Etwa 40 Journalisten aus Deutschland, der Türkei und Russland drängen sich im Konferenzraum der Lübecker Hafengesellschaft mit Blick auf die hell erleuchteten Anlegestellen. Etwas entfernt an der Anlegestelle 8 beim Frachter „Suecia Seaways“ herrscht bereits geschäftiges Treiben: „Das Material ist seeverladefähig verpackt und positioniert - wir haben ab 7 Uhr 30 bereits planmäßig begonnen zu beladen“, erklärt Oberst Klaus-Dieter Cohrs, stellvertretender Kommandeur und Chef des Stabes des Logistikzentrum der Bundeswehr in Wilhelmshaven, den Medienvertretern, bevor die Gruppe den Hafenumschlag aus nächster Nähe mitverfolgen wird.
Große Vielfalt
Das mediale Interesse an der Verladeaktion ist groß, bereits über den Anmarsch des Materials am Wochenende war ausführlich berichtet worden. Im Zentrum des Interesses sind die Trägerfahrzeuge für das Waffensystem PATRIOT der Flugabwehrraketengruppen 21 (Sanitz) und 24 (Bad Sülze), die sorgfältig aufgereiht auf der Vorstaufläche auf ihre Verladung warten. Bei einem genauen Blick wird die Vielfalt des Einsatzverbands deutlich: die Fahrzeuge der Luftwaffe stehen neben ABC-Spürpanzern vom Typ Fuchs, Fahrzeugen der Feldjäger und Krankenwagen der Sanitäter.
Gefragte Erfahrung
Die verschiedenen Truppenteile haben ihr Material hier nach Travemünde verlegt und es dann in die Verantwortung der Logistikspezialisten der Streitkräftebasis gegeben. Die Federführung liegt beim Logistikzentrum der Bundeswehr, dort hat man die notwendige Erfahrung mit einem Hafenumschlag dieser Größenordnung: „Wir haben den Umschlag in diesem Hafen bereits erprobt. Die Infrastruktur hier ist sehr gut, er liegt günstig zu den Standorten der anderen Truppenteile und bietet ausreichend Platz“, erklärt Cohrs.
Schnelle aber zuverlässige Planung
Nach dem Beschluss des Bundestages Anfang Dezember beginnt für Fregattenkapitän Kai Brodowski und seine Kameraden vom Dezernat für Seetransport des Logistikzentrums die heiße Phase: „Wir haben in einer Projektgruppe die Wirtschaftlichkeit und andere Faktoren abgewogen und uns für den Seeweg entschieden. In sehr kurzer Zeit wurde dann geplant, von der Wahl des Hafens und des Schiffes, der Festlegung der Anmarschwege bis zum Umschlag musste alles sehr schnell gehen“, beschreibt der Stabsoffizier. Den Umschlag selbst führen die Soldaten der Umschlagkompanie des Logistikbataillons 161 aus Delmenhorst durch – 60 Männer und Frauen packen an. Die Container verlädt ziviles Personal vom Hafen Lübeck-Travemünde.
Enge Zusammenarbeit
Direkt an der Anlegestelle steht der stellvertretende Kompaniechef Oberleutnant Thomas Karstens. Seine Soldaten mit den neongelben Warnwesten über der Uniform fahren in geordneten Abständen die Fahrzeuge auf das Schiff, rangieren und machen die Ladung fest – im Fachjargon „laschen“. Die Zusammenarbeit zwischen Umschlagkompanie und Logistikzentrum ist eng, der Umschlag-Soldat auf der Vorstaufläche bekommt seine Anweisungen per Funk vom Lademeister des Logistikzentrums aus dem Bauch des Schiffes. So bewegen sich in einem konstanten Fluss Fahrzeuge und Container in das Schiffsinnere.
Herausforderungen
„Nächstes Fahrzeug: 10-Tonner“ schnarrt es aus dem Funkgerät von Oberleutnant Karstens. Die letzten Fahrzeuge sollen auf das Schiff. „Die Lastwagen mit drei Achsenanhänger sind besonders schwierig zu verladen, wegen der beweglichen Achsen“, beschreibt der Logistiker eine der Herausforderungen. „Wir versuchen diese so zu stellen, dass wir beim Ausladen nicht allzu lange rückwärtsfahren müssen“, erklärt er. „Zudem ist relativ viel Platz zwischen den Fahrzeugen, denn während des Transports wird relativ starker Seegang erwartet.“ Das gleiche Team wie heute wird auch am Zielhafen die Ladung löschen.
Der Auftrag geht weiter
Der Umschlag läuft ohne Verzögerung. Nahezu vollbeladen wird die gecharterte „Suecia Seaways“ auf ihre Reise gehen und am 21. Januar im türkischen Hafen Iskenderun erwartet – das Personal kommt per Lufttransport. Für die Logistiker ist der Auftrag dann aber noch nicht erfüllt: „Das Ausladen dauert nochmal etwa einen Tag und die Übergabe an die Truppe etwa zwei bis drei Tage. Pünktlich Anfang Februar ist der Verband dann einsatzbereit“, verspricht Oberst Cohrs.
Autor: Dennis Schneider (@email)