21.07.2015 - In tausenden von Fällen haben Rechtsanwälte beispielsweise zum Jahresende 2011 Güteanträge bei staatlich anerkannten Gütestellen eingereicht, um die mit Ablauf des 31.12.2011 drohende Verjährung von Ansprüchen Ihrer Mandanten zu hemmen. Sie wollten dabei die nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB bestehende Möglichkeit nutzen, auf einem einfacheren Weg als durch die Einreichung einer aufwändig zu erstellenden Klageschrift die Ansprüche der Mandanten zu sichern. Oftmals wurden dabei von den Kanzleien Antragsmuster verwendet oder den Mandanten zur Verfügung gestellt, damit diese den Antrag selbst stellen können.
Inhaltliche Anforderungen an Güteanträge
Darüber welche Angaben ein Güteantrag enthalten muss, damit die gewünschte Hemmung der Verjährung auch sicher eintritt, haben sich viele Anwälte damals keine größeren Gedanken gemacht. Allerdings wurde auch vor 2011 bereits in verschiedenen Urteilen und in der einschlägigen juristischen Kommentarliteratur eine "hinreichend genaue Bezeichnung" des Anspruchs in Güteanträgen gefordert.
In Unkenntnis dieser Anforderungen haben zahlreiche Anwälte und Kanzleien Musteranträge erstellt und verwendet, in die als individuelle Angaben lediglich die Namen der Mandanten sowie die Bezeichnung der Fondsgesellschaft eingetragen wurden. In anderen Fällen, beispielsweise bei Rentenmodellen, in deren Zusammenhang Versicherungsverträge mit Clerical Medical abgeschlossen wurden (SKR, Euro-Plan, Lex-Rente), haben Anwälte neben dem Namen des Mandanten nur die Policen-Nummer vermerkt.
Mit seinen Entscheidungen vom 18. Juni 2015 (Az.: III ZR 189/14, III ZR 191/14, III ZR198/14 und 227/14) hat der BGH konkret formuliert, welche Anforderungen an die Individualisierung von Güteanträgen zu stellen sind. Danach müssen Güteanträge in Anlageberatungsfällen folgende (Mindest-) Angaben enthalten:
- die konkrete Kapitalanlage,
- die Zeichnungssumme,
- wann die Beratung erfolgte (ungefährer Beratungszeitraum),
- grobe Schilderung der konkreten Beratung,
- das angestrebte Verfahrensziel (zumindest so umschrieben, dass ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist).
Anspruchsverlust durch Verjährung
Seit diesen Urteilen des Bundesgerichtshofs haben bereits erste Land- und Oberlandesgerichte Klagen geschädigter Anleger wegen ungenügend individualisierter Güteanträge und infolgedessen eingetretener Verjährung der Schadenersatzansprüche abgewiesen. Da die Fälle fehlerhafter Güteanträge in die Tausende gehen, ist in allernächster Zukunft eine große Zahl von Urteilen zu erwarten, in denen Anlegerklagen wegen der Verjährung ihrer Ansprüche verloren gehen werden.
Pflichten des Anwalts im Hinblick auf die Verjährung von Ansprüchen seines Mandanten
Im Rahmen eines erteilten Mandats ist der Anwalt verpflichtet, zu prüfen, ob und wann für Ansprüche seiner Mandanten die Verjährung droht. Er muss seinem Mandanten darüber hinaus rechtzeitig geeignete Schritte empfehlen, um den Eintritt der Verjährung zu hemmen und einen entsprechenden Auftrag dann auch rechtzeitig und in einer zur Erreichung des Ziels geeigneten Weise umsetzen. Verstößt der Anwalt gegen diese Verpflichtungen, beispielsweise indem er einen nicht ausreichend individualisierten Güteantrag stellt, und verjähren infolgedessen Ansprüche seines Mandanten, ist er für den entstandenen Schaden unter dem Gesichtspunkt der Anwaltshaftung zum Schadenersatz verpflichtet.
Weitere Voraussetzung eines Schadenersatzanspruchs gegen den Anwalt ist aber, dass der Prozess gewonnen worden wäre, wenn der Güteantrag richtig gestellt worden wäre.
Betroffene Anleger, die mit derart fehlerhaften Mustergüteanträgen die Verjährung nicht wirksam gehemmt haben und die deshalb ihre Schadenersatzklagen verloren haben, können daher unter Umständen von ihren Anwälten, die die Güteanträge gestellt oder Ihnen die Muster zur Verfügung gestellt haben, Schadenersatz unter dem Gesichtspunkt der Anwaltshaftung verlangen.
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