Ingolstadt/Spa, 05.05.2012 - Audi sorgte bei der Premiere von zwei neuen Fahrzeugtypen für Spannung: Romain Dumas/Loïc Duval/Marc Gené gewannen in einem offenen Kampf der Fahrzeugkonzepte die 6 Stunden von Spa, den zweiten Lauf der FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC. Hinter dem Audi R18 ultra des Trios kamen die Vorjahres-Le-Mans-Sieger Marcel Fässler/André Lotterer/Benoît Tréluyer ins Ziel. Sie haben das Rennen in der Anfangsphase mit dem Audi R18 e-tron quattro dominiert, dem ersten Diesel-Hybridsportwagen der Geschichte. Am Ende mussten sie sich allerdings geschlagen geben. Die anderen beiden Audi-Fahrerteams komplettierten einen perfekten Vierfachsieg der Marke.
Die geglückte Rennpremiere des Audi R18 ultra und des R18 e-tron quattro war für Audi ein wichtiger Meilenstein: In ihrem ersten Wettbewerb bewiesen die beiden Fahrzeugkonzepte neben ihrer Standfestigkeit eine sehr ausgeglichene Leistungsbilanz. Damit wird eine grundlegende Weichenstellung von Audi – die Entscheidung für zwei Fahrzeugkonzepte – beim ersten Einsatz durch das sportliche Resultat bestätigt: Gravierende technische Vorteile einzelner Konzepte können durch das LMP-Sportprototypen-Reglement so ausgeglichen werden, dass ein spannender Wettbewerb entstehen kann – auch wenn diese Fragestellung auf jeder Rennstrecken unter sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen stets neu zu beantworten ist.
Auf der regennassen Strecke von Spa-Francorchamps dominierten zunächst die beiden Hybrid-Sportwagen das Geschehen: André Lotterer übernahm im R18 e-tron quattro mit der Startnummer „1“ schon nach wenigen Runden die Führung von Tom Kristensen im Hybrid-Schwesterfahrzeug mit der Nummer „2“. Lotterer fuhr fast eine Minute Vorsprung auf den besten konventionell angetriebenen Audi R18 ultra heraus, die von Marc Gené pilotierte Startnummer „3“. Zwei Faktoren sorgten am Ende der ersten Rennstunde für die Vorentscheidung: Auf abtrocknender Strecke zog Marc Gené beim ersten Boxenstopp als einziger Audi-Pilot Slicks auf, während die übrigen Fahrer Intermediates erhielten. So war die spanische Neuverpflichtung von Audi auf dem 7,004 Kilometer langen Kurs um bis zu vier Sekunden schneller als der Rest. Gleichzeitig wurde der Audi R18 e-tron quattro Nummer „2“ wegen eines Defekt an der vorderen Beleuchtung zum Tausch der Fronthaube gezwungen. Tom Kristensen verlor dabei fast eine Minute.
Dank der mutigen Reifenwahl verwandelten Marc Gené und Loïc Duval einen Rückstand von rund einer Minute im Verlauf von 37 Rennrunden in einen Vorsprung. In Runde 63 übernahm Duval die Spitze – das Auto mit der Startnummer „3“ gab sie bis ins Ziel nicht mehr ab. Damit gelang Gené, der als Reservefahrer den verletzten Timo Bernhard ersetzt, ein furioser Einstand bei Audi. Nach seinen Erfolgen 2008 und 2011 feiert der Spanier seinen dritten Sportwagen-Sieg in Spa.
Hinter Marcel Fässler/André Lotterer/Benoît Tréluyer auf Rang zwei folgten Marco Bonanomi/Oliver Jarvis im zweiten Audi R18 ultra. Beide beendeten ihr Sportwagen-Debüt im Audi-Werksteam mit einem Podiumsplatz. Capello/Kristensen/McNish mussten sich mit dem undankbaren vierten Platz begnügen, reisen aber keinesfalls mit leeren Händen aus Spa ab: Allan McNish gelang am Freitag die Trainingsbestzeit, und in der Tabelle zur Langstrecken-Weltmeisterschaft belegen die Sebring-Sieger nun den zweiten Platz mit 41 Zählern. Neue Spitzenreiter sind die Romain Dumas und Loïc Duval mit 43 Punkten.
Audi ist mit dem Vierfachsieg in Spa, vier zuverlässig funktionierenden Rennwagen, einem geschlossenen Fahreraufgebot und dem effizient arbeitenden Audi Sport Team Joest eine erfolgreiche Generalprobe für die 24 Stunden von Le Mans geglückt. Der Langstreckenklassiker wird am 16. und 17. Juni zum 80. Mal ausgetragen. Audi peilt dort den elften Gesamtsieg an.
