Zur gleichen Zeit in Budapest. Archäologen jubeln über 2.000 Gold- und Silbermünzen, die sich in einem vor rund 300 Jahren gesunkenen Handelsschiff befinden. Dazu antike Degen, Säbel und Kanonenkugeln. Welch schöner historischer Donau-Fund – der ohne die niedrigen Wasserpegelstände wohl noch immer im Verborgenen liegen würde.
Naivität beiseite. Fern von touristischen und archäologischen Freuden haben Niedrigwasserzustände eher keine Vorteile. Schon gar keine wirtschaftlichen und logistischen. Mehrere Milliarden Euro. So hoch schätzt der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Volker Wissing – wenn auch ganz schön unpräzise – die finanziellen Schäden, die durch das Niedrigwasser im vergangenen Jahr entstanden sind. Weder auf Elbe, Donau noch auf dem Rhein konnten Güter in gewohnter Quantität transportiert werden.
IM NIEDRIGWASSER VERSICKERN DIE GEWINNE
Es kam auch zu Treibstoffengpässen, weil Tankschiffe nicht mehr voll beladen fahren konnten. Und BASF – um ein konkretes Beispiel zu nennen – beklagte zudem starke Produktionseinschränkungen, da das Kühlwasser, das aus dem Rhein entnommen wird, behördlich drastisch limitiert wurde. Auch deswegen machte der größte Chemiekonzern der Welt, flankiert von der Autoflaute und dem Handelsstreit zwischen den USA und China, ein Viertel weniger Gewinn in 2018.
Ein Viertel weniger. Das trifft im Allgemeinen auf die Binnenschifffahrt zu. Wie die zuständige Bonner Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) mitteilte, wurden etwa an der Schleuse Iffezheim am Oberrhein in Baden-Württemberg im Vergleich zum Vorjahr 23,6 Prozent weniger Güter transportiert. Noch stärker erwischte es den Wesel-Datteln-Kanal in Nordrhein-Westfalen – hier sank die Gütermenge um rund 25 Prozent und die Zahl der Schiffe um zwölf Prozent. Und auch an der Schleuse Kostheim am Main nahe Mainz kam es zu Einbußen: 21 Prozent weniger Güter und Schiffe. Kostheim ist eine der meistbefahrenen Schleusen in Deutschland.
20 ZENTIMETER TIEF, 50 KILOMETER LANG
So bereitet die GDWS derzeit eine Vertiefung des Mittelrheins um 20 Zentimeter vor – auf einer 50 Kilometer langen Strecke zwischen Sankt Goar und Mainz. Auch deswegen, weil keine klimabedingte Veränderung der Wasserstände zu erwarten sei, wie Michael Heinz, Leiter der Abteilung Umwelt und Technik von der GDWS, behauptet. Weder zum Positiven noch zum Negativen.
ZAHLREICHE HINDERNISSE MÜSSEN NOCH ÜBERWUNDEN WERDEN
Aufgrund langwieriger Genehmigungsverfahren sei mit einer Vertiefung des Mittelrheins aber nicht vor 2030 zu rechnen.
Zudem erfordern die naturschutzfachlichen Randbedingungen vorbereitende Untersuchungen – und die sind ebenfalls zeitintensiv.
Auch beklagen die Wasserstraßenverwaltungen in den Planungsabteilungen großen Personalmangel. „Die Personalausstattung ist bei Weitem noch nicht ausreichend und wird der Komplexität des Vorhabens nicht gerecht“, kritisiert ein Sprecher des hessischen Verkehrsministeriums gegenüber der Welt.
Schließlich bestünde ein gewisses Projektrisiko, weil man Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorhalten müsse.
NUTZEN-KOSTEN-FAKTOR VON 30:1
Aber die Bemühungen könnten sich lohnen. Vertraut man auf die von der GDWS in der Deutschen Verkehrs-Zeitung (DVZ) kommunizierten Zahlen, führt eine Fahrrinnenvertiefung zu einer Mehrabladung von 200 bis 250 Tonnen pro Schiff – bei einem Nutzen-Kosten-Faktor von 30:1. Das würde die Straßen extrem entlasten. Und auch der Umwelt zugutekommen – sind Binnenschiffe doch im Vergleich zum Lastkraftwagen klimafreundlicher. Zumindest theoretisch. Denn viele Binnenschiffe sind noch mit Motoren aus den 70er Jahren ausgestattet. Und das sind leider absolute „Rußpartikelschleudern“. Allerdings wird der Austausch gefördert. Wenn auch nicht gerade üppig. Jährlich stehen dafür – wie GWDS-Präsident Hans-Heinrich Witte betont – 40 Millionen Euro zur Verfügung.
BITTE NICHT ZU FRÜH JUBELN
Wie man sieht: Kurz- und mittelfristig wird die Logistik von einer Mittelrheinvertiefung nicht profitieren. Langfristig aber könnte eine Fahrrinnenanpassung zu einem Aufstieg des Binnenschiffs führen. Aktuell liegt der Binnenschiff-Anteil an der Transportleistung in Deutschland bei lediglich rund acht Prozent.
Schließlich noch eine weitere Ungewissheit: Es mag zwar sein, dass Experten wie Michael Heinz keine klimabedingten Veränderungen erwarten. Aber Experten können sich ja auch mal irren. Was ist, wenn die Flussstände weiter sinken – oder sich wieder erhöhen?
Am besten also erst mal beobachten, keine voreiligen Schlüsse ziehen – und einstweilen auf Schatzsuche gehen …
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