Mit dem fesselnden Kriminalroman „Der Kelch der Wiederkehr“ von Matthias Bieling liegt jetzt ein Debüt vor, das die langen Abende zwar verkürzt, aber nur allzu schnell verschlungen ist. Gut, dass es sich dabei um den Einstieg in eine Reihe von Jupp Koslowski Krimis handelt und hoffentlich müssen wir auf die weiteren Fälle des Dortmunder Privatdetektives nicht zu lange warten. Wieder einmal beweist der Verlag ratio-books damit sein Gespür für außergewöhnliche Geschichten und vielversprechende Neuautoren, denn mittlerweile wurde der Krimi auch für die Teilnahme an dem renommierten „Glauser“ in der Kategorie „Debüt“ in die Longlist aufgenommen.
Corona, Nobelpreissaison und ein toter Rettungswagenfahrer
Im Radio wird zur Abwechslung von Corona über die Vergabe des Nobelpreises an zwei Forscherinnen für die CRISPR/Cas Methode berichtet, mit deren Entwicklung sich das Genom von Lebewesen neu editieren lässt, als der Dortmunder Privatdetektiv Josef „Jupp“ Koslowski abends an einem von der Polizei abgesperrten Standort eines Malteserrettungswagens anhält. Schnell wird klar, dass der vermeintliche Selbstmord des Rettungswagenfahrers Mord war und zunächst deutet alles auf eine Drogengeschichte.
Aufgewirbelter Staub, einige Tote und türkisblaue Augen
Jupp beginnt an Türen zu klopfen und Fragen zu stellen, aber je mehr Staub er aufwirbelt, desto unerklärlicher wird alles: Der Vorsitzende des ‚Vereins zur Erforschung des Erbes der Katharer‘ entpuppt sich als Nazi, ein Professor für Humangenetik nutzt seine Connections zu einem Oberstaatsanwalt mit dem Versuch, den Privatdetektiv kalt stellen zu lassen und ein Studentenführer verschweigt historische Forschungsergebnisse über die Templer. Libanesische Clanangehörigen verfolgen Koslowski, ein Mitglied des Malteserordens lügt offensichtlich wegen eines historischen Trinkgefäßes und russische Geheimagenten fordern ihn unmissverständlich auf, alle Erkenntnisse in dem Fall an sie weiterzugeben. Das LKA schaltet sich ein, es gibt weitere Tote und zu all dem lassen noch die türkisblauen Augen der Witwe des Rettungswagenfahrers Koslowski nicht mehr los. Dann endlich fügen sich Mythen über Katharer und den heiligen Gral sowie historische Fakten über Templer, Malteser, den SS-Funktionär Otto Rahn und den Leichnam Adolf Hitlers mit den Möglichkeiten von nobelpreisgekrönten gentechnischen Methoden zu einem ungeheuren Plan zusammen, der nur an den Zufällen des Lebens scheitert.
Sieben Tage im Oktober, die den Leser aufgewühlt zurücklassen
Eine wilde, vielschichtige Geschichte in einer wilden, sich ständig verändernden, vielschichtigen Welt: Sieben Tage im Oktober 2020 im Format einer klassischen hardboiled detektive story, in der der eckige, zwischen lakonischer Beobachtung und melancholischer Anteilnahme schwankende Ich-Erzähler eher durch die Aufklärung des Falles treibt, als dass er sie betreibt. Die technisch-wissenschaftliche Gegenwart wird mit historischen Fakten und wahrgewordenen Mythen zu einer leichenreichen Wahrheitssuche verwoben, bei der am Ende ein Schauder über die Möglichkeiten der modernen Technik bleibt.