Stimmen nach dem Rennen
Dieter Gass (Leiter Renneinsatz): „Wir sind sehr glücklich mit diesem Ergebnis. Es hätte insgesamt nicht besser laufen können, auch wenn es zum Schluss noch ein bisschen unberechenbar wurde. Wir haben uns an zwei Autos jeweils einen Reifenschaden eingefangen, weil nach den vielen Unfällen offensichtlich einige scharfe Teile auf der Strecke gelegen haben. Technisch liefen die Autos sechs Stunden lang ohne Probleme. Das war ein wichtiger Schritt in der Vorbereitung auf Le Mans. Danke an die Mannschaft nach einer sehr harten Vorbereitungszeit. Das ist der schönste Lohn, den man sich wünschen kann.“
Ralf Jüttner (Technischer Direktor Audi Sport Team Joest): „Wir haben einen Vierfachsieg gefeiert und sehr viel gelernt mit den vier Autos und unterschiedlichen Reifenstrategien. Alle Autos sind technisch ohne Probleme ins Ziel gekommen. Die Wahl von Audi, auf zwei Konzepte zu setzen, war richtig. Der R18 e-tron quattro ist ein starkes Auto, aber der R18 ultra hat eben auch gewisse Vorteile. Mit dem R18 e-tron quattro wird in der Zukunft aber noch einiges kommen. Es war das erste Rennen mit dem Hybridauto, das am Ende auf Platz zwei und vier ankam. Glückwunsch an die Sieger Romain Dumas, Loïc Duval und Marc Gené und auch an Oliver Jarvis und Marco Bonanomi, die ihr ersten Rennen völlig ohne Fehler fuhren. Es war eine gute Generalprobe für Le Mans. Danke an die Mannschaft in dieser harten, arbeitsreichen Zeit.“
Romain Dumas (Audi R18 ultra #3): „Wir hatten ein perfektes Rennen. Meine Teamkollegen und unsere Mannschaft haben eine tolle Leistung gezeigt. Unsere Strategie war genau richtig und wir hatten einen geringen Kraftstoffverbrauch. Das hat sich ausgezahlt. So haben wir unseren Vorsprung ausgebaut. Die Reifen waren sehr gut, deshalb habe ich am Ende auch auf einen Reifenwechsel verzichtet. Das war ein weiterer Grund für unseren Erfolg.“
Loïc Duval (Audi R18 ultra #3): „Heute haben wir eine Überraschung erlebt. Das war erst mein zweites Rennen mit Audi, aber schon mein erster Sieg. Wie immer gab es kein einziges Problem, wenn ich in einem Audi sitze. Die Bedingungen waren anfangs sehr schwierig, aber das Auto war fantastisch. Wir haben überhaupt keine Probleme gehabt. Es ist ein schönes Ergebnis für Audi, auf den Plätzen eins, zwei, drei und vier ins Ziel zu kommen. Ich freue mich sehr, ganz oben auf dem Siegerpodest zu stehen.“
Marc Gené (Audi R18 ultra #3): „Das war unglaublich. Mehr war nicht möglich heute. Das Leben steckt voller Überraschungen. Beim Debüt mit Audi habe ich meinen dritten persönlichen Sieg in Spa eingefahren. Es war ein ehrlicher Sieg unter schwierigen Bedingungen. Als Fahrerteam haben wir gut zusammengepasst, die Ingenieure, das Team und das Auto waren perfekt. An einen Sieg hätte ich nie geglaubt. Ich hatte mir einen Podiumsplatz zum Ziel gesetzt.“
Marcel Fässler (Audi R18 e-tron quattro #1): „Einen herzlichen Glückwunsch an Audi und das Auto mit der Nummer ‚3’ zum Sieg. Sie haben perfekte Arbeit geleistet und ihre Entscheidungen im richtigen Moment getroffen. Wir hatten das Tempo zum Sieg. Ein Schlüsselzeitpunkt war eine Safety-Car-Phase, die uns von den Vordermännern getrennt und von 15 auf 50 Sekunden Abstand zurückgeworfen hat. Es war schwierig, einen solchen Abstand wettzumachen. Nach meinem Boxenstopp hat einmal ein Rad beim Anbremsen blockiert. Danach entstanden starke Vibrationen und ich konnte nicht mehr um den Sieg kämpfen. Ich habe den zweiten Platz abgesichert, um wichtige Punkte für die Weltmeisterschaft zu sammeln. Um einen Reifenschaden zu vermeiden, habe ich sicherheitshalber neue Räder aufziehen lassen.“
André Lotterer (Audi R18 e-tron quattro #1): „Ein großartiges Rennen für Audi mit einem Vierfachsieg. Als ich zu Rennbeginn im Regen im Auto saß, hat mir die Technologie des R18 e-tron quattro besonders viel Spaß gemacht. Auch wenn die Technologie noch ganz neu ist, hat sie doch hervorragend funktioniert. Leider haben wir die Führung nicht behalten, aber wir befinden uns noch in einer Lernphase. Insgesamt aber ein schöner Auftakt vor der ganz großen Herausforderung, den 24 Stunden von Le Mans.“
