Die operativen Probleme bekommt das Management von DB Cargo seit Jahren nicht in den Griff. Der Fuhrpark ist veraltet, die Prozesse sind vielfach analog, die Einsatzpläne der Mitarbeiter teilweise schlecht abgestimmt. Die Chefs wurden innerhalb von zehn Jahren vier Mal ausgetauscht. Zu sichtbaren Verbesserungen hat es bisher nicht geführt. Auch in diesem Jahr haben die Lokführer in nur rund 35 Prozent ihrer tatsächlichen Arbeitszeit einen Güterzug gesteuert, schätzen Branchenexperten. Interne Auswertungen zeigen angeblich, dass die Werte im ersten Halbjahr 2019 nicht nur unter Plan liegen, sondern sogar auch unter Vorjahresniveau.
Die Politik will jetzt entscheiden, ob der Einzelwagenverkehr überhaupt noch eine Zukunft hat – und wenn ja, welche. Die Defizite jedenfalls summieren sich seit Jahren auf immer neue Rekordwerte. Das „kalkulatorische Segmentergebnis“ erhöhte sich von einem Verlust in Höhe von 98 Millionen Euro im Jahr 2014 auf ein Minus von angeblich 211 Millionen Euro im Jahr 2018, wie interne Dokumente belegen sollen.
GÜTERBAHN VOR EINER HISTORISCHEN ZÄSUR
Jetzt steht die Güterbahn der Deutschen Bahn vor einer historischen Zäsur. Ein Gutachten für den Konzern empfiehlt einen radikalen Neuanfang für den Einzelwagenverkehr, bei dem Güterzüge aus einzelnen Waggons durch Rangiermanöver zusammengesetzt werden. Diese Art der Zugzusammenstellung sei teuer und komplex, das Segment „seit Jahren defizitär“, heißt es in dem Bericht.
Die externen Gutachter schlagen zwei Lösungsszenarien vor, die letztlich auf Subventionen oder auf Personalabbau hinauslaufen. Option eins: Der EV werde weiterentwickelt, „unterstützt durch Fördermaßnahmen“ des Staates. Option zwei: Der EV fokussiere sich auf einen „wirtschaftlichen Kern“. Nötig seien dann eine „deutlich“ schlankere Organisation und höhere Produktivität. Wachstum sei dabei „punktuell“ möglich.
Die große Koalition hatte für den Geschäftsbereich auf einen Prüfauftrag gedrängt, „wie Einzelwagenverkehre wirtschaftlich betrieben werden können“. Dem ist die Bahn jetzt nachgekommen. Entweder müsse der Staat nun viele Millionen an Subventionen bereitstellen oder auf volkswirtschaftlichen Nutzen verzichten. Der Einzelwagenverkehr sei „wichtig für die deutsche Wirtschaft“, heißt es in dem Gutachten weiter, er sei „das Rückgrat des europäischen Schienengüterverkehrs“. Die Bahn bestätigt den Inhalt des Gutachtens, das „zunächst von uns intern bewertet“ und mit der Politik diskutiert werde.
DB CARGO SCHRUMPFT
Das EV-Segment steht für rund 1,4 Milliarden Euro Umsatz und damit fast ein Drittel des Geschäfts von DB Cargo. Mitarbeiter hatten bereits Ende 2018 auf die Probleme von DB Cargo hingewiesen. In einem Brief an den Konzernvorstand bemängelten sie, dass die Umläufe der Züge nicht funktionieren würden. Außerdem sind viele Wagen und Loks kaputt. Es gebe „erhebliche Ersatzteilmängel“, schrieben sie in dem Brief. Auch dazu liegen neue Zahlen vor: Es gebe mehr als 5000 kaputte Güterwagen, heißt es in einem Reporting von DB Cargo für das erste halbe Jahr 2019 – weit über Plan.
Seit zehn Jahren schrumpft DB Cargo während der Gütertransport in Deutschland boomt. Die Konzerntochter schreibt permanent Verluste. Die große Koalition hat sich allerdings bereits darauf geeinigt, eine Lösung für den Einzelwagenverkehr von DB Cargo zu finden. Gegebenenfalls auch durch staatliche Subventionen.
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