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Futuristisch, aerodynamisch, formschön: der NSU Ro 80


27. April 2023, 12:25
Ingolstadt,
Deutschland
Essay
  • Wahl zum „Auto des Jahres 1967“ – als erstes deutsches Automobil
  • Zum 150-jährigen Jubiläum der Traditionsmarke NSU: Serie mit Klassikern und Raritäten aus der NSU-Modellgeschichte – Folge 2
Designzeichnung des NSU Ro 80

Schon sein Name ist speziell: „Ro 80“ – Ro steht für Rotationskolben, 80 für die Typenbezeichnung. Als der NSU Ro 80 im September 1967 auf der IAA steht, staunt die automobile Welt nicht schlecht. NSU-Kenner Klaus Arth beschreibt das so: „Viele Besucher wissen nicht, was sie zuerst bewundern sollen. Die futuristische Form, den extravaganten Antrieb oder beides.“ Das Automobil begeistert, entwickelt sich jedoch nicht zum Renditebringer – und so fährt im April 1977 der letzte NSU Ro 80 vom Band. Audi Tradition stellt das Modell in dieser zweiten Folge der Serie zur NSU-Geschichte vor.

Der NSU Ro 80 wird „Auto des Jahres 1967“ – als erstes deutsches Automobil.

„Ein Werk, das einen neuen Wagen herausbringt, ist fast immer geneigt zu glauben, er sei der schönste, schnellste, wirtschaftlichste, modernste, – kurzum der ideale Wagen“, kündigen die Neckarsulmer Motorenwerke im Vorfeld der IAA 1967 ihr neu entwickeltes Modell an, um dann eher bescheiden fortzufahren: „Wir bei NSU sind zwar ebenfalls recht stolz auf unser jüngstes Kind, doch legen wir Wert darauf, Superlative in jeder Form zu vermeiden, – wir beschränken uns vielmehr darauf, die Vermutung auszusprechen: Dies ist ein gutes und, ganz gewiss, ein interessantes Auto.“ Dies bekräftigen die Neckarsulmer mit mehr als 80 Seiten an Informationen, darunter jede Menge technische Daten und Zeichnungen sowie eine ausführliche Beschreibung des Funktionsprinzips des NSU/Wankel-Kreiskolbenmotors. Bei NSU war man sich bewusst, dass selbst Fachkreise ob des neuartigen Fahrzeugkonzepts umfangreiches Infomaterial zur Erläuterung benötigen. Besonders zum Wankel-Antrieb, dessen Vorteile wie geringeres Gewicht, kleinerer Raumbedarf, vibrationsarmer Lauf und dessen geringere Anzahl an Bauteilen im Vergleich zu einem herkömmlichen Hubkolbenmotor die Dokumentation umfassend würdigt. Im September 1967 stellen die Neckarsulmer den NSU Ro 80 nach fünfjähriger Entwicklungsarbeit der Öffentlichkeit in den Frankfurter Messehallen vor – als erstes Serienauto der Welt mit einem Zweischeiben-Wankelmotor. Das Messepublikum ist erstaunt – und begeistert.

Neue Maßstäbe in Technik und Ästhetik

Die sportliche Reiselimousine setzt neue Maßstäbe in Straßenlage, Sicherheit, Komfort und Leistung. Form folgt Funktion – dieses Credo ist beim Ro 80 Programm; er wurde im Windkanal entwickelt: seine keilförmige Karosserie-Linie mit flacher Frontpartie, tiefliegender, leicht ansteigender Gürtellinie und dem hochgezogenen Heck ermöglicht einen cW-Wert von 0,35 – und prägt überdies eine von den Zeitgenossen als futuristisch wahrgenommene Gesamterscheinung. Selbstbewusst kann man deshalb auf Werbeplakaten zum Ro 80 verkünden: „There are ‚Yesterday‘ cars and there are ‘Today’ cars and then there are NSU cars.” Im Jahr 1971 wird dieser Anspruch universeller formuliert: „Vorsprung durch Technik“ – ein Werbeslogan, der zum Markenkern von Audi wird, sind doch die Ingolstädter Auto Union GmbH und die NSU Motorenwerke AG seit ihrer Fusion 1969 gemeinsam unterwegs.

Designzeichnung des Zweischeiben-Kreiskolbenmotors im NSU Ro 80.

Der Mut der Neckarsulmer, mit dem Ro 80 ein in vielerlei Hinsicht revolutionäres Auto auf den Markt zu bringen, wird belohnt: Ein Jahr nach seiner Einführung wählen internationale Fachjournalist_innen den NSU Ro als erstes deutsches Automobil zum „Auto des Jahres“; er ist damit das erste deutsche Automobil, das diese Auszeichnung erhält. Nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg will sich jedoch nicht einstellen: 1973 treibt die Ölkrise die Benzinpreise in die Höhe, die Kund_innen bevorzugen deshalb sparsamere Autos – dies bedeutet das Ende des Kreiskolbenantriebs und damit das Ende für den NSU Ro 80. Er wird von 1967 bis 1977 im Werk Neckarsulm produziert, wo zum Auslaufen des Modells im Jahr 1977 bereits die Fertigung des Audi 100 den größten Teil der Kapazitäten auslastet. Insgesamt bringt es der NSU Ro 80 in seiner Laufzeit auf eine Stückzahl von 37.374.

Nach der Fusion 1969 werden Audi 100 und NSU Ro 80 in Neckarsulm gefertigt.

Noch heute hat der NSU Ro 80 eine treue Fangemeinde – so wie die Marke NSU im Allgemeinen: Zahlreiche Clubs lassen die Historie der Traditionsmarke bei regelmäßigen Treffen, Ausfahrten und Veranstaltungen aufleben. Ein Highlight im Jubiläumsjahr wird der Fantag am 16. September in Neckarsulm sein, den Audi Tradition gemeinsam mit dem Audi Forum Neckarsulm, dem Audi Club International und dem Deutschen Zweirad- und NSU-Museum Neckarsulm organisiert.

Bis Dezember stellt Audi Tradition im Jubiläumsjahr jeden Monat ein NSU-Modell vor: von den Klassikern der Marke – ob mit zwei oder vier Rädern – bis hin zu Prototypen und Raritäten. Wer tiefer in die Geschichte des NSU Ro 80 ein­tauchen möchte, dem sei das Buch von Klaus Arth empfohlen: „NSU-Automobile. Typen – Technik – Modelle“, erschienen in der Edition Audi Tradition, im Delius-Klasing-Verlag

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