Benoît Tréluyer (Audi R18 e-tron quattro #1): „Platz zwei bei der Premiere des Hybridfahrzeugs ist ein gutes Ergebnis. Das Auto lief absolut tadellos – ein gutes Zeichen für die Zukunft. Unser Audi R18 e-tron quattro war im Regen wirklich sehr gut. Als es abtrocknete und ich im Cockpit saß, entwickelte das Auto eine Tendenz zum Untersteuern. Das kostete uns im Kampf mit der Nummer ‚3’ viel Zeit. Aber wir stehen erst ganz am Anfang mit diesem neuen Konzept.“
Marco Bonanomi (Audi R18 ultra #4): „Es war ein wirkliches tolles Rennen. Es war mein erstes in einem Sportprotyp von Audi, daher kann ich nicht mehr verlangen. Gestern waren wir Zweite im Qualifying, heute sind wir auf Platz drei gefahren. Das Rennen war sehr schwierig. Anfangs war es ganz schön nass, dann ist der Asphalt immer mehr abgetrocknet. Oliver und ich waren bei allen Bedingungen schnell. Die Boxenmannschaft hat tolle Stopps gemacht. Leider hatten wir bei der ersten Safety-Car-Phase Pech und verloren eine Runde an der Roten Ampel am Ende der Boxengasse.“
Oliver Jarvis (Audi R18 ultra #4): „Ein toller Tag. Das wichtigste war, keinen Fehler zu begehen und so viele Kilometer wie möglich zu absolvieren. Wir sind zwar unerfahren, aber unser Tempo war da. Jetzt bleibt der Wunsch, in Le Mans ebenfalls aufs Podium zu kommen – vielleicht sogar noch ein bisschen weiter oben.“
Dindo Capello (Audi R18 e-tron quattro #2): „Insgesamt ein tolles Ergebnis. Zum ersten Mal hat Audi die ersten vier Plätze belegt. Herzlichen Glückwunsch an die Sieger, aber ich hoffe, dass es nicht mehr lange dauert, bis ein Audi R18 e-tron quattro zum ersten Mal gewinnt. Audi hat einen tolle Arbeit gemacht, mit vier neuen Autos hier anzutreten und einen Vierfach-Sieg einzufahren. Mit unserem Auto hatte ich die Aufgabe, drei Rennabschnitte mit den Reifen fahren, um sie für Le Mans zu erproben. Die Reifen haben jedoch nach meinem letzten Stopp vorn stark abgebaut und ich bekam immer stärkeres Untersteuern – wodurch ich immer langsamer wurde. Das Phänomen hat sich im Verkehr noch weiter verstärkt. Wenn ich alleine fuhr, war es in Ordnung. Ich denke, dass die Ursache nicht in den Reifen, sondern in unserer Abstimmung zu suchen ist.“
Tom Kristensen (Audi R18 e-tron quattro #2): „Das war ein großartiges Rennen für Audi mit vier neuen Autos. Für unser Fahrerteam lief es leider nicht ganz optimal. Aber vor allem im Regen war unsere Leistung sehenswert. Auch im Trockenen lief es gut, aber einige Kleinigkeiten haben uns zurückgeworfen. Wir mussten die vordere Haube wechseln, weil der linke Scheinwerfer nicht funktionierte. Später fingen wir uns eine Stop-and-Go-Strafe ein. Unsere Reifenstrategie war relativ konservativ. Aber wir haben auf dem Weg ins Ziel viele wertvolle Daten und Erkenntnisse gewonnen. Glückwunsch an die drei Autos vor uns auf dem Podium. Als nächstes folgt im Juni der Vortest für die 24 Stunden von Le Mans. Auf das große Rennen zwei Wochen später freuen wir uns schon seit langem.“
Allan McNish (Audi R18 e-tron quattro #2): „Einen ganz herzlichen Glückwunsch an unsere siegreichen Teamkollegen. Sie waren sehr gut heute. Spa ist immer unberechenbar, und auch heute war das Wetter wieder entsprechend kritisch. Klar war auch, dass wir mit dem R18 e-tron quattro eine Lernkurve erleben, bei der wir derzeit noch am Anfang stehen. Wir müssen die Balance und damit auch die Konstanz der Reifen noch verbessern. Auch zwei, drei kleinere Änderungen im Rennen haben uns noch nicht weitergeholfen. Aber so ist es manchmal. Der heutige Tag verlief ganz anders als der gestrige, als uns die Trainingsbestzeit gelungen war.“
Ergebnis Rennen
1. Dumas/Duval/Gené (Audi R18 ultra), 160 Runden in 6:00.22,708 Std.
2. Fässler/Lotterer/Tréluyer (Audi R18 e-tron quattro) + 46,801 Sek.
3. Bonanomi/Jarvis (Audi R18 ultra) – 1 Rd.
4. Capello/Kristensen/McNish (Audi R18 e-tron quattro) – 1 Rd.
5. Prost/Jani/Heidfeld (Lola-Toyota) – 4 Rd.
6. Belicchi/Primat (Lola-Toyota) – 5 Rd.
7. Leventis/Watts/Kane (HPD-Honda) – 6 Rd.
8. Dolan/Hancock (Zytek-Nissan) – 9 Rd.
9. Martin/Kerr/Graves (Oreca-Nissan) – 9 Rd.
10. Firth/Hughes/Hartley (Oreca-Nissan) – 9 Rd.