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Bundespresseamt

Institution

Pressestatement von Pofalla nach der Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums am 12.08.2013


12. August 2013, 22:19
PRESSEMITTEILUNG/PRESS RELEASE

Ich heiße Sie auch alle recht herzlich willkommen! Wir hatten aus meiner Sicht eine informative und gute Sitzung. Um das Ergebnis gleich vorwegzunehmen: Die NSA und der britische Nachrichtendienst haben erklärt, dass sie sich in Deutschland an deutsches Recht halten, der BND und der Verfassungsschutz ebenfalls. Durch die professionelle Zusammenarbeit aller Dienste wurden und werden Anschläge auf deutsche und amerikanische Soldaten in Afghanistan in beachtlichem Umfang verhindert.

Bevor ich im Einzelnen zu den Punkten komme, möchte ich um Ihr Verständnis bitten.

Die Arbeit unserer Nachrichtendienste, und das liegt in der Natur der Sache, muss in Teilen geheim bleiben; sonst können unsere Dienste, die einen wichtigen Beitrag zu unserer Sicherheit leisten, ihrer Arbeit nicht erfüllen. Es geht hierbei ganz konkret um das Leben unserer Soldatinnen und Soldaten oder auch um laufende Entführungsfälle. Ich kann daher hier und heute öffentlich nicht jedes Detail darlegen. Aber ich kann Ihnen versichern, dass ich im Parlamentarischen Kontrollgremium zu allen gestellten Fragen, zu allen Details Auskunft gegeben habe.

Ich komme jetzt zu den Ergebnissen. Ende Juli und Anfang August - zum Teil übrigens genau heute vor einer Woche - haben verschiedene hochrangige Gespräche in London und in Washington stattgefunden. Diese Gespräche haben zusätzliche Klarheit gebracht, über die ich Sie gleich hinsichtlich der Erkenntnisse, die wir heute feststellen können, informieren möchte. Nun zu den wichtigsten Ergebnissen im Einzelnen:

1. Die NSA hat uns schriftlich versichert, dass sie Recht und Gesetz in Deutschland einhält. Ich zitiere aus einem NSA-Papier, das uns zu den Gesprächen in Washington übermittelt worden ist: „Die NSA hält sich an alle Abkommen, die mit der deutschen Bundesregierung, vertreten durch die deutschen Nachrichtendienste, geschlossen wurden, und hat sich auch in der Vergangenheit stets daran gehalten.“ Bereits in einem Memorandum of Agreement zwischen der NSA und den BND vom 28. April 2002 hat die NSA versichert, und ich muss wieder zitieren: „Die NSA erklärt ihr Einverständnis, sich an die deutschen Gesetze und Bestimmungen zu halten, die die Durchführung von Fernmelde- und elektronischer Aufklärung und Bearbeitung in Deutschland regeln.“ Am 23. Juli dieses Jahres hat uns die NSA schriftlich zugesagt: „Die NSA unternimmt nichts, um deutsche Interessen zu schädigen.“ Das bedeutet, unsere zentrale Forderung, dass auf deutschem Boden deutsches Recht eingehalten werden muss, wird demnach durch die NSA erfüllt. Das haben wir jetzt nicht nur mündlich, sondern auch noch einmal schriftlich bestätigt bekommen.

2. Auch der britische Nachrichtendienst hat uns mündlich wie schriftlich versichert, sich an Recht und Gesetz in Deutschland zu halten. Ich zitiere aus einem Schreiben des britischen Nachrichtendienstes, das uns übermittelt wurde: „Unsere Arbeit unterliegt jederzeit“ - jederzeit! - „den gesetzlichen Vorschriften beider Länder.“ Wichtig ist in diesem Zusammenhang: Dieses Schreiben ist vom britischen Außenminister persönlich autorisiert.

3. Ich betone noch einmal: Selbstverständlich halten sich auch unsere Nachrichtendienste an Recht und Gesetz. Mit anderen Worten: Der amerikanische, der britische und die deutschen Nachrichtendienste bestätigen, dass sie in Deutschland geltendes Recht eingehalten haben.

4. Auch die in Deutschland relevanten Internetknotenpunktbetreiber und Verbindungsnetzbetreiber haben gegenüber der Bundesnetzagentur am vergangenen Freitag erneut bekräftigt, dass sie die Vorgaben des Telekommunikationsgesetzes in Deutschland einhalten. Dies umfasst insbesondere auch die Vorschriften zum Schutz der Daten unserer Bürgerinnen und Bürger. Das Fernmeldegeheimnis wird dementsprechend von den Unternehmen gewahrt.

