutzen. „Der Schlüssel liegt in einem Bildungs- und Talentmanagement, das von der Strategie des Unternehmens her gedacht wird“, sagte Wagenpfeil jetzt bei einem Vortrag an den Eckert Schulen in Regenstauf, dem größten privaten Weiterbildungsanbieter in Bayern und Premiumpartner des Deutschen Bildungspreises.
„In vielen Betrieben Deutschlands ist Weiterbildung ein eher ungesteuerter Prozess“, sagt Wagenpfeil, der die Abteilung für Marketing und Kommunikation der TÜV Süd Akademie mit Sitz in München leitet. Vom Rhetoriktraining über ein Coaching im Konfliktmanagement bis hin zum Officekurs für Fortgeschrittene: Oftmals könnten sich Mitarbeiter einfach etwas aussuchen, worauf sie Lust hätten, weiß der Weiterbildungs-Experte. „Das gilt besonders im Bereich der sogenannten Soft Skills. Ob diese Kompetenzen dann tatsächlich erworben werden und dem Unternehmen nutzen, diese Frage wird oft gar nicht gestellt“, sagt der Diplom-Psychologe. Häufig seien es auch die Vorgesetzten, die ihren Mitarbeitern zwar Weiterbildungen angedeihen lassen, dies aber mit zu wenig strategischer Überlegung tun. Auch den Grund dafür kennt Thomas Wagenpfeil: „In vielen Unternehmen gibt es schlichtweg keine strategische, langfristig ausgerichtete Personalentwicklung, und auch die entsprechenden Prozesse sind nicht etabliert“, sagt er.
Weiterbildung braucht klare Ziele und ein klares Controlling
Der Initiator des 2013 erstmals verliehenen Deutschen Bildungspreises hält dies für einen bedenklichen Zustand, aber auch für eine große Chance: „Vor dem Hintergrund des knapper werdenden Fachkräfteangebots bemerken viele Unternehmen deutlich, dass es schwieriger wird, neue Talente zu finden, aber sie handeln noch nicht entsprechend“, sagt der Fachmann. Unternehmen könnten langfristig nur dann erfolgreich bleiben, wenn sie ein professionelles Bildungs- und Talentmanagement schaffen und auf diese Weise das immer wertvollere Know-how der Belegschaft systematisch weiterentwickeln.
Am Anfang eines solchen Prozesses sollte nach den Worten Wagenpfeils die Unternehmensstrategie des Top-Managements stehen, aus dem sich eine längerfristige Personalstrategie ableitet. Erst dann könne der konkrete Bedarf für Weiterbildung ermittelt werden. Entscheidend ist für den Weiterbildungs-Experten auch ein Bildungscontrolling, das den Erfolg der Maßnahmen mithilfe möglichst eindeutiger Kennzahlen misst, zum Beispiel beim Thema Qualitätsmanagement mit der Fehlerquote. Er nennt das „Return on Education“ in Anlehnung an den „Return on Investment“, mit denen Unternehmen den Erfolg des eingesetzten Kapitals bewerten. „Die Kunst besteht darin, eine Win-Win-Situation für Unternehmen und Mitarbeiter zu schaffen.“
Modellprojekt: Bayerns „Praktiker-Uni“ Nummer 1
setzt auf Partnerschaften mit den Personalabteilungen
Wagenpfeil ist überzeugt: Deutschlands Unternehmen müssen nicht mehr Geld für Weiterbildung in die Hand nehmen, aber sie müssen die Weiterbildungsprozesse besser steuern und kontrollieren und damit eine höhere Weiterbildungseffizienz schaffen. Als Ansporn für die Betriebe, sich in dieser Weise zu professionalisieren, hob die TÜV SÜD Akademie gemeinsam mit Partnern den Deutschen Bildungspreis aus der Taufe. Mit dem Titel werden Unternehmen ausgezeichnet, die als Vorreiter im Bildungsmanagement gelten.
Die Eckert Schulen, 2016 Partner des Deutschen Bildungspreises, haben es sich zur Aufgabe gemacht, das Bewusstsein für strategische Weiterbildung in den Management- und Personaletagen in Bayerns und Deutschlands Unternehmen zu schärfen. „Unsere Erfahrung zeigt: Es lohnt sich, das Weiterbildungsgeschehen unter die Lupe zu nehmen und erste Schritte einzuleiten, sagt Andrea Radlbeck, die Pressesprecherin der Eckert Schulen.
Die Eckert Schulen haben unter anderem das Modell der so genannten Exzellenzpartnerschaft entwickelt. Sie ist ein Fundament für den regelmäßigen Austausch zwischen Unternehmen und Weiterbildungs-Experten. Insbesondere Auszubildende als Fachkräfte von morgen profitieren bereits heute von dieser zusätzlichen Vernetzung. In den kommenden Jahren soll dieses Netzwerk weiter intensiviert werden. Eine Veranstaltung mit Personalverantwortlichen habe gezeigt, dass die Unternehmen sehr interessiert seien an den neuen Möglichkeiten des Recruitings und der strategischen Förderung der Mitarbeiter. In den Augen von Bildungspreis-Initiator Thomas Wagenpfeil sind es genau solche Projekte, die den Unternehmen neue Horizonte beim Thema Weiterbildung eröffnen könnten.