5. Die Nachrichtendienste der USA, also die NSA, und Großbritanniens haben uns zugesagt, dass es keine flächendeckende Datenauswertung deutscher Bürger gibt. Die Daten, über die in den letzten Wochen teilweise hitzig diskutiert worden ist, stammen also nicht aus der Aufklärung der NSA oder des britischen Nachrichtendienstes. Sie stammen aus der Auslandsaufklärung des BND. Diese Daten erhebt der BND im Rahmen seiner Gesetze und leitet sie auch auf der Grundlage des Abkommens vom 28. April 2002 an die NSA weiter. Deutsche Daten, um es noch einmal klar zu sagen, werden dabei vorher in einem mehrstufigen Verfahren herausgefiltert. Zudem werden die gewonnenen Daten des BND durch einen eigenen G-10-Beauftragten, der die Befähigung zum Richteramt hat, kontrolliert. Der Vorwurf der vermeintlichen Totalausspähung in Deutschland ist nach den Angaben der NSA, des britischen Dienstes und unserer Nachrichtendienste vom Tisch. Es gibt in Deutschland keine millionenfache Grundrechtsverletzung, wie immer wieder fälschlich behauptet wird.

6. Was es gibt, ist eine Zusammenarbeit und eine Auswertung von Daten in ganz konkreten Einzelfällen, die unserer Sicherheit dienen und die unsere Sicherheit betreffen. Über den noch immer entführten Deutschen habe ich Ihnen vor zweieinhalb Wochen bereits berichtet. Im Zusammenhang mit diesem Entführungsfall sind zum Schutz des entführten Deutschen im Jahre 2012 gemäß § 7a des G-10-Gesetzes zwei Datensätze des BND rechtmäßig an die NSA weitergeleitet worden.

7. Durch die Übermittlung von Auslandsdaten des BND an unsere amerikanischen Partner werden nach Angaben der NSA pro Woche drei bis vier IED-Anschläge auf die Truppen in Afghanistan abgewendet.

8. Durch die eigene Analyse der bei der Auslandsaufklärung durch den BND gewonnenen Daten sind seit Januar 2011 insgesamt 19 Anschläge gegen deutsche Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan verhindert worden.

Ich sage Ihnen hier deshalb: Unsere Nachrichtendienste leisten gute Arbeit zum Schutz der deutschen und der amerikanischen Soldatinnen und Soldaten.
9. Die Bundesregierung hat die sogenannten 68er-Vereinbarungen, die noch aus der Zeit des Kalten Krieges stammen, und den USA, Großbritannien und Frankreich Sonderrechte bei der Kommunikationsüberwachung eingeräumt haben, zwischenzeitlich im Einvernehmen mit unseren Partnern aufgehoben.
10. Das Kontrollgremium ist seit 1998 bis zu Beginn der aktuellen Berichterstattung im Juni dieses Jahres bereits siebenundzwanzig Mal über Fragen der Zusammenarbeit mit den USA, Datentransfer oder Bad Aibling informiert worden. Selbstverständlich wird das Kontrollgremium auch weiterhin über den weiteren Prozess zeitnah und umfassend informiert. Ich habe deshalb das Kontrollgremium eingeladen, sich, genau wie im Jahre 2000, ein Bild vor Ort in Bad Aibling zu machen. Wir wollen Transparenz gegenüber dem Deutschen Bundestag.

11. Die entscheidende Grundlage neben dem BND-Gesetz und dem Verfassungsschutzgesetz für die enge Zusammenarbeit zwischen dem BND und der NSA ist im Jahr 2002 unter dem damaligen Chef des Kanzleramtes, Herrn Steinmeier, geschlossen worden. Am 28. April 2002 wurde in einem Memorandum of Agreement detailliert festgelegt, dass zwischen dem BND und der NSA Daten ausgetauscht sowie Programme und Methoden zur Erfassung entwickelt werden sollen. Unterzeichnet worden ist dieses Dokument vom damaligen Chef der NSA, Hayden, und dem damaligen BND-Chef, Präsident Hanning.

Die Grundsatzentscheidung, dass ein solches Memorandum of Agreement abgeschlossen werden soll, hat Herr Steinmeier bereits am 24. Juli 2001, also sogar noch vor den Anschlägen des 11. September, getroffen. Das geht zweifelsfrei aus den Akten des Kanzleramtes und des BND hervor.

Ich sage hier deutlich, damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich halte dieses Memorandum of Agreement für richtig und - ich ergänze - auch für erfolgreich, wenn ich an die drei bis vier vereitelten Anschläge auf Soldatinnen und Soldaten pro Woche und die 19 verhinderten Anschläge gegen deutsche Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan seit 2011 denke.

Um es noch klarer zu machen, damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich hätte die Entscheidung, ein solches Memorandum of Agreement zu erarbeiten, genauso getroffen, wie es Herr Steinmeier getan hat. Kritik daran, dass die heutige Bundesregierung auf der Grundlage der deutschen Gesetze und des Abkommens aus 2002 handelt, weise ich entschieden zurück.

12. Aus aktuellem Anlass möchte ich auch etwas zur Übermittlung von Mobilfunknummern durch den BND an Partnerdienste sagen. Über dieses Thema ist übrigens im Kontrollgremium in den vergangenen Jahren immer wieder gesprochen worden. Ich weise deshalb darauf hin, weil man manchmal an Wochenenden den Eindruck hat, als ob unter dem Vorwand neuer Erkenntnisse Debatten, die vor zwei oder drei Jahren hier im Parlamentarischen Kontrollgremium übrigens über Stunden bereits verhandelt worden sind, nun erneut öffentlich diskutiert werden.

Die Datenweitergabe erfolgt auf der Grundlage des BND-Gesetzes. Die Übermittlungspraxis erfolgt seit 2003/2004. Die Experten der Sicherheitsbehörden des Bundes haben versichert, dass GSM-Mobilfunknummern für eine zielgenaue Lokalisierung nicht geeignet sind.

13. Welche weiteren Schritte unternimmt die Bundesregierung?
Erstens. Die Bundesregierung treibt in der EU die Arbeiten an einer Datenschutzverordnung mit Nachdruck voran.
Zweitens. Die US-Seite hat uns den Abschluss eines No-Spy-Abkommens angeboten. Ich habe deshalb den Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes gebeten, dieses Angebot aufzugreifen und noch in diesem Monat mit den Verhandlungen zwischen dem BND und der NSA zu beginnen. BND-Präsident Schindler hat dazu bereits am vergangenen Freitag den Chef der NSA, General Alexander, angeschrieben. Ich will dieses Angebot der Amerikaner aus meiner Sicht auch an einer Stelle interpretieren. Dieses Angebot könnte uns niemals gemacht werden, wenn die Aussagen der Amerikaner, sich in Deutschland an Recht und Gesetz zu halten, nicht tatsächlich zutreffen wird. Deshalb glaube ich, dass wir hier übrigens bei der Zusammenarbeit der Dienste die einmalige Chance haben, einen Standard zu setzen, der mindestens unter den westlichen Diensten stilbildend sein könnte für die zukünftige Arbeit.

Drittens haben die Forderungen aus dem Parlament, die Kontrollrechte des Parlamentarischen Kontrollgremiums gegenüber den Nachrichtendiensten zu erweitern, meine volle Sympathie. Ich würde es daher begrüßen, wenn der neue Bundestag hierzu fraktionsübergreifend eine Initiative startet; denn ich bin der festen Überzeugung, dass aus einer wirksamen Kontrolle eines Gremiums - wie immer es heißt -, das dem Deutschen Bundestag zugeordnet wird, am Ende auch eine stärkere - und ich füge sogar hinzu: eine neue - Legitimation unserer Dienste erfolgen kann. Aus den vier Jahren meiner Arbeit - da will ich ganz klar Stellung beziehen - weiß ich, welche Sicherheit über unsere Dienste in Deutschland und welche Sicherheit über unsere Dienste Beispiel in Afghanistan nicht nur für deutsche Soldatinnen und Soldaten, sondern auch für amerikanische und für andere Verbündete entsteht.

Deshalb fasse ich zusammen: Recht und Gesetz werden in Deutschland nach Angaben der NSA und des britischen Nachrichtendienstes eingehalten. Die Grundrechte unserer Bürgerinnen und Bürger in Deutschland werden gewahrt. Selbstverständlich handeln auch unsere Nachrichtendienste nach Recht und Gesetz. Dabei haben sie viele Anschläge - darauf bin ich eingegangen - gegen deutsche und amerikanische Soldaten verhindert.

Abschließend möchte ich betonen: Es geht bei der Zusammenarbeit der Nachrichtendienste um das vitale, grundlegende Interesse unseres Landes. Unsere Nachrichtendienste arbeiten hart, um die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten zu gewährleisten, das Leben der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zu schützen und in vielen Fällen, wo es um Entführungen geht, wichtige, zentrale Dienste zur Sicherheit der Entführten zu leisten. Unsere Nachrichtendienste leisten rechtsstaatlich korrekte und gute Arbeit. Diese Erkenntnis sollte uns einen bei allen Auseinandersetzungen, die ein Wahlkampf mit sich bringt. Ich für meinen Teil - das kann Ihnen versichern - werde meinen Beitrag dazu leisten.

Herzlichen Dank